Sturmtief
Feuerwehr als Wehrführer vor.
»Wer hat Zugang zum – wie sagten Sie? –
Hilfskesselhaus?«, fragte Lüder von Sohl.
»Niemand«, erwiderte der Betriebsleiter spontan.
Lüder schüttelte den Kopf. »Das ist keine Antwort.
Natürlich kommen dort Leute herein.«
»Ja sicher«, antwortete von Sohl. »Entschuldigung,
aber ich bin ein wenig konfus. Wir kennen die Ursache nicht. Aber damit«, er
zeigte mit dem Daumen über die Schulter zum Ort des Geschehens, »sind wir
wieder bundesweit in den Schlagzeilen.«
Das hat der Urheber auch bezweckt, dachte Lüder. Er
stellte sich vor, dass jemand eine im Prinzip harmlose Rauchbombe installiert
hatte. Ob sich der Täter über die weitreichenden Folgen im Klaren war? Oder
wollte er mit einer solchen Aktion Aufsehen erregen?
»Können Sie feststellen lassen, wer sich im
Hilfskesselhaus aufgehalten hat?« Lüder überlegte. »Sagen wir – in den letzten
vierundzwanzig Stunden.«
Von Sohl nahm sein Handy ans Ohr. »Tippke«, sagte er,
nachdem sich der Teilnehmer gemeldet hat. »Ich stehe hier vor dem
Hilfskesselhaus. Kommen Sie mal rüber. Wir haben ein paar Fragen.«
Kurz darauf erschien ein fülliger Mann mit rundem
Gesicht. Er schob sich seinen Schutzhelm in den Nacken und sah von Sohl genervt
an. Man merkte ihm an, dass er über die Anweisung seines Chefs nicht erfreut
war. Auf ihn warteten wichtigere Aufgaben.
»Carsten Tippke«, stellte von Sohl vor. »Herr Tippke
ist für die gesamte Technik außerhalb des Reaktors zuständig.« Von Sohl
unterließ es, Lüder vorzustellen. »Wer war zuletzt im Hilfskesselhaus?«
Tippke zog die Stirn kraus. »Keine Ahnung.«
»Dann finden Sie es heraus«, sagte von Sohl barsch.
Der Mann im blauen Overall wollte sich schon abwenden,
als ihm etwas einzufallen schien. »Wir hatten Probleme mit einer Pumpe. Die
musste ausgetauscht werden. Bei der Gelegenheit sind auch ein paar Leitungen
ausgewechselt worden. Reine Routine. Alles außerhalb der Sicherheitsbereiche«,
beeilte er sich anzufügen.
»Wann war das?«, fragte Lüder.
»Na – heute. Die haben drei Tage daran gearbeitet.
Heute sind sie fertig geworden.«
»Wer sind ›die‹?«
»Ein Installateur aus Wentorf. Kleiner Laden. Aber
zuverlässig. Den haben wir schon oft hier gehabt.«
»Dann hätte ich gern den Namen und die Anschrift. Und
die Namen der Mitarbeiter, die hier vor Ort waren«, bat Lüder.
Als Tippke seinen Vorgesetzten fragend ansah,
herrschte ihn von Sohl an. »Los. Machen Sie schon.«
Es dauerte eine Viertelstunde, bis Tippke in
Begleitung eines Uniformierten zurückkam. »Das ist Herr Gülcan vom Sicherheitsdienst«,
stellte er den ernst dreinblickenden Mann vor. »Er hat die beiden Handwerker
beaufsichtigt.«
»Sie waren immer an ihrer Seite, oder hat sich einer
von den beiden einmal entfernt?«
»Nein, nie«, sagte Gülcan mit unsicherer Stimme und
sah dabei auf seine Fußspitzen.
»Herr Gülcan. Es geht nicht darum, Ihnen Vorwürfe zu
machen. Für uns ist das von entscheidender Bedeutung«, mahnte ihn Lüder.
»Ich kenne meine Pflichten«, verteidigte sich der
Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes.
»Die beiden Handwerker haben immer zu zweit
gearbeitet. Oder hat sich irgendwann jemand entfernt, um auf die Toilette zu
gehen oder Werkzeug zu holen?«, fragte Lüder.
Plötzlich hellte sich Gülcans Gesicht auf. »Ganz zum
Schluss. Da ist einer noch mal kurz rein ins Kesselhaus. Sein Kollege hat ihm
gesagt, er soll sich beeilen. Der Zweite sollte noch das Werkzeug holen.«
Gülcan schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Jetzt fällt es mir auf.
Warum hat er seine Werkzeugkiste mit reingenommen, wenn er doch Werkzeug rausholen
wollte?«
»Wer war es?«, fragte Lüder, der sah, dass Gülcan zwei
Karten mit Fotos in der Hand hielt, die standardmäßig von jedem Besucher des
Atomkraftwerks angelegt werden.
»Dieser hier«, sagte der Sicherheitsmann und reichte
Lüder eine Karte.
»Branko Mirkovic«, las Lüder aus der Kopie des
Ausweispapiers, die man am Eingang ebenfalls angelegt hatte. Außerdem war die
Adresse verzeichnet.
»Das behalte ich«, sagte Lüder.
»Ja, aber«, protestierte Gülcan und streckte die Hand
aus.
»Ist gut«, beruhigte ihn von Sohl und wandte sich an
Tippke. »Sie können gehen. Sie auch«, sagte er zum Sicherheitsmann. Als die
beiden außer Hörweite waren, fragte der Betriebsleiter: »Haben Sie einen
bestimmten Verdacht?«
»Ich lasse Ihnen rechtzeitig Informationen zukommen«,
wich Lüder aus. »Sie haben das
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