Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
sein, dass er so entspannt und mit allem zufrieden ist, was Dan ihm geben kann? Es scheint unwahrscheinlich, aber er meint es wohl wirklich ernst. Er erinnert sich daran zurück, ihn zu küssen. Und daran, Justin zu küssen. Er und Justin waren lange zusammen gewesen und ihre Küsse waren vielleicht ein bisschen zur Routine geworden. Es waren großartige Küsse, von der flüchtigen Begrüßung bis hin zum leidenschaftlichen Erforschen, aber sie waren sich dabei ihrer Sache sicher, ohne das kleinste Zögern. Diese Sicherheit war ein gutes Gefühl, aber vielleicht hat es auch etwas für sich, ein bisschen nervös und verunsichert zu sein. Vielleicht kann Adrenalin der Sache gelegentlich etwas Würze verleihen.
Dan merkt nicht, wie er schläfrig wird, doch das Nächste, was er wahrnimmt, ist die Morgensonne, die durch sein Fenster scheint. Er bleibt noch ein paar Minuten liegen und denkt über den Vortag nach, dann rollt er sich auf die Seite und greift nach seinem Telefon. Chris ist jetzt sicherlich schon bei der Arbeit, doch es scheint ihn nie zu stören, wenn Dan ihn dort unterbricht. Manchmal ist Dan nicht sicher, ob Chris tatsächlich Anwalt ist. Er scheint nicht viel zu machen, was für Dan erkennbar mit dem Gesetz zu tun hat.
Chris hebt beim zweiten Klingeln ab. „Danielle. Ich wollte dich später noch anrufen. Wie ist es Samstagabend gelaufen?“
„Samstagabend?“ Dan muss tatsächlich erst sein Gedächtnis durchforsten, um sich an Samstagabend zu erinnern. Er scheint schon etwa sieben Krisen weit zurückzuliegen. „Ach ja, mit Ryan. Es war schön.“
„Ja? Wie schön genau?“
„Schön genug, dass ich gestern auch fast den ganzen Tag mit ihm zusammen war.“ Dan stellt das erst mal so in den Raum. Er braucht jetzt einen Moment, um zu entscheiden, wie er die dringendere Angelegenheit ansprechen soll.
„Wirklich? Hmm. Und ihr hattet Spaß?“
„Ja, ich schätze schon. Ich meine … er sagt, nichts Festes ist okay und wir können es langsam angehen lassen und so. Keine Ahnung … für mich klingt das gut …“
„Hast du ihm von Justin erzählt?“ Es hört sich an, als würde Chris versuchen, möglichst unbeteiligt zu klingen, aber Dan hat keine Ahnung, welche Gefühle sein Freund vor ihm verbergen wollen könnte.
„Ja. Letztendlich. Es war … ich habe ein bisschen überreagiert … ich fand, er hatte eine Erklärung verdient.“ Dan hält inne. „Aber das ist es eigentlich nicht, worüber ich mit dir reden wollte.“ Er wartet noch einmal, doch Chris gibt nur ein fragendes Brummen von sich. „Tja …“ Dan muss beinahe lachen. „Erinnerst du dich noch, wie wir an dem Abend im JP’s waren und Jeff und Evan rübergekommen sind und du gesagt hast, sie hätten ein Auge auf mich geworfen?“
Nach einer kurzen Pause sagt Chris: „Ja …“
„Naja, also … vielleicht hattest du damit ein bisschen recht.“
„Danielle, natürlich hatte ich recht.“ Es klingt, als hätte Chris außer diesem Zugeständnis nicht viel von Dans Worten wahrgenommen. Dann fängt er sich wieder. „Aber was ist passiert? Vor eineinhalb Tagen bist du noch auf mich losgegangen, weil ich nach Jeff gefragt habe, und jetzt … was hat er gemacht?“
„ Gemacht hat er eigentlich gar nichts. Er hat noch nicht mal viel gesagt. Es war eher Evan. Und er … ich weiß nicht, er hat wohl vorgeschlagen … verdammt, ich weiß es wirklich nicht. Er hat nur gesagt, sie wären interessiert und jetzt läge es an mir.“
Einen Moment lang herrscht Stille, dann: „Willst du mich verarschen?“
„Äh, nein. Eigentlich nicht.“ Dan zweifelt kurz und fragt sich, ob er vielleicht etwas falsch verstanden haben könnte. Auch wenn er sich noch nicht über die Details im Klaren ist, dachte er doch, dass er die Situation als solche am Vorabend begriffen hätte. Könnte er da so sehr falsch liegen? Dann erinnert er sich daran, wie Evan an Jeffs Hals gesaugt hatte, wie Jeffs Augen sich dabei in seine gebrannt hatten, und ist sicher, dass kein Missverständnis vorliegt.
„Meine Güte, Dan. Ich meine … ich lasse mal kurz den Anwalt raushängen, okay? Er ist dein Boss und das ist ein ziemlich absonderliches Angebot. Wenn er dich also irgendwie unter Druck setzt, oder was soll‘s, selbst wenn er es nicht tut, aber du ein bisschen Geld gebrauchen könntest – lass es mich wissen und wir verklagen ihn bis aufs letzte Hemd.“
„Nein, Mann, so ist das nicht.“ Dan ist nicht sicher, wie es genau ist, aber das klingt auf keinen Fall
Weitere Kostenlose Bücher