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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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merken. Die Folgen würden sich später
einstellen. Das war das Teuflische daran. Noch einmal sog er die Luft tief in
seine Lungen. Es war ein anderer Geruch als in der Kinderarztpraxis. Obwohl es dort
sauber war, hatte es sich nicht vermeiden lassen, dass sich zu den
unverkennbaren Aromen einer Arztpraxis auch die der Kinder mischten – kleine
Kinder mit durchnässten Windeln, größere mit anderen Düften, das Ganze
durchmischt mit dem unverkennbaren Geruch von Süßigkeiten, mit denen die ebenso
aufgeregten Mütter ihren Nachwuchs zu beruhigen suchten.
    Als Lüder die Augen wieder öffnete und den Blick über
die Fußgängerzone schweifen ließ, stutzte er, als er Dov Eisenberg sah. Der
Israeli stand keine dreißig Meter entfernt vor einem Naturkost-Fachmarkt. Er
machte keine Anstalten, sich zu verbergen, als Lüder auf ihn zuging.
    »Haben Sie mich verfolgt?«, fragte Lüder, als er vor
Eisenberg stand. Eine Spur Verärgerung keimte in ihm auf, mehr über sich
selbst, weil er seinen Verfolger bisher nicht wahrgenommen hatte.
    Dov Eisenberg sah Lüder aus leicht zusammengekniffenen
Augen an. Es wirkte fast ein wenig bedrohlich.
    »Was bezwecken Sie damit?« Lüder steckte die Hand in
die Hosentasche, um Gelassenheit zu demonstrieren.
    »Ich möchte wissen, wo meine Frau ist«, sagte
Eisenberg.
    »Und Sie glauben, ich würde Sie hinführen? Ich habe
Ihnen schon einmal erklärt, dass Sie mich zu Unrecht verdächtigen. Ich habe
kein Verhältnis mit Ihrer Frau.«
    »Lügner«, zischte der Israeli und sah zum
Praxisschild. »Sie haben Hannah versteckt. Und beim Doktor wollten Sie wissen,
ob sie schwanger ist. Sie Schwein.«
    »Jetzt reicht es.« Lüders Stimme klang fest, fast ein
wenig zornig. »Suchen Sie Ihre Frau. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei. Im
Übrigen«, jetzt zeigte Lüder auf das Arztschild, »ist das ein Kinderarzt und
kein Gynäkologe. Der ist nicht für das Kindermachen zuständig.«
    Eisenberg trat einen halben Schritt näher an Lüder
heran, sodass sie sich am Bauchnabel berührten. »Sie haben Hannah entführt und
geschwängert. Dafür werden Sie teuer bezahlen.«
    »Wenn Sie nicht augenblicklich das Weite suchen«, fuhr
ihn Lüder lautstark an, dass zwei Passanten stehen blieben und auf die beiden
Kontrahenten aufmerksam wurden, »rufe ich die Polizei. Warum erzählen Sie Ihre
Story nicht dort?«
    »Dieses Land hat noch nie Moral besessen.« Eisenberg
war sichtlich aufgebracht. Wieder war das gefährliche Funkeln in seinen Augen
zu sehen. »Ehre und Anstand kennt man hier nicht. Die deutsche Polizei kümmert
sich nicht um Ehebruch.«
    Lüder neigte seinen Kopf, dass sich fast die
Nasenspitzen berührten. »Wenn Sie mich für einen ehrlosen Gesellen halten, dann
werde ich das gleich durch ein für Sie schmerzhaftes Verhalten unter Beweis
stellen.« Für Eisenberg überraschend wurde Lüder laut. »Nun verschwinde, sonst
gibt es Ärger.«
    Tatsächlich waren jetzt ein paar Neugierige mehr
stehen geblieben. Lüder wandte sich an die kleine Ansammlung und zeigte auf
Eisenberg.
    »Sie können weitergehen. Mein Freund hat ein paar
persönliche Probleme.« Dann sah er einen älteren Mann mit einer ausgesprochenen
Knollennase an, der keine Anstalten unternahm, seinen Platz in der ersten Reihe
zu verlassen. »Sie sehen aus wie ein Psychiater. Kümmern Sie sich um ihn.«
    Der Mann mit den erkennbar schwieligen Händen sah
verlegen in die Runde, bevor er sich leise murmelnd davonmachte. Auch Lüder
drehte sich um und ignorierte die auf Hebräisch ihm hinterhergeworfenen Flüche.
    Es war leichtfertig, überlegte Lüder, nicht an solche
Situationen gedacht zu haben. Hannah Eisenbergs Ehemann entpuppte sich als
Klette. Noch vermied Lüder es, den Mann über den Mord an Robert Havenstein
aufzuklären und die Verbindung zwischen dem Toten und Hannah Eisenberg zu
erwähnen. Es war merkwürdig genug, dass Havensteins Geliebte bisher nicht
aufgetaucht war. Wo und warum hielt sie sich versteckt? Hatte sie Angst vor
ihrem eifersüchtigen Ehemann, der sie bis nach Schleswig-Holstein verfolgte?
    Nirgendwo stand geschrieben, dass der Feierabend eines
Polizeibeamten erst um Mitternacht beginnen darf. So machte sich Lüder auf den
Heimweg nach Kiel. Der Verkehr rund um Hamburg kostete viel Zeit, und auch auf
der Strecke von Bad Oldesloe über Bad Segeberg wurde seine Geduld gefordert. Es
war schon dunkel, als er das ältere Einfamilienhaus im Kieler Stadtteil Hassee
erreichte. Vor der Tür parkte der betagte VW Bulli,

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