Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
präraffaelitischen, schlafenden Frauengestalten waren rußig. Überall lag zerschlagenes Geschirr und zertretener Krimskrams herum, und die Zimmerpflanzen waren umgeworfen worden.
So eine mutwillige Zerstörung hatte ich erst einmal zuvor gesehen: in Edies Wohnung in Boston. Und die Monster, die für die Zerstörung ihres Apartments verantwortlich waren und später auch für den Tod der beiden damals verschwundenen Frauen, waren Jarls Schergen Graeme, der Vergewaltiger-Elb, und Fugwat, der Spriggan.
Anyan und Ryu untersuchten vorsichtig die Beweise. Ryu schien manche Dinge zu katalogisieren und machte sich Notizen in ein kleines Moleskine-Büchlein, das er immer bei sich trug. Anyan dagegen benutzte seine lange, krumme Nase. Sein Schnüffeln war das einzige Geräusch, das in der stillen Wohnung zu hören war und das auch ich wahrnahm, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug und mir das Blut durch die Adern rauschte und an meinem Trommelfell pulsierte.
»Das alles hier wirkt völlig anders als bei den anderen Entführungen«, sagte Ryu schließlich halb zu sich selbst.
Der Barghest schnüffelte gerade in einer der Ecken herum und knurrte entweder über das, was er da roch oder über den Baobhan Sith. Dann schnüffelte er weiter.
»Die anderen Frauen sind alle kampflos entführt worden, entweder auf offener Straße oder an ihrem Arbeitsplatz. Nur einzelne wurden aus ihren Häusern oder Wohnungen entführt, aber wenn dies der Fall war, dann gab es nie Hinweise auf einen Einbruch oder Spuren von Gewalt.«
Mein Herz fing noch heftiger an zu klopfen, und langsam fing ich an zu verstehen, was es bedeutete, wenn man sagt jemandes Blut beginne zu kochen. Denn genauso fühlte ich mich im Moment. Als würde mein Blut in den Adern zu kochen anfangen, immer stärker, bis es mir schließlich aus den Ohren, den Augen und der Schädeldecke schießen würde.
»Jane, alles in Ordnung mit dir?«, erkundigte sich Ryu.
»Ich bin okay, Ryu. Iris ist verschwunden, nicht ich.«
Ryu sah mich stirnrunzelnd an und kam auf die Seite des Zimmers, wo ich mit geballten Fäusten stand.
»Jane, alles wird gut. Wir werden Iris finden.«
»Ich weiß. Und dann werde ich Jarl kastrieren. Und zwar mit einem Löffel. Oder mit Zahnseide. Auf jeden Fall mit irgendetwas, mit dem die Prozedur sehr lang und unangenehm für ihn wird. Vielleicht auch mit Stäbchen …«
Ryu kniff verwundert die Augen zusammen. »Äh, Jane …«
»Was, Ryu?«, fragte ich meinen Ex-Freund streitlustig. »Fang jetzt bitte nicht wieder damit an, dass Jarl womöglich unschuldig ist. Iris zu entführen ist eine Provokation gegen uns. Du hast es doch selbst gesagt: Sie haben sie nicht still und heimlich mitgenommen wie die anderen Frauen, weil sie wollen, dass wir wissen, wie mächtig sie sind. Sie haben meine Mutter ermordet, aber das war ihnen noch nicht genug. Jetzt sind sie hinter jedem her, der mir etwas bedeutet.«
Ryu runzelte die Stirn. Ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Versuch erst gar nicht, mir zu sagen, ich hätte unrecht. Du weißt genau, dass es hier in diesem Apartment genauso aussieht wie damals bei Edie, abgesehen von den Magiekugeln. Diesmal bemühen sich Fugwat und Graeme gar nicht erst, zu verheimlichen, dass hier Magie im Spiel ist. Also versuch mich nicht zu beruhigen. Ich will mich nicht beruhigen: Ich will handeln.« Meine Stimme wurde immer schriller, und ich spürte, wie meine Elementkraft an die Oberfläche drängte. Die Luft um mich herum flirrte und knisterte vor Magie, und meine Selbstkontrolle fing an zu wanken, als Anyan einschritt.
»Das reicht, Jane«, rief der Barghest mit beschwichtigender Stimme aus der anderen Zimmerecke herüber. »Reißt euch zusammen, beide, damit wir arbeiten können.«
Ich stand mit offenem Mund da und blinzelte verblüfft. Erschöpft und voller Angst wie ich war, dachte ich kurz daran, einen ordentlichen Tobsuchtsanfall zu bekommen, aber Anyan hatte recht. Wenn ich jetzt die Fassung verlor, brachte uns das Iris keinen Schritt näher. Also unterdrückte ich meinen Ärger und meinen Frust und ging mit großen Schritten zu der Treppe hinüber, die von Iris’ Boutique zu ihrer Wohnung hinaufführte, um mich kurz hinzusetzen. Ich atmete tief durch, sortierte meine Gedanken und rief dann zu Hause an, um mit Nell zu sprechen. Ich war in fast permanentem Kontakt mit der Zwergin, seit ich von Iris’ Verschwinden erfahren hatte – erst nur, um ihr zu berichten, was passiert war, und dann um sicherzugehen, dass
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