Sturmtief
erreichen, sondern würde LSD nur Genugtuung verschaffen, wenn er
seinen Ärger kundtat. Er würde es dem Zeitungsmann anders heimzahlen.
Stattdessen rief er Vollmers an.
»Es gibt eine Reihe von Neuigkeiten«, sprudelte es aus
dem Hauptkommissar heraus, kaum dass Lüder seinen Namen genannt hatte.
»Fingerabdrücke und DNA der Frau
in Oldenburg und Eckernförde sind identisch. Damit ist definitiv der Beweis
erbracht, dass Hannah Eisenberg in Eckernförde war. Umgekehrt hat die Spurensicherung
nicht einen einzigen Hinweis dafür gefunden, dass Havenstein sich jemals im
Oldenburger Appartement aufgehalten hat. Und dann wissen wir, wie der Ehe- mann
nach Norddeutschland gekommen ist.« Vollmers schwieg einen bedeutungsvollen
Moment. »Er ist am Montag um sieben Uhr dreißig mit der El Al ab Tel Aviv Ben
Gurion International nach Zürich geflogen. Von dort ist er mit der Swiss
International Air nach Hamburg gekommen. Dort war er nachmittags um Viertel
nach zwei. Sein Mietwagen war von Israel aus vorbestellt.«
»Hmh«, brummte Lüder, und als der Hauptkommissar
»Bitte?« fragte, erklärte er: »Es ist erstaunlich, wie zielgerichtet Dov
Eisenberg nach Oldenburg gekommen ist. Am Mittwoch hat er mich dort abgefangen.
Woher wusste er, dass er dort suchen musste? Das würde ich gern von ihm hören.«
»Kaum ist er in Deutschland, schon wird der Liebhaber
seiner Frau ermordet«, warf Vollmers ein.
»Dem steht entgegen, dass er mich für den Liebhaber
seiner Frau hält«, entgegnete Lüder. »Der Mann wird immer rätselhafter. Ich
werde ihn einem ›peinlichen Verhör‹ unterziehen.«
Vollmers lachte auf. »Das Mittelalter ist lange
vorbei.«
»Leider«, erwiderte Lüder und verabschiedete sich von
Vollmers.
Dann rief er sich das Phantombild des Mörders auf den
Bildschirm und betrachtete es lange und intensiv. Nein, entschied er, es wies
keine Ähnlichkeit zu Dov Eisenberg auf. Der Israeli war mit hoher
Wahrscheinlichkeit nicht der Mörder des Liebhabers seiner Frau.
Jetzt galt es, nicht nur den gehörnten Ehemann,
sondern auch Hannah Eisenberg zu finden. Warum versteckte sich die Frau?
Lüder schloss für einen kurzen Moment die Augen.
»Hallo, Herr Oberarzt«, hörte er die Stimme Friedjofs,
der unbemerkt ins Büro getreten war. »Warst du gestern auf Herrentour, dass du
dich hier ausschlafen musst?«
»Moin, Friedhof, du Leisetreter. Hast du nichts
Besseres zu tun, als Meisterdetektive beim Denken zu stören?«
Der Bürobote sah sich demonstrativ um. »Ich sehe hier
keinen Sherlock Holmes.« Friedjof ließ sich an Lüders Schreibtisch nieder.
»Überlegst du, wo du deine Waffe hast?«
Lüder sah ihn fragend an.
»Ich dachte, du willst diesen Dittert erschießen. Das
ist eine Frechheit, was der sich wieder einmal geleistet hat.«
Lüder winkte ab. »Der Mann ist nicht dumm. Aber mit
dieser Masche, der allgemeinen Volksverdummung, verdient er sein Geld.
Vermutlich mehr als wir beide zusammen.«
Friedjof lenkte das Gespräch auf sein Lieblingsthema,
den Fußball und besonders »seinen Verein«, Holstein Kiel. Lüder hörte ihm
aufmerksam zu und vermied es heute, sehr zu Friedjofs Bedauern, in eine
kontroverse Diskussion einzusteigen. Darum verabschiedete sich der Bürobote
nach kurzer Zeit.
Lüder wählte den Anschluss von Frau Dr. Braun. Die
Wissenschaftlerin war im letzten Jahr befördert worden. Man hatte ihr die
Gesamtleitung der Abteilung 4 des Landeskriminalamts, die Kriminaltechnik und
den Erkennungsdienst, anvertraut, nachdem sie früher für das Dezernat
»Naturwissenschaftliche Kriminaltechnik« verantwortlich zeichnete. Der neue
Verantwortungsbereich hinderte Frau Dr. Braun aber nicht daran, sich weiterhin
detailversessen um einzelne Fälle zu kümmern.
»Herr Dr. Lüders«, kam es klagend aus dem Telefon,
»muss es sein, dass Sie mich ansprechen? Ich habe schrecklich viel zu tun und
jongliere mit unserer viel zu dünnen Personaldecke. Und jetzt will man auch
noch Personal entlassen. Haben Sie gelesen, dass auch wir, die Polizei, davon
nicht verschont bleiben sollen?«
»Es hat sich bis zur Landesregierung herumgesprochen,
liebe Frau Dr. Braun, dass man in Ihrer Abteilung sehr viel einsparen kann, da
Sie ganz allein alles aus dem Ärmel schütteln.«
Lüder hörte ein verlegen klingendes Hüsteln aus dem
Telefon. »Sie Schmeichler. Wenn Sie so beginnen, wollen Sie wieder etwas
außerhalb des Dienstweges.«
»Das ist zutreffend. Ich möchte von Ihnen eine kluge
Auskunft. Ich weiß, Sie
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