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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Lüder dem Beamten einen missbilligenden Blick
zuwarf, zuckte der die Schulter. »Sie würden nicht anders reden, wenn Sie sich
so wie wir wöchentlich mit diesem Pack prügeln müssten.«
    »Trotzdem«, sagte Lüder mit Nachdruck.
    Er würde gegen Alex Strafanzeige erstatten und den
Schaden am BMW zivilrechtlich
verfolgen lassen. Lüder war gegen die Art von Kuschelpädagogik, mit der manche
gut meinenden Seelen die Gewaltausbrüche der Jugendlichen zu entschuldigen
suchten. Es war zutreffend, dass viele von ihnen nie eine Chance in der
Gesellschaft erhalten würden. Das rechtfertigte aber nicht die Gewalt gegen
Dritte. Und kaum jemand sprach von den Opfern, die oft nicht nur physisch,
sondern auch psychisch unter solchen Übergriffen litten, lange nach der Tat in
Behandlung waren und sich im schlimmsten Fall nicht mehr unter Menschen
trauten.
    Alex versuchte, nach dem Beamten zu treten. Der bog
ihm den Arm schmerzhaft in Richtung Schulterblatt, bis Alex aufschrie.
    »Sei friedlich, sonst schmerzt es«, sagte der Beamte
ruhig.
    »Ich weiß, wo du wohnst«, fluchte Alex.
    Der Uniformierte lachte bitter auf. »Und ich kenne
deine Adresse. Der Jugendknast.«
    »Schade«, sagte der Kommandoführer des SEK . »Das sind überflüssige Aktionen.
Wir mögen solche Einsätze nicht. Egal wie – es trifft immer den Falschen.«
    Lüder stimmte ihm zu. Dann sagte er: »Es geht um die
vorläufige Festnahme von Branko Mirkovic. Er steht im dringenden Verdacht,
heute im AKW Krümmel einen
Brandsatz mit Rauchbombe gezündet zu haben. Wir haben keine Erkenntnisse, ob er
über weitere Sprengsätze oder Waffen verfügt. Deshalb habe ich Sie im Wege der
Amtshilfe angefordert. Ich habe auch keine Ahnung, wer sich sonst noch in der
Wohnung aufhält.«
    Der Kommandoführer instruierte seine Männer. Dann
schlich die kleine Truppe zum Hauseingang. Lüder folgte ihnen. Die Männer sahen
in ihren Schutzanzügen mit der Aufschrift »Polizei« auf dem Rücken
furchteinflößend aus. Die dicken Schutzwesten, die Helme mit den
heruntergeklappten Visieren, die Schulterpolster und vor allem die
Maschinenpistolen mussten jeden erstarren lassen, der diesen Männern
gegenüberstand. Der Kommandoführer ließ zwei seiner Leute im Treppenhaus
zurück. Er selbst, ein weiterer Beamter und Lüder nahmen den Fahrstuhl, während
die anderen die Treppe erklommen.
    Lüder war nicht überrascht, dass die Polizisten trotz
der schweren Ausrüstung zur gleichen Zeit in der vierten Etage ankamen. Mit
einer Taschenlampe leuchteten die Beamten die Namensschilder ab. An einer der
Türen steckte ein handgeschriebener Zettel mit der Aufschrift »Mirkovic«.
    Der Kommandoführer raunte seinen Leuten etwas zu, dann
bezogen die Beamten, eng an die Wand gepresst, Stellung. Der Einsatzleiter
deutete durch eine Handbewegung an, dass Lüder sich hinter ihm platzieren
sollte. Ohne jedes Geräusch machte sich einer der Beamten am Türschloss zu
schaffen. Es sah aus, als würde er eine knetgummiähnliche Masse anbringen. Er
steckte ein Kabelende ein und zog sich mit dem anderen Ende ebenfalls an die
Wand zurück. Obwohl keiner der Beamten sprach und Lüder nicht in die durch
Visiere verdeckten Gesichter blicken konnte, war die Anspannung zum Greifen
nah. Man spürte förmlich die Konzentration jedes Einzelnen.
    Der Einsatzleiter nickte. Mit einer kaum wahrnehmbaren
Handbewegung drückte der Beamte auf den Knopf eines kleinen Geräts, das
Ähnlichkeiten mit dem Remoteempfänger einer Spielekonsole hatte.
    Ein Lichtblitz stach für einen Sekundenbruchteil in
Lüders Augen, dann knallte es, als wäre direkt zwischen den Männern eine Bombe
explodiert. Lüder wusste, dass dies zum Überraschungsmoment gehörte und der
Einschüchterung diente. Einer der Beamten sprang gegen die Wohnungstür, die mit
einem lauten Krachen gegen die Wand flog. Im selben Moment stürmten die Beamten
mit lautem Geschrei, ihre Maschinenpistolen im Anschlag, in die Wohnung.
    Lüder folgte als Letzter. Im Flur stand eine verhärmt
aussehende Frau mit einem Kochtopf in der Hand, aus dem Dampf aufstieg. Sie
hatte den Mund geöffnet und starrte mit schreckgeweiteten Augen auf die
Eindringlinge. Ihr kalkweißes Gesicht unterschied sich in nichts von der Wand
im Flur. Die Beamten des SEK waren
an ihr vorbeigelaufen. Für sie war es auf den ersten Blick klar, dass von der
Frau keine Gefahr ausging.
    »Ganz ruhig«, rief Lüder der Frau zu und tätschelte
ihr automatisch im Vorbeilaufen den Oberarm.
    »Frei«, rief

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