Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
machte.
»Ist es nicht? Du hast mir ein Geheimnis vorenthalten, und noch dazu eines, das du ausgerechnet mit Anyan geteilt hast. Aber ich habe dir verziehen, Jane. Ohne lang zu überlegen. Weil ich verstanden habe, dass du mich nicht verletzen wolltest. Und ich mache nur einen kleinen Fehler, und plötzlich ist es, als wären wir zwei Fremde.«
»Es war nicht bloß diese eine Sache, Ryu. Es war … eine ganze Reihe von Dingen. Es war …«
»Was, Jane? Was genau war es denn?«
Ich stand stumm da, unfähig das auszudrücken, was ich zum ersten Mal schon vor Monaten empfunden hatte, als ich bei Ryu in Boston am Boden saß, und was ich als die Wahrheit erkannte, als ich ihm in dieser Pension in Eastport in die Augen starrte. Aber die Worte widersetzten sich mir, und ich druckste nur herum. Was Ryu als Zugeständnis zu seinem Standpunkt verstand.
»Schau, du kannst es mir noch nicht mal beantworten. Und darüber will ich, dass du nachdenkst. Während ich im Verbund bin, möchte ich, dass du lang und genau darüber nachdenkst, warum du dich so verhältst. Du schließt mich aus. Ich weiß, du hast allen Grund, wütend auf mich zu sein, aber was du machst, hat nichts mehr mit Wut zu tun. Du gibst uns einfach auf und schließt mich aus.«
»Das ist nicht …«
»Such jetzt keine Ausflüchte, denk einfach darüber nach, was ich gesagt habe. Weil ich denke, dass du das, was passiert ist, bloß als Entschuldigung dafür verwendest, mich loszuwerden, und zwar aus Gründen, die rein gar nichts mit dem zu tun haben, was vorgefallen ist. Du sagst, ich spiele Spielchen. Gut, ich weiß, dass ich das tue. So bin ich eben. Aber ich glaube, du machst das auch. Du bist dir darüber nur nicht im Klaren. Also denk mal drüber nach. Und sei einmal ehrlich mit dir selbst. Auch wenn du mir gegenüber nicht aufrichtig sein kannst.«
Und damit drehte Ryu sich auf dem Absatz um und ging zu seinem Wagen. Wie aufs Stichwort erschien Julian, folgte ihm und stieg auf der Beifahrerseite ein. Ich beobachtete, wie Ryu ausparkte und wütend in der Abenddämmerung davonpreschte. Eine dünne Linie aus Licht klammerte sich noch eine Weile an den Horizont und wurde dann von der um sich greifenden Dunkelheit verschlungen.
Da stand ich, mit angespannten Muskeln und rasenden Gedanken.
Hat er etwa recht? , fragte ich mich. Benutze ich das, was rund um den Tod meiner Mutter geschehen ist, nur als Vorwand.
Aber als Vorwand für was?
Ich schüttelte unwillig den Kopf und versuchte so, all die Zweifel zu vertreiben, die mich durcheinanderbrachten, als ich hörte, wie Anyan aus Iris’ Boutique trat und die Tür hinter sich mit seiner Magie versiegelte.
»Ist Ryu weg?«
Ich nickte, noch immer zur Straße gewandt. Anyan kam zu mir herüber, hielt aber inne, als er mein Gesicht sah.
»Alles okay?«
Ich dachte darüber nach. »Ich muss schwimmen gehen«, sagte ich schließlich.
»Verdammt. Hat er irgendwas gemacht?«
»Nein, wir haben bloß … geredet.«
»Oh.«
Wir standen schweigend nebeneinander und sahen zu, wie die Dunkelheit den letzten Schimmer Sonnenschein vom Horizont verdrängte und nur einen helllila unterlaufenen Nachthimmel zurückließ. Als Anyan das Schweigen brach, war seine Stimme noch rauer als sonst.
»Tja, Ryu hat das Auto genommen, also musst du wohl bei mir auf dem Motorrad mitfahren.«
Ich seufzte und starrte hinüber aufs Meer. Allein der Gedanke, mit Anyan auf dem Motorrad zu sitzen, bei all den Gedanken, die mir im Kopf herumwirbelten, war … heftig.
Anyan missverstand mein Zögern und scharrte nervös mit den Füßen. »Oder du schwimmst eben«, sagte er, »wenn dir das lieber ist. Du musst vermutlich auftanken, und wir brauchen dich voll einsatzfähig. Ich kann dich bis zur Küste fahren. Der Meereskodex sorgt ja dafür, dass du im Meer sicher bist, aber ich gebe Trill trotzdem Bescheid, damit sie dich in Empfang nimmt.«
Ich wog meine Möglichkeiten ab. Auf der einen Seite könnte ich während des Schwimmens über Ryus Worte nachdenken.
Auf der anderen Seite, wenn du dich für das Motorrad entscheidest, dann hast du den Barghest endlich da, wo du ihn immer haben wolltest …
Ich blickte auf meine Schenkel hinunter. Sie sahen einsam aus.
Andererseits , dachte ich dann, vielleicht ist es auch besser, wenn sie das erst einmal bleiben.
Ich seufzte. »Ich denke, ich sollte schwimmen und auftanken. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
Anyan nickte. »Aber ich fahre dich lieber bis ans Wasser und sammle dich
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