Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
herausbringen, es wenigstens dieses eine Mal sagen. „Es bedeutet nicht, dass ich dich nicht liebe, Justin. Das weißt du. Du weißt, dass ich dich immer lieben werde. Aber ich glaube … ich glaube nicht, dass du noch hier bist und ich glaube nicht mehr, dass du zurückkommst.“ Er nimmt sich ein Taschentuch aus der Schachtel neben dem Bett und putzt sich die Nase, dann atmet er ein paar Mal tief durch, um sich wieder in den Griff zu bekommen. „Du weißt, wenn eine Chance bestünde, die kleinste Chance … dann würde ich ewig warten. Das weißt du doch, oder? Du … du wusstest es.“ Die Zeitform des Verbs hört sich falsch an, aber vielleicht muss Dan sich nur daran gewöhnen.
„Deine Eltern lieben dich auch. Ich war wütend auf sie … oder verletzt oder so … weil sie es nicht für nötig gehalten haben, mit mir zu reden, bevor sie … bevor sie entschieden haben, dich gehen zu lassen. Sie reden immer davon, wie wichtig die Familie ist, aber … vielleicht war es lächerlich zu denken, dass ich ihnen wichtig wäre, nur weil ich dir wichtig bin. War.“ Ja, war . Dan versucht, das zu begreifen.
„Auf jeden Fall … lieben sie dich und sie tun, was sie für richtig halten. Und … ich weiß nicht. Vielleicht halte ich es auch für richtig.“ Er beugt sich vor und küsst Justins Stirn. „Das bedeutet nicht, dass ich aufhören werde, dich zu besuchen und auch nicht, dass ich aufhören werde, auf ein Wunder zu hoffen. Aber … ich muss anfangen, darüber nachzudenken, wie ich mich verabschieden kann.“
Er steht auf und wünscht sich, der Raum hätte ein eigenes Badezimmer, damit er sich das Gesicht waschen könnte, ohne erst in den Flur zu gehen und anderen Leuten zu begegnen. Dann muss er über sich selbst lachen. Wenn seine Wünsche wirklich wahr würden, hätte er Wichtigeres zu beschützen als seinen Stolz.
„Okay, Justin, ich muss jetzt los. Ich komme in … Ich werde versuchen, nicht mehr so oft zu kommen. Ich komme in ein paar Tagen wieder, okay? Die Schwestern haben meine Nummer. Sie rufen mich an, wenn irgendetwas passiert.“ Dan denkt an die Anrufe, die ihn in der Vergangenheit erreicht haben, um ihn über Justins Krisenzustände zu informieren. Doch jetzt, nach der VaW-Anordnung, wird er diese Anrufe wohl nicht mehr bekommen. Wenn das Hospiz das nächste Mal anruft, wird es sein, um ihm zu sagen, dass Justin von ihm gegangen ist.
Auf dem Weg zu seinem Pick-up macht er einen Abstecher zu den Toiletten. Er spritzt sich kaltes Wasser in sein überhitztes Gesicht und sammelt sich einen Moment lang. Dann macht er sich auf den Weg zu seinem Wagen und ist gerade dabei die Tür zu öffnen, als sein Handy klingelt. Das Display zeigt die Nummer des Hotels an und Dan nimmt ab.
„Hallo?“
„Dan? Hier ist Jeff.“
„Hi, Jeff, wie geht’s?“ Dan hat ihn erst vor ein paar Stunden gesehen, also nimmt er an, dass es ihm nach wie vor gut geht – aber irgendwie muss er das Gespräch ja beginnen.
„Ich freue mich wie ein Schneekönig, Dan.“ Dan kann sich nicht erinnern, diesen Ausdruck schon mal von einem erwachsenen Mann gehört zu haben, aber Jeff scheint sich nichts dabei zu denken.
„Ach ja? Gibt es dafür einen bestimmten Grund?“
„Den gibt es allerdings. Ein guter Freund von mir hat sich gerade auf den Weg gemacht, um den Kauf einer Reihe hervorragender Pferde unter Dach und Fach zu bringen, und ich freue mich darauf, mit ihnen zu arbeiten.“
Dan bemerkt erst jetzt, da sein Körper auf die guten Neuigkeiten reagiert, wie besorgt er wegen des Verkaufs war. Er öffnet die Tür seines Pick-ups und setzt sich seitwärts hinein, sodass seine Füße noch draußen stehen. „Ist das dein Ernst?“
„Wenn es um Pferde geht, verstehe ich keinen Spaß, Dan.“ Jeffs Stimme ist warm, als ob er Dans Reaktion spüren und deren Grund verstehen könnte. Dan ist vielleicht gerade nicht besonders gut auf Karl und Molly zu sprechen, doch das ändert nichts daran, dass er sie mag und sie so glücklich wie möglich sehen möchte. Und vor allem möchte er nicht, dass ihr Glück durch eine seiner Entscheidungen getrübt wird.
„Das ist toll, Jeff, ehrlich. Danke, dass du mir Beschied gesagt hast – es sind großartige Neuigkeiten.“ Dan weiß nicht, wie es zu seinem nächsten Einfall kommt, aber er beschließt, sich nicht dagegen zu wehren: „Hör mal, Jeff, ich bin ungefähr eine Stunde von der Innenstadt entfernt, aber … hättest du vielleicht nachher Zeit, mit mir was trinken zu gehen oder
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