Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
sie waren im Krankenhaus, Opfer von Abscheulichkeiten, und wussten nicht, ob sie jemals wieder ihre magischen Kräfte zurückerlangen würden.
Und es war auch nicht so, dass dieser Rückschlag ihn stoppen würde. Jarl lebte schon seit Jahrhunderten. Er würde einfach warten, bis sich der Wirbel um die Sache gelegt hätte – oder mit den Betroffenen ausgestorben wäre –, und dann würde er einfach weitermachen. Oder er würde einen anderen halbgaren, irren Plan aushecken, der das Leid und den Schmerz von weiteren Leuten bedeuten würde.
»Wir müssen etwas unternehmen«, ließ ich nicht locker und war selbst überrascht über den Schmerz, der dabei aus meiner Stimme klang. Ich hatte so lange die Fassung bewahrt. Bis jetzt. Hatte versucht, mich nur auf das Ziel zu konzentrieren: Jarl zu fassen. Jetzt wo ich sah, dass alles vielleicht umsonst gewesen war, fing meine Fassade an zu bröckeln. Ich wusste nicht, wie lange ich mich noch zusammennehmen könnte.
Anyan und Ryu traten beide vor, aber ich war der tröstenden Worte, der beschwichtigenden Gesten müde. Also wich ich vor beiden zurück.
»Nein«, sagte ich mit jetzt wieder festerer Stimme. »Wir müssen etwas unternehmen.«
Die beiden Männer sahen erst mich an, tauschten Blicke untereinander und sahen dann wieder zu mir.
»Jane«, sagte Ryu, aber ich schüttelte unwirsch den Kopf.
»Nein, Ryu. Keine Ausflüchte. Wir müssen uns überlegen, was wir tun können.«
»Und das werden wir auch«, sagte Anyan. »Aber gib uns ein bisschen mehr Zeit. Wir sind alle erschöpft, besonders du …«
Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass sie nie etwas unternehmen würden. Jeder in diesem Raum außer mir, sogar Anyan, war so sehr ein Teil der Machtstrukturen, dass niemand hier jemals etwas unternehmen würde. Einen Alfar wie Jarl anzugreifen, war für sie wie ein Angriff auf das Pentagon, und sie waren sich dieser Tatsache nicht einmal bewusst.
Sie glauben zwar, sie würden etwas unternehmen, aber sie kneifen, sobald es kompliziert wird, weil sie sich gar nicht vorstellen können, wirklich Staub aufzuwirbeln …
Als ich dort stand, hatte ich einen plötzlichen Moment der Klarheit. Oder zumindest hielt ich es damals dafür. Rückblickend stellte ich jedoch fest, dass es die Art von »Klarheit« war, die in Wahrheit bloß die Auswirkungen eines Katers waren, der von einem starken Cocktail aus Schlafmangel, Stress und übertriebener Angst herrührte.
Ich werde es wohl selbst in die Hand nehmen müssen , stellte ich fest. Ich muss es wohl selbst mit Jarl aufnehmen.
Mit diesem Gedanken stellte sich auch ein seltsames Gefühl der Ruhe ein. Ich bin ein echter Bücherwurm, und einer meiner Lieblingsautoren ist James Joyce. Es kostete mich eine halbe Ewigkeit zu begreifen, um was es wirklich ging, als ich zum ersten Mal seine Dubliners las. Es sind sehr coole Kurzgeschichten, die alle damit enden, dass die Hauptfigur eine Offenbarung, Epiphanie genannt, erlebt: einen dieser Momente der Erleuchtung, in denen einem alles klar wird. Aber in einigen der Kurzgeschichten, wie in »Arabia«, ist dieser Moment zwar definitiv wichtig für die Hauptfigur, aber auch nur eine kurzsichtige Reaktion auf ein Ereignis, und zwar eine, die die Figur auf lange Sicht in Schwierigkeiten stürzen wird.
Später las ich Joyces Ein Porträt des Künstlers als junger Mann . Das Buch besteht aus fünf Kapiteln, und jedes dieser Kapitel endet mit einer großen Offenbarung, die Stephen Dedalus’ Sichtweise auf die Welt und seinen Platz darin völlig verändert. Er hat diesen transzendenten Moment und dann zack : Das nächste Kapitel beginnt damit, dass er all die Schwierigkeiten, Probleme und Rückschläge durchlebt, die ihm die Wahl, zu der ihn die Offenbarung im Kapitel davor verleitet hatte, eingebrockt hat. Schließlich wurde mir klar, dass Joyces Offenbarungsmomente weder falsch noch richtig sind: Es gibt sie einfach. Sie bringen eine Art vorübergehende Klarheit mit sich, die sich zwar schon bald wieder zerstreut, aber für den Moment allumfassend ist.
Das war die Art von Ruhe, die ich in diesem Moment verspürte. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich etwas so Fundamentales erkannt, dass es für mich in etwa so wichtig war wie die Erkenntnis, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Zugegeben, ich hätte dem Gefühl misstrauen sollen, nachdem ich Joyce gelesen hatte, aber egal. Die Krux an der Epiphanie ist schließlich, dass man erst merkt, dass die Erkenntnis bescheuert war, wenn man
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