Sturmtief
Fehler
begangen, im Zorn auszusteigen und auf die Jugendlichen loszugehen. Aber wenn
Lüder schon seine Chancen als unmöglich einstufte, hätten nicht ausgebildete
Laien überhaupt keine Möglichkeiten gehabt.
»Sie haben sich wegen Sachbeschädigung strafbar
gemacht. Hinzu kommt noch eine Reihe weiterer Delikte«, sagte Lüder. Er sprach
so laut, dass die Mehrheit der Gruppe, Lüder zählte inzwischen sechs
Jugendliche, es mitbekommen hatte. Höhnisches Gelächter war die Folge.
Alex spie aus. Sein Auswurf lief an der Seitenscheibe
herab. »Wenn du noch in der Lage bist, etwas zu denken, wenn wir mit dir fertig
sind, dann hältst du deine gottverdammte Schnauze. Sonst überlebst du das
nicht.«
Erneut rüttelte er an der Tür. Noch hielt sie. Dann
versuchte er mit seinem Messer, die Scheibe einzuschlagen. Doch auch die hielt
den wütenden Attacken stand.
Wenn nicht zwei junge Leute vor dem Auto Aufstellung
bezogen hätten, wäre Lüder schon lange weggefahren. So musste er hier stehen
bleiben, wollte er niemanden gefährden.
Alex schien für einen Moment ratlos, wie er weiter
vorgehen sollte. Auf alle Provokationen sprach Lüder nicht an. Wenn er hier in
den Augen seiner Kumpane versagen sollte, würde das Ansehen kosten. Und das,
war sich Lüder sicher, war das Einzige, das Alex besaß.
Das einzige Mädchen aus der Gruppe drängte sich nach
vorn. In ihre hochgegelten Haare hatte sie einen roten Streifen eingefärbt. Sie
hielt Alex eine kleine Dose hin.
»Damit kriegst du ihn aus der Karre«, lachte sie und
zeigte Lüder den Stinkefinger.
Alex sah auf das Etikett. Lüder schien, als müsse der
junge Mann genau hinsehen, um es lesen zu können.
»Geil«, sagte er und hielt Lüder das Döschen hin. »Das
treibt dich raus.« Zur Unterstreichung seiner Vorfreude ließ er wieder einmal
sein Butterflymesser kreisen.
Vorsichtig tastete Lüder zu seiner Achselhöhle, in der
er seine Dienstwaffe trug. Sie war nicht teilgeladen und konnte auch nicht
zufällig losgehen. Im schlimmsten Fall würde er sie aber zur Abschreckung
präsentieren müssen.
Alex hielt die Öffnung der Reizgasflasche in Richtung
des offenen Fensterspalts, als alle durch drei sich schnell nähernde Fahrzeuge
abgelenkt wurden. Es schien, als würden die Autos vorbeifahren. Im letzten
Moment stiegen die Fahrer in die Bremsen. Das war so professionell, dass die
Limousinen fast gleichzeitig, aber ohne Quietschen der Reifen zum Stehen kamen.
Ehe die Jugendlichen reagieren konnten, flogen die Türen auf, und fast
gleichzeitig sprangen dunkel gekleidete Männer heraus. Sie trugen schwarze Sturmhauben
über den Köpfen, und nur schmale Schlitze für Augen und Mund ließen menschliche
Wesen hinter den Masken erahnen.
»Polizei«, rief einer halblaut im Kommandoton. Die
Jugendlichen waren im ersten Moment so perplex, dass es zwei Herzschläge
dauerte, bis sie zu fliehen versuchten.
Vier wurden sofort ergriffen, den Fünften holten die
Beamten im Nachsetzen ein. Nur einem gelang unerkannt die Flucht. Alex und das
Mädchen versuchten sich zur Wehr zu setzen, während die anderen drei keinen
Widerstand leisteten.
»Der greift mir an die Brust«, kreischte das Mädchen.
»Lass mich los, du Wichser.« Dabei versuchte sie, um sich zu schlagen und nach
den Beamten zu treten. Auch Alex leistete Widerstand, der aber schnell
erlahmte, nachdem die Beamten des SEK ihn überwältigt und mit dem Gesicht nach unten auf der Fahrbahn fixiert hatten.
»Sie sind im rechten Moment gekommen«, bedankte sich
Lüder beim Kommandoführer. Dann zeigte er auf Alex. »Den nehmen wir
vorübergehend fest. Ich habe eine Reihe von Punkten für die Anzeige.«
»Machen wir, Herr Dr. Lüders.«
»Scheiß Doktor«, fluchte Alex und versuchte
vergeblich, sich aus dem Griff zweier Beamter zu befreien, die ihm inzwischen
Einmalhandfesseln angelegt hatten. »Dich kriege ich. Wart’s ab.«
»Da kommt ‘ne Menge auf dich zu«, lachte der
Kommandoführer auf. »Man sollte sich nicht mit einem Kriminalrat anlegen.«
»Kriminalrat?« Alex riss die Augen weit auf.
»Du verdammter Arsch«, schrie das Mädchen. »Warum
fickst du einen Scheißbullen ins Knie?«
»Halt du die Fresse«, brüllte Alex zurück.
Inzwischen war ein Streifenwagen eingetroffen. Zwei
stämmige uniformierte Polizisten entstiegen dem Fahrzeug.
»Ach der schon wieder«, sagte der Größere, als er Alex
sah. »Diese verdammten Russkis machen nix als Ärger. Warum seid ihr nicht in
der Steppe geblieben?«
Als
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