Sturmtief
ungekühlten Dönerspießen berichtet wird, die
auf der Pritsche eines Kleinlasters zwischen Altpapier und Gerümpel
transportiert wurden.«
Lüder kannte die sarkastische Ader des
Rechtsmediziners. »Können Sie mich benachrichtigen, wenn die Ergebnisse
vorliegen?«
»Ich habe schon einmal vorsichtig auf die Leiche
geblinzelt. Schussverletzung. Soweit ich sehen konnte, muss zumindest im
Brustbereich die Kugel noch stecken. Haben Sie Verwendung für Teile der
Innereien?«
Lüder zögerte einen Moment. Er konnte mit dieser Frage
nichts anfangen.
»Sonst stecke ich sie wieder zurück und nähe den
Leichnam dann zu.«
»Sie können sicher sein, dass ich bei Ihrem Sarkasmus Ihren Mörder nicht suchen werde.«
»Schade«, erwiderte Dr. Diether süffisant. »Dabei habe
ich Sie immer zum Kaffee eingeladen, wenn Sie mich beim Sezieren besucht haben.
In keiner Fleischerei, in der Sie sich ja auch umsehen, finden Sie Innereien so
frisch wie bei uns.«
»Ich bin Jurist und kein Arzt«, antwortete Lüder. »Ich
werde Ihren Mörder mit Sicherheit verteidigen. Der bekommt garantiert mildernde
Umstände.«
»Schade. Damit haben Sie es sich bei mir verscherzt.
Ich wollte Sie sonst kostenfrei so sezieren, dass Sie mühelos in einen
Schuhkarton gepasst hätten. Das würde Ihren Hinterbliebenen viel Kosten
ersparen.«
Sie lachten beide und legten auf.
Auch die Kriminaltechnik konnte noch keine Ergebnisse
vorweisen.
Anschließend rief Lüder beim Norddeutschen Rundfunk
an. Man war freundlich zu ihm, bat um Entschuldigung und verband ihn von einer
Station zur nächsten. Nachdem er zigmal sein Anliegen vorgetragen hatte, war er
schließlich mit dem stellvertretenden Chefredakteur der Nachrichtenredaktion
verbunden.
»Wolfgang Fischer«, meldete sich eine wohlklingende
Männerstimme, die Lüder auch aus dem Fernsehen zu kennen glaubte.
»Lüders, Landeskriminalamt Kiel. Ich bin mit den
Ermittlungen im Mordfall Robert Havenstein betraut.«
»Moment«, bat Fischer. Es knackte kurz in der Leitung.
»Ich habe das Gerät zum Mitschneiden unseres Gesprächs angeschaltet«, erklärte
der Fernsehmann und bombardierte Lüder mit Fragen. Gibt es schon erste Hinweise
auf den Täter und das Motiv? Verfolgt die Polizei schon konkrete Spuren?
Schließlich dürfte es nicht schwierig sein, da die Tat in aller Öffentlichkeit
geschah.
»Ich bin nicht von der Pressestelle«, stellte Lüder
fest, »sondern mit den Ermittlungen betraut.«
»Umso besser«, ließ sich Fischer nicht beirren. »Dann
ist alles viel authentischer.«
»Sie haben mich nicht verstanden. Ich möchte etwas von
Ihnen wissen.«
»Ich weiß nichts«, kam es spontan zurück.
»Woran hat Robert Havenstein gearbeitet?«
»Havenstein war ein freier Journalist. Seine
Spezialität waren Hintergrundberichte. Er war weniger – nein! –, eigentlich gar
nicht in der aktuellen Berichterstattung tätig.«
»Dann können Sie mir nichts zu seiner Arbeit sagen?«
»Nein! Aber wie war das nun? Sie haben meine Fragen
nicht beantwortet.«
Lüder verwies Fischer an die Pressestelle des LKA . »Dort haben wir einen überaus
kompetenten Kollegen, der alle Ihre Fragen beantworten wird.« Damit
verabschiedete sich Lüder.
Er besorgte sich einen neuen Becher Kaffee. Zum
wiederholten Male nahm er sich vor, weniger von dem schwarzen Gebräu zu
trinken. Doch es war stets beim Vorsatz geblieben. Dann begann er erneut eine
Odyssee durch den NDR . Es dauerte
ewig, bis er mit einem Mann mit näselnder Stimme verbunden war. Frederik Beck
war ihm vom Abspann eines Politmagazins bekannt. Dort wurde der Mann stets als
verantwortlicher Leiter genannt. Lüder verstand, weshalb er Beck noch nie auf
dem Bildschirm gesehen hatte. Mit dieser Stimme war der Redakteur absolut
untauglich, moderierend dem Fernsehzuschauer gegenüberzutreten.
»Robert hat viel für uns gearbeitet«, bestätigte Beck.
»Seine Beiträge waren stets Knüller. Er hat manche Sache ins Rollen gebracht.
Da schafft man sich Feinde. Das hat Robert aber nicht gestört. Drohungen hat er
nicht ernst genommen. Und ein paar Mal hat man ihn wegen seiner Berichte auch
vor Gericht gezerrt. Dort hat er immer obsiegt. Nein! Havenstein hat sauber
gearbeitet. Wenn er etwas präsentierte, hatte das Hand und Fuß.«
»Woran hat er aktuell gearbeitet?«, fragte Lüder.
»Schön, Sie kennen sich nicht aus in unserem Metier.
Nachrichtenmachen ist ein Haifischbecken. Nur wer zuerst die Sensation
ausgräbt, ist the winner . Nachplappern zählt
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