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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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und
ließ das Gespräch noch einmal auf sich wirken. Sehr ergiebig war es nicht
gewesen. Insbesondere zum vermeintlichen Vorfall wollte sich niemand äußern.
Offizielle Stellen hatten die Unfalltheorie stets geleugnet. Der damalige
Staatssekretär, immerhin Mitglied der Grünen und von daher eigentlich
atomkritisch eingestellt, hatte das Gelände persönlich inspiziert und
anschließend verkündet, dass keine Anzeichen für einen Zwischenfall zu erkennen
waren. Die Bürgerinitiative und einige kritische Wissenschaftler gingen aber
davon aus, dass ein möglicher Vorfall seinerzeit vertuscht werden sollte. War
das Ganze doch so brisant, dass Robert Havenstein für eine Entdeckung hatte
sterben müssen?
    Von fern hörte Lüder Sirenengeheul, das sich rasch
näherte. Als er aus dem Schatten des Hauses heraustrat und sich seinem Fahrzeug
näherte, sah er über den Wipfeln der Bäume eine dünne Rauchfahne aufsteigen. In
dieser Richtung musste das Atomkraftwerk liegen.
    Lüder beschloss, vor der Rückfahrt nach Kiel noch
einmal in Krümmel vorbeizufahren.
    Am Hauptausgang meldete er sich zurück. Dann wurde die
Schranke geöffnet. Überrascht trat er auf die Bremse. In der Bushaltebucht auf
der gegenüberliegenden Straßenseite parkte der Golf mit dem Münchener
Kennzeichen. Es handelte sich um das Fahrzeug, das Dov Eisenberg gemietet
hatte.
    Der Israeli musste Lüder im selben Moment gesehen
haben. Sein Auto schoss ein paar Meter vor. Mit quietschenden Pneus wendete
Eisenberg fast auf der Stelle, dann jagte der Golf Richtung Bundesstraße davon.
    Lüder war verblüfft. Für einen Amateur hatte der Mann
eine meisterhafte Leistung hinterm Lenkrad hingelegt. Lüders Staunen währte nur
einen halben Herzschlag. Dann trat er ebenfalls das Gaspedal bis zum Anschlag
durch. Der BMW schien sich wie ein
wilder Mustang auf der Stelle aufzubäumen. Das Durchdrehen der Räder
verursachte jedem Autoliebhaber ein tiefes Grausen, und Pedanten würden
nachrechnen wollen, für wie viel Euro Gummiabrieb auf der Fahrbahn zurückblieb.
Dann fassten die Hinterreifen und trieben das Fahrzeug vorwärts. Lüder stemmte
sich mit beiden Händen am Lenkrad ab und wurde in das Polster gepresst. Er
fühlte sich wie in einem startenden Flugzeug.
    Das Ganze hatte sich in Bruchteilen von Sekunden
abgespielt. Trotzdem hatte Eisenberg einen Vorsprung von gut fünfzig Metern.
Auch der Israeli musste das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt haben.
Lüder schien es, als würde er dem Golf keinen Meter näher kommen. Erst als die
Tachonadel jenseits der einhundertvierzig vibrierte, zeigte sich das Mehr an
Kilowatt unter der Motorhaube seines Wagens.
    Lüder wusste, dass die Möglichkeit, Eisenberg zu
verfolgen, auf dieser durch den Wald führenden Straße auf etwa eineinhalb
Kilometer begrenzt war. Er ließ seinen Fuß auf dem Gaspedal stehen, zog auf die
Gegenfahrbahn, und endlich zeigte sich die Überlegenheit seiner Motorisierung.
Nun überholte er doch mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit. Lüder vermied
es, zur Seite zu sehen. Er konzentrierte sich auf die enge Straße und hoffte,
dass ihm niemand entgegenkam. Dann hätte er den Vorgang sofort abbrechen
müssen. Vor dem Golf setzte er sich in die Mitte der Straße, sodass die
Mittelmarkierung zwischen seine Vorderräder kam, und bremste sachte ab. Ein
schneller Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass auch Eisenberg bremste. Der
Abstand zwischen den beiden Autos verringerte sich nicht.
    Für den ganzen Vorgang hatte Lüder die volle Distanz
der Zufahrtsstraße benötigt. Kurz vor deren Einmündung in die Bundesstraße trat
er auf die Bremse, riss das Steuer zur Seite und stellte seinen BMW quer. Hier hatte sich das spezielle
Fahrtraining ausgezahlt, dachte er, das er während seiner Zeit beim
Personenschutz genossen hatte.
    Lüder wusste um den Jähzorn des eifersüchtigen
Ehemannes. Er öffnete seine Wagentür, stieg aus und näherte sich vorsichtig dem
Golf, der mit laufendem Motor etwa zehn Meter hinter seinem BMW zum Stehen gekommen war.
    Eisenberg ließ die Seitenscheibe herab. »Was soll das?
Sind Sie auch noch ein Wegelagerer?«, schimpfte er lauthals. »Es reicht doch,
dass Sie meine Ehe zerstört haben.«
    Lüder warf einen raschen Blick in das Fahrzeuginnere,
konnte aber nichts Verdächtiges entdecken. Eisenberg hatte sich
vorschriftsmäßig angeschnallt. Seine beiden Hände ruhten auf dem Lenkrad.
    Lüder öffnete die Wagentür, löste den Sicherheitsgurt
und zog den überraschten

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