Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
dem Byzantiner im Moment nicht gewachsen war. Mit schmerzhafter Wut im Bauch trat er auf den Ifrit zu und sank neben ihm auf die Knie. Sabatea hockte sich zu ihnen.
»Wo steckt Khalis?«, fragte er sie leise.
»Ich dachte, er wäre hier«, antwortete sie mit einem Schulterzucken.
Tariks Blick wanderte am rabenschwarzen Leib des Ifrit hinab. Nirgends entdeckte er Verletzungen. Seine Hüften endeten in einem fleischigen Stumpf, der Ähnlichkeit mit einer schlecht verheilten Amputationsnarbe hatte. Wie alle Dschinne besaß er keine Beine. Er lag auf dem Rücken, Kopf und Schultern gegen eine Wand der Kammer gelehnt.
Sie befanden sich in einem fensterlosen Nebenraum von Khalis’ Gemächern, in dem er allerlei Fässer, verschlossene Tonkrüge und andere Gefäße aufbewahrte. Eine einzelne Fackel steckte in einer eisernen Halterung an der Wand. Das meiste Licht aber ging von der glühenden Fessel des Ifrit aus.
»Ich«, schnaufte der Wunschdschinn zwischen seinen Hauern, »habe… gerufen.«
Tarik warf Sabatea einen hilflosen Blick zu. »Ich bin hier, weil du nach mir verlangt hast«, sagte er zum Ifrit. Aus dem Augenwinkel sah er, dass sich der Fleischzapfen des Wesens langsam hin und her bewegte. Wie das scheue Schwanzwedeln eines Hundes.
Die Augen des Ifrit drohten zuzufallen.
Sabatea wirbelte zu Almarik herum. »Herrgott, nun nimm ihm schon die verdammte Fessel ab!«
Der Byzantiner schüttelte den Kopf, hob aber dann die Kupferlampe vom Boden auf, rieb sie sachte mit der Handfläche und flüsterte etwas gegen das Metall. Die glühende Verbindung zwischen dem Lampenschnabel und dem Halsring des Ifrit erzitterte, dann weitete sich die Lichtschlinge ein wenig. Nicht mehr als einen Fingerbreit. Der Ifrit stieß ein erleichtertes Stöhnen aus.
»Du«, keuchte er in Tariks Richtung, »den Fürsten… getötet. Du hast Amaryllis bezwungen.«
Es hatte sich keineswegs wie ein Sieg angefühlt. Mehr und mehr gewann Tarik den Eindruck, dass die vermeintliche Niederlage des Dschinnfürsten in Wahrheit etwas ganz anderes gewesen war.
Widerstrebend beugte er sich näher an das Gesicht des Wesens. »Heißt das, du vertraust mir?«
Die Mundwinkel des Ifrit zuckten. Es war ein flackerndes, schmerzerfülltes Grinsen, aber zugleich machte es ihn menschlicher. »Vertrauen…ja…« Er hauchte die Vokale nach hinten hin aus, als entferne sich seine Stimme nach jedem Satz in einen bodenlosen Abgrund. »Du hast gut… getan.«
»Frag ihn nach dem Dritten Wunsch«, verlangte der Byzantiner in Tariks Rücken.
Sabatea drehte sich zu Almarik um. »Wo ist Khalis?«
»Ich stehe in seinen Diensten, nicht er in meinen«, erwiderte der Ifritjäger, aber so, wie er es betonte, klang selbst das wie ein Affront. »Er hat mich nicht in seine Pläne eingeweiht.«
Die Klaue des Ifrit legte sich auf Tariks Hand. Die Finger fühlten sich rau und trocken an, wie Schlangenhaut. »Der Dritte Wunsch…«, zischelte er. »Gefahr.«
»Kann man ihn aufhalten?«, fragte Tarik.
»Keiner weiß«, fauchte der Wunschdschinn. »Keiner, keiner weiß…«
»Wie sieht er aus?« Tarik, der nicht die geringste Vorstellung hatte, wonach genau sie eigentlich suchten, stellte die Fragen ohne lange nachzudenken. »Was ist der Dritte Wunsch?«
»Wunschmacht«, entgegnete der Ifrit. Seine Lider flatterten wieder über den geschlitzten Pupillen. »Wunschmacht aller… gestohlenen Wünsche… gebündelt, zusammen gemacht… Fürsten wollen nutzen, um Menschen… wegzuwünschen.«
Was in der mühsamen Aussprache des Ifrit wie die Rede eines Kindes klang, barg tatsächlich eine furchtbare Wahrheit. Wenn es den Dschinnfürsten wirklich gelungen war, die Magie hunderter oder tausender Ifritwünsche zu stehlen und zu vereinen, dann mochte ihnen das in der Tat die Macht geben, ihren größten Wunsch wahr werden zu lassen.
»Gibt es einen Ort«, fragte er nach kurzem Zögern, »an dem die Wunschmacht gesammelt wird? Können wir dorthin gehen und versuchen, die Fürsten aufzuhalten?«
Der Ifrit öffnete den Schlund und stieß ein Fauchen aus. Tarik zuckte zurück und packte auch Sabatea am Arm, um sie in Sicherheit zu bringen. Aber das Fauchen wurde zu einem gackernden Lachen, als der Wunschdschinn vor seinem Gesicht die Hand spreizte und Daumen und Zeigefinger vollständig auf die Handfläche umklappte – ein Mensch hätte einige Übung benötigt, um diese Bewegung nachzuahmen.
»Drei… drei… drei«, kicherte der Ifrit und blickte mit leichtem Schielen auf die
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