Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
aber solange er nicht die Nerven verliert, genießt er die Aufmerksamkeit irgendwie. Er rubbelt sich mit dem Handtuch über die Haare, trocknet sich dann Arme und Brust damit ab und schaut hoch, als hätte er gerade erst die Blicke bemerkt, die auf ihm ruhen. Er schaut Jeff in die Augen, dann Evan, aber als er feststellt, dass Tatiana ihn ebenfalls ansieht, wird ihm die Situation zu unangenehm und er wirft sich das Handtuch über die Schulter und lässt sich schnell wieder neben Jeff nieder.
„Hat das Schwimmen Spaß gemacht?“, fragt Jeff unschuldig.
„Äh, ja, danke. Schwimmst du nicht?“
Jeff zuckt die Schultern. „Ich schwimme schon, ich führe nur keine Seekriege. Ich dachte, ihr würdet euch gegenseitig ertränken.“ Er legt in einer melodramatischen Geste eine Hand auf sein Herz. „Ich wusste nicht, wen von euch beiden ich retten sollte.“
Dan lächelt. „Rette Evan“, sagt er leise. „Ich komme allein zurecht.“
Jeff wirft ihm einen kurzen Blick zu und dann ruft Evan: „Wollt ihr zwei Mimosas?“
„Ich weiß es nicht“, antwortet Dan. „Wird Tat uns welche überlassen?“
Evan betrachtet erst die riesige Menge von Zutaten auf der Theke, dann seine schmächtige Schwester. „Ich bin nicht sicher“, lacht er. „Vielleicht solltest du dir besser erst deinen sichern.“
Dan grinst und steht auf, lässt das Handtuch zurück und klettert auf einen der Barhocker. „Ich sollte es nicht zugeben, da ich ja schon dafür bezahlt wurde, hinter einer Bar zu stehen, aber ich glaube, ich weiß nicht was ein Mimosa ist – ich dachte es wäre einfach nur Orangensaft mit Sekt.“
„Oh, sie sind himmlisch!“, schwärmt Tat.
Evans Antwort ist etwas informativer. Er deutet auf die Zutaten auf der Theke und erklärt: „Ein normaler Mimosa besteht eigentlich auch nur aus Orangensaft und Sekt, aber in der Casa Kaminski peppen wir die Dinge gerne ein bisschen auf.“ Er grinst. „Wir tun einfach noch Erdbeeren und Eis dazu und machen ein Mixgetränk daraus.“
Dan zuckt die Schultern. „Klingt gut. Ein paar Vitamine und so.“
Tat sieht ihn besorgt an. „Ein alkoholisches Getränk sollte keine Nähstoffquelle für dich sein! Robyn hat gesagt, du isst nur Frühstücksflocken und Fertiggerichte. Stimmt das? Gibst du auf dich acht? Ich habe gesehen, was du zum Abendessen isst und Tiefkühlpizza ist schon beim ersten Mal eklig, du solltest sie nicht am nächsten Tag noch kalt essen.“
Dan zerstrubbelt ihre Haare und es scheint sie nicht zu stören. „Danke, Tat, aber ich komme schon zurecht.“ Er wirft einen Blick auf Evan. „Normalerweise würde ich sagen, ich bin auf diese Weise groß und stark geworden, aber in diesem Umfeld wirke ich wohl tatsächlich ein bisschen unterentwickelt.“
Tat schüttelt den Kopf. „Von jetzt an werde ich dir mittags etwas bringen, okay? Tia kocht sowieso für mich, also wäre es kein Problem für sie, einfach doppelt so viel zu machen.“
„Tolle Idee: Du verwöhnst mich den ganzen Sommer und dann musst du im Herbst wieder in die Schule und ich weiß nicht, wie ich meine neue Sucht befriedigen soll. Also lassen wir das lieber, Tat. Außerdem esse ich viele Äpfel.“
„Stimmt nicht, du isst zwei Bissen von einem Apfel und verfütterst den Rest an dein Pferd.“ Offensichtlich hat Tatiana ein bisschen zu genau auf Dans Essgewohnheiten geachtet.
„Okay, aber dafür esse ich jeden Tag zwei Bissen von bestimmt zehn Äpfeln.“
„Warte mal“, unterbricht Evan. „Bezahlt der Stall nicht für die Äpfel? Die sind für die Pferde und nicht für dich, du Vielfraß.“
„Hey, das ist Qualitätskontrolle. Ich muss jeden probieren, um zu gewährleisten, dass er gut genug für die Pferde ist.“
Evan grinst und betätigt den Schalter des Mixers und für eine Weile wird jegliche Unterhaltung durch das Geratter eines Industriemixers beim Eiszerkleinern verhindert. Als Evan endlich mit dem Krachmachen aufhört, hat Jeff sich zu ihnen gesellt und holt eine Flasche Rotwein und einen Korkenzieher hervor.
„Kein Mimosa-Fan?“, erkundigt sich Dan.
Evan bewegt synchron mit Jeff die Lippen, als dieser sagt: „Es ist eine tragische Verschwendung einwandfreien Sekts.“ Jeff weiß genau, was Evan tut und verpasst ihm einen scherzhaften Stoß in die Rippen, als er nach einem Weinglas greift. Und Dan hat wiederum das Gefühl, dazuzugehören, Teil einer Familie zu sein. Es ist ein gutes Gefühl, aber macht ihm gleichzeitig auch ein wenig Angst. Es wäre so leicht, sich
Weitere Kostenlose Bücher