Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
Botschaft.« Einige Atemzüge lang schärfte sich sein Blick wieder, und er betrachtete sie mit lodernder Intensität. »Für alles ist gesorgt, Sabatea. Kahraman wird für seinen Verrat bezahlen, deine Mutter wird leben, und du… Nun, alles was ich für dich tun kann, ist, dich hinaus in die Stadt zu entlassen. Finde deinen Teppichreiter, diesen Schmuggler… und dann flieht aus Bagdad, flieht aus diesem Land. Versucht, euch nach Norden durchzuschlagen, vielleicht ist es dort noch nicht ganz so schlimm wie hier bei uns.«
Sie hatte Mühe, sich auf einen einzelnen Gedanken zu konzentrieren, statt im Durcheinander all ihrer Einwände und Hoffnungen unterzugehen. »Ich kann Euch nicht töten«, sagte sie schließlich. »Jetzt… nicht mehr.«
Harun lachte leise, aber es klang wie röchelndes Atmen. »Es spielt keine Rolle mehr, ob du zustimmst oder nicht, Sabatea. Erinnerst du dich an den Wein, den du bei unserer ersten Begegnung mit deinem Blut vergiftet hast?«
Sie bekam wieder eine Gänsehaut, diesmal nicht von der Kälte.
»Ich habe ihn aufbewahrt«, sagte er sehr ruhig. »Und ich werde ihn in einem Zug austrinken, sobald ich in meine Gemächer zurückgekehrt bin.«
Es gab keine Möglichkeit, ihn davon abzuhalten, das erkannte sie nun. Er hatte das alles genau geplant, mit weit größerer Entschlussfreudigkeit, als er sich selbst zugestehen wollte.
»Ich bin nicht hergekommen, um dich um meinen Tod zu bitten«, fuhr er fort. »Ich bin der Kalif, damit zumindest hast du recht. Ich bin hier, um dir zu erklären, warum man dich bald jagen wird. Jemand wird dir die Schuld an meinem Tod geben. Und dann solltest du weit genug von hier fort sein.«
Eine Handvoll Möglichkeiten schossen ihr durch den Kopf. Sie hätte schreien können, um die Wachen zu alarmieren. Irgendwer würde Khalis herbeirufen, und der würde Haruns Plan vereiteln. Der Kalif könnte dann weiterleben – doch sie müsste trotzdem sterben, weil der Berater nicht zulassen würde, dass sie weiterhin eine Gefahr für Harun, für Khalis selbst und die Ordnung in diesem Palast darstellte. Damit hätte sie erst recht ihr eigenes Todesurteil unterschrieben.
»Ich weiß, was du denkst«, sagte Harun und berührte durch das Nachtgewand ihr Knie. »Und du bist zu klug, um nicht zu erkennen, wie es enden würde. Du hast nur diese eine Chance, Sabatea. Nutze sie. Geh fort, solange du noch kannst.«
Schwindel erfasste sie, als sie sich auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Bett schob, barfuß, nur in ihrem weißen Nachtgewand. Sie fand, dass er nun sehr verletzlich aussah, gar nicht mehr wie der mächtigste Herrscher Arabiens. Nur wie ein kranker, niedergeschlagener Mann, der sich selbst im Sitzen kaum noch aufrecht halten konnte.
»Mein Diener hat Kleidung für dich dabei.« Er drehte sich nicht vollends um, als sie mit unsicheren Schritten zur Tür zurückwich, mit dem nagenden Gefühl, dass dies alles nicht richtig war, falsch auf eine Weise, die ihr Verständnis überstieg. Das hier war größer und bedeutungsvoller, als sie ahnen mochte.
Sie ertastete den Türknauf mit den Fingerspitzen, ein goldener Gazellenkopf, kühl und geschmeidig.
»Du musst schnell sein«, sagte der Kalif. »Hab keine Angst.« Nun stand er doch noch auf und wandte sich ihr zu, so als schenkte ihm das Wissen, dass es endlich zu Ende ging, neue Kraft. »Wenn du den geheimen Weg beschreitest, werde ich bereits bei Allah sein und ihm berichten, welchen Dienst du mir erwiesen hast.«
Sie überlegte, ob es noch irgendetwas zu sagen gab, einen Abschiedsgruß, der mehr war als eine Floskel. Aber alles, was ihr einfiel, klang dumm und pathetisch.
Sie nickte ihm zu, sagte nichts.
Harun flüsterte etwas. Vielleicht Lebe wohl.
Sie glitt hinaus auf den Korridor und rannte um ihr Leben.
Unterwelt
Der Diener erwartete sie wie versprochen in einer Nische hinter der nächsten Gangbiegung. Er war ein kleiner, unscheinbarer Mann, der so vollständig mit der Umgebung verschmolz, dass sie sich fragte, ob der Kalif ihn nur aus diesem Grund als Fluchthelfer ausgewählt hatte. Er bewegte sich gebeugt und hatte dieselbe kränkliche Gesichtsfarbe wie sein Herr, als trüge auch er das Gift des Kali-Assassinen im Körper.
Die Kleidung, die er ihr als zusammengelegtes Bündel mitgebracht hatte, bestand aus einer weiten dunklen Hose, flachen, spitz zulaufenden Stiefeln aus dunkelbraunem Leder, einem schwarzen Hemd und einer langärmeligen Jacke, ebenfalls schwarz, die so knapp
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