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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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so profane Dinge hatte man ihr schon als Kind ausgetrieben, als sie Tag und Nacht unter Beobachtung der Alchimisten gestanden hatte. Nein, was sie am meisten traf, war, dass Khalis sie hatte weinen sehen. Um Tarik, aus Wut über ihre Hilflosigkeit, auch um Junis, der irgendwo im Dschinnland verschollen war.
    Sie sammelte sich und überspielte ihre Gefühle, so gut es ging. »Hier kann er uns nicht sehen?«
    »Nein«, raunte der Kalif. »Nicht in diesem Gemach. Aber er wird bald wissen, dass ich bei dir war. Khalis hat seine Zuträger überall, in meiner Leibgarde, der Dienerschaft. Es wird nicht lange dauern, ehe er hier auftaucht.«
    »Warum erzählt Ihr mir das alles?«
    »Weil ich will, dass du von hier fliehst.«
    Ihre Miene war hart, fast verkrampft, doch nun spürte sie, dass ihre Unterlippe bebte. »Ich soll… fliehen?« Er musste selbst wissen, wie absurd es war, dass diese Aufforderung ausgerechnet von ihm kam, vom Kalifen persönlich, dem Herrscher über diesen Palast, diese Stadt, diesen Teil der Welt – das, was davon übrig war.
    »Ich werde heute sterben«, sagte er.
    »Aber Ihr meintet doch -«
    Er schnitt ihr mit einer Geste das Wort ab. »Khalis wird erkennen, dass es dein Gift war, das mich getötet hat… und das mir endlich Frieden geschenkt hat.«
    Sie rückte weiter von ihm ab, drückte sich so eng an den Bettgiebel, dass sie sich um ein Haar mit dem Rücken daran hochgeschoben hätte. »Nein«, flüsterte sie.
    Haruns Mundwinkel zuckten. »Ich habe gründlich darüber nachgedacht. Zum ersten Mal habe ich die Möglichkeit, alldem ein Ende zu machen, Sabatea. Und ich werde sie nicht verstreichen lassen. Die Schmerzen allein würden mich umbringen, wenn Khalis es nur zuließe. Faruk wird herrschen, solange sich die Reste meiner Verwandtschaft um die Nachfolge streiten – aber es wird keine Entscheidung mehr fallen, ehe die Dschinne angreifen. Faruk ist ein guter Heerführer, ein entschlossener Krieger. Wenn jemand Bagdad retten kann, dann er. Ich kann es nicht mehr.«
    Sie wollte ihm widersprechen. Aber es gab keine Argumente gegen das, was er da sagte. »Ihr könntet auf den Thron verzichten«, sagte sie schwach. »Auch dann würde Euer Großwesir -«
    »Nein«, widersprach er. »Ich wäre verpflichtet, einen Nachfolger zu bestimmen – irgendeinen dieser verweichlichten Speichellecker, Vettern dritten Grades oder Ehemänner irgendwelcher Großnichten. Mein Tod hingegen gibt dem Wesir das Recht, die Regierung zu übernehmen und für Ordnung zu sorgen, bis alle Erbangelegenheiten gründlich untersucht und abgewogen wurden. Ehe es so weit ist, werden die Dschinne längst hier sein.«
    »Ihr wollt sterben, damit ein anderer für Euch die Stadt verteidigt?«
    Er schüttelte den Kopf, entschiedener, als sie es ihm zugetraut hätte. »Nur, damit die Schmerzen enden. Und die Schwäche. Die Demütigungen.«
    Sie war drauf und dran, aus dem Bett zu springen und vor ihm zurückzuweichen. »Ich soll Euch vergiften und dann von hier fliehen?«, stieß sie aus. »Dafür wird man mich hinrichten – ganz egal, wer nach Euch auf dem Thron sitzt.«
    »Sie würden dich langsam zu Tode foltern«, stimmte Harun zu. »Darum habe ich alles für deine Flucht vorbereitet. Wenn du dieses Zimmer verlässt und den Weg nach rechts einschlägst, wird dich hinter der nächsten Biegung mein ältester und treuester Diener erwarten. Ihm kannst du trauen. Folge ihm, wo immer er dich auch hinführen mag. Er wird dir einen geheimen Weg aus dem Palast zeigen.«
    Natürlich wollte sie fort von hier, hinaus aus dieser Festung, sicher sein vor dem allgegenwärtigen Blick des Magiers Khalis. Und doch wehrte sich alles in ihr gegen den Preis, den sie dafür zahlen sollte. Letztlich erwartete Harun al-Raschid von ihr, dass sie tat, weshalb sie nach Bagdad gekommen war – sie sollte ihn töten. Sollte – und das war womöglich das Schlimmste – dem Befehl ihres Vaters gehorchen. Der Triumph, der Kahraman entgangen war, wäre damit letzten Endes doch wieder sein.
    Der Kalif las in ihrer Miene. »Mach dir keine Gedanken über deinen Vater. Ein Dutzend Falken sind längst mit meinem Befehl unterwegs nach Samarkand. Einer von ihnen wird es durchs Dschinnland schaffen und meinen Spionen in Kahramans Palast die Order zum Zuschlagen überbringen.«
    »Zum Zuschlagen?«
    »Sie werden ihn töten. Wundert dich das?«
    Sie schüttelte zögernd den Kopf. »Was ist mit meiner Mutter?«
    »Man wird sie befreien. Auch das ist Teil meiner

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