Sturms Flug
abgehackt.
Irrtum!
In seinen Augen funkelte schiere Mordlust, als er den Lauf der MPi wie eine Lanze einsetzte und ihr die Mündung in den Unterleib rammte. Dabei brüllte er wie am Spieß.
Es war ein jähzorniger, ungestümer Angriff, der zwar wehtat, zumindest im ersten Moment, in Wirklichkeit jedoch keinen Schaden anrichtete. Trotzdem gab sie einen gequälten Laut von sich, klappte zusammen wie ein Taschenmesser, absichtlich, presste stöhnend die Hände gegen den Leib, taumelte rückwärts in Richtung Mittelgang und sank auf Höhe der ersten Sitzreihe zu Boden. Dort blieb sie liegen, vernehmlich röchelnd.
Entsetzt registrierte sie, dass der Boden und die Sitze und sogar die Wände mit Blut gesprenkelt waren. Zudem bemerkte sie, dass die ersten drei Sitzreihen leer waren, bis auf eine verheulte Stewardess und einen Mann mit Kopfverband, der ein Pilotenhemd trug.
Asad stand breitbeinig über ihr. Es war das gleiche Bild wie auf der Terrasse in Somalia.
Auf einmal meldete sich der Schwarze mit der brennenden Magnesiumfackel zu Wort. Er sprach Somali, was Mara natürlich nicht verstand, doch seine Gestik sowie Asads Reaktion weckten in ihr die Hoffnung, dass er keineswegs damit einverstanden war, Omar kampflos aufzugeben.
Asad ließ von ihr ab, um stattdessen seinen widerspenstigen Kumpan anzuschnauzen. Offenbar versuchte er ihm klarzumachen, dass Omars Rettung gleichzeitig die eigene Gefangennahme bedeutete.
Der Fackelträger konnte oder wollte das nicht begreifen, denn er hörte nicht auf zu lamentieren. Asad fuhr ihm abermals über den Mund, doch das Gezeter ging weiter, diesmal lauter als zuvor. Schließlich sahen die beiden nicht mehr aus wie Waffenbrüder, sondern wie zwei Bullen, die kurz davor standen, mit gesenkten Hörnern aufeinander loszugehen.
Angelockt von dem Palaver, eilte ein dritter Schwarzafrikaner herbei, der sich bis dahin im hinteren Teil der Maschine aufgehalten hatte. Trotz der Kälte steckten seine nackten Füße in ausgelatschten Sandalen, was ein sicheres Zeichen dafür war, dass er zu keiner Zeit beabsichtigt hatte, das Flugzeug zu verlassen.
Der Fackelmann klärte den Sandalenträger mit wenigen Sätzen über die Lage auf, wobei er mit der freien Hand auf Asad zeigte. Die Geste war eine offensichtliche Anklage.
»Stehen Ihre Leute nicht mehr hinter Ihnen, Hoheit?«, fragte Mara zynisch. Sie lag noch immer im Mittelgang auf dem Boden. »Haben Sie ihnen versprochen, die Sache würde reibungslos über die Bühne gehen, ja? Und nun erkennen Ihre Lakaien, dass Sie den Mund zu voll genommen haben?« Sie rappelte sich langsam hoch, während sie ihre Worte mit Bedacht wählte und so deutlich wie möglich sprach, in der Hoffnung, dass Asads Kumpane sie ebenfalls verstanden. »Was ist mit Ihrer Ehre, Hoheit? Ich dachte, für Ihren Bruder würden Sie bis in die Hölle gehen? Das haben Sie mir jedenfalls in Somalia erzählt.« Sie hob die Linke und klappte die drei Finger ein, die Asad fehlten. »Nun, viel wert scheint die Dankbarkeit des Löwen von Puntland nicht zu sein. Schlecht für Omar, denn wenn ihr euch nicht ergebt, werden meine Leute ihn von einem Hochhaus stürzen. Und wie gesagt, seine Überreste landen hinterher im Schweinekoben.« Sie imitierte das Geräusch einer quiekenden Sau.
Inzwischen hatte auch der vierte Geiselnehmer seinen Posten im Heck der Maschine verlassen, um nachzusehen, was der Grund für die Debatte im Durchgang zur Bordküche war. Er kam und rief den anderen etwas zu, erhielt eine Antwort und blieb zögernd in der Mitte der Passagierkabine stehen.
Jetzt sind sie gleich alle vier auf engstem Raum versammelt , dachte Mara. Das ist der ideale Augenblick für die Erstürmung. Wenn ich doch nur eine Möglichkeit hätte, Grillo zu informieren . Sie schielte nach dem Handy, doch das lag unerreichbar unter einem Fenstersitz.
Der Fackelträger boxte Asad mit der Faust gegen den Oberarm. Das war sicherlich nicht als Angriff gedacht, sondern als Geste, die ausdrücken sollte: Komm endlich zur Vernunft!
Doch Vernunft war nicht Asads Stärke. Offenbar war er der Meinung, bereits viel zu lange diskutiert zu haben. Wie schon zuvor bei Mara, stieß er mit dem Lauf der Maschinenpistole nach seinem Kontrahenten.
Der zog das Messer, ein an sich furchteinflößendes Ding mit grausam gezackter Klinge. Doch angesichts einer auf ihn gerichteten MP i konnte er damit nicht viel Eindruck schinden.
Der dritte Mann schrie eine Warnung, der vierte setzte sich wieder zögernd in
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