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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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hier im Griff?«, wandte er sich an Thiemann.
    Der Oberkommissar nickte dienstbeflissen. »Jawohl,
Herr Dr. Lüders.«
    »Gut«, entschied Lüder. »Meine weitere Anwesenheit ist
nicht mehr erforderlich.«
    Vom Auto aus rief er in der Kieler Bezirkskriminalinspektion
an. Lüder war nicht überrascht, dass Hauptkommissar Vollmers noch in der
Dienststelle war.
    »Ich habe eine Personenanfrage«, sagte Lüder und gab
Mirkovics Personalien durch.
    »Unbekannt. Gegen den liegt nichts vor«, antwortete
Vollmers kurz darauf.
    »Ich habe noch eine Bitte an Sie«, sagte Lüder und
erklärte dem Hautkommissar die weitere Vorgehensweise.
    Eine halbe Stunde später fuhr Lüder langsam durch das
Wohngebiet Bergedorf West. Die gesuchte Adresse befand sich in einem
vierstöckigen Plattenbau, der einer von vielen in einer langen Reihe war.
    Lüder fand einen Parkplatz unweit des Hauses, in dem
Mirkovic wohnte. Er schaltete die Zündung aus und wartete. Inzwischen war es
stockfinster. Obwohl die Straßenbeleuchtung ausreichend dimensioniert war und
die schier endlose Häuserfront überall hell erleuchtete Fenster aufwies, hinter
denen das Blau der Fernsehbildschirme flackerte, wirkte alles düster und
trostlos. Dabei hat sich kaum einer der Bewohner diesen Standort als
Traumquartier gewünscht, dachte Lüder. Es wäre sicher eine Sisyphusarbeit, zu
erforschen, auf welchem Weg die Menschen hier gelandet waren.
    Lüder hatte noch keine fünf Minuten in seinem BMW gewartet, als sich eine Gruppe von
Jugendlichen näherte und das Fahrzeug umringte. Zwei von ihnen näherten sich
der Fahrerseite. Lüder ließ das Fenster einen Spalt herab.
    »Hast du mal ‘ne Lulle?«, fragte der Größte von ihnen.
Er trug eine schwarze Lederjacke, hatte die Hände in den Taschen vergraben und
kaute lässig auf einem Streichholz. Lüder war sich nicht schlüssig, ob das
unrasierte Gesicht der Versuch eines verwegen aussehenden Dreitagebarts war
oder der junge Mann schlicht ungepflegt war.
    »Nichtraucher«, erwiderte Lüder. Er hatte kein
Interesse, sich mit den Jugendlichen zu unterhalten.
    »Hast denn mal ‘nen Euro?«, fragte der junge Mann.
Dabei wanderte das Streichholz zwischen seinen Zähnen unablässig von links nach
rechts und zurück. »Wir sind gar nicht so. Wir holen uns die Kippen auch
selbst.«
    »Nee«, sagte Lüder und wollte das Fenster wieder
hochfahren. Ehe die Mechanik ansprang, hatte der Jugendliche ein Metallstück
aus seiner Tasche gezogen und zwischen Glas und Türrahmen gesteckt, sodass die
Scheibe blockierte. Lüder erkannte auf den ersten Blick einen Totschläger.
    »Mach das Ding runter«, zischte der junge Mann und
zerrte an seinem Gerät, dass die Scheibe bedenklich knirschte.
    »Wenn Sie auch nur eine Schramme am Wagen
hinterlassen, wird es Sie teuer zu stehen kommen«, sagte Lüder laut, aber
ruhig. Er hatte den Jugendlichen bewusst gesiezt, um nicht zu provozieren.
    Dessen Nachbar lachte zynisch auf. »Der will dich
verarschen, Alex«, stachelte er den Wortführer an. »Komm, wir holen den Typen
aus seiner Scheißkarre.« Dabei versuchte er, die hintere Wagentür zu öffnen.
Lüder hatte die Verriegelung, die automatisch ab einer bestimmten
Geschwindigkeit die Türen verschloss, nach seinem Eintreffen noch nicht wieder
gelöst.
    »Glaubst du Wichser, wir kommen da nicht rein?«,
fluchte Alex, für den es jetzt galt, Stärke zu demonstrieren. Er versuchte, die
Vordertür zu öffnen. Nachdem ihm das nicht gelang, trat er von außen gegen das
Blech. Es gab ein hässliches »Ploing«, als das Metall nachgab. In Lüder keimte
der Zorn, trotzdem widerstand er der Versuchung, die Tür zu öffnen und
auszusteigen. Allein war er der Gruppe kaum gewachsen. Außerdem hätte eine
größere Auseinandersetzung Aufsehen erregt, das er gern vermeiden wollte. Er
war in einer anderen Mission hier.
    »Jetzt reicht’s«, sagte Alex und zog ein
Butterflymesser aus seiner Lederjacke. Geschickt ließ er es um seine Finger
kreisen. Es wirkte artistisch, wie der Jugendliche die gefährliche Waffe in
seiner Hand tanzen ließ. Dann zeigte er zwei Reihen gelber Zähne. Sein Gesicht
verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze. Er spuckte das Streichholz aus und
brüllte in Lüders Richtung. »Komm raus. Wir machen dich fertig.«
    Alex hielt das Messer fest und zog es über den Lack an
der Fahrertür. Das Geräusch jagte Lüder einen Schauder über den Rücken. Das Maß
des Erträglichen war überschritten. Die meisten anderen hätten jetzt den

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