Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
Vordereingang eindrang. Beide Teams stürmten das Labor in einer Stabformation – was nur soviel bedeutete, dass sie in einer Reihe hintereinander hineingingen. Ich war irgendwo gegen Ende der Linie, eingeklemmt zwischen Anyan und einer sehr erfahrenen Einsatzkraft, einer kleinen Frau, die ihr Sturmgewehr mit der zärtlichen Vertrautheit einer Geliebten handhabte.
Die Vorstoßteams erreichten beide Einfallpunkte zeitgleich, da laut Frida keiner der beiden Eingänge mit Fallen versehen war. Doch man hatte sich nicht mit nur zwei Einfallpunkten zufriedengeben wollen, also hatte man noch einen weiteren geschaffen: ein »Bullauge« zwischen dem Gebäude, das wir stürmten, und dem leerstehenden angrenzenden Laden. Zuvor waren zwei unserer Leute die Wand auf der anderen Seite des Geschäftskomplexes hinaufgeklettert, hatten sich zu dem Nachbarladen des Labors geschlichen und waren durch ein Oberlicht eingestiegen. Einer der Übernatürlichen aus dem Team, ein Nahual, war ein Sprengstoffexperte und hatte eine Sprengschnur – einen hauchdünnen Schlauch gefüllt mit Plastiksprengstoff in Puderform – kreisförmig an der Wand angebracht, die er zünden wollte, wenn die Vorstoßtrupps das Labor stürmten. Das Loch wäre zwar nicht annähernd groß genug, um hindurchklettern zu können, aber der andere Übernatürliche – ein Steingeist, dessen ruhige Art ihn zu einem perfekten Scharfschützen machte – passte hindurch.
Unsere Instruktionen, was zu tun sei, wenn wir erst einmal drin wären, waren simpel. Unsere Regel für den Einsatz in diesem Szenario lautete »direkter Zugriff«, was bedeutete, dass wir zuerst die Täter ausschalten mussten, um die Gefahr für die Geiseln zu minimieren. In anderen Einsatzszenarios, bei denen keine Zivilisten bedroht waren, hätten wir unsere eigene Sicherheit in den Vordergrund gestellt und wären langsamer vorgegangen. Aber aufgrund der Gefahrenlage, in der sich die im Labor eingeschlossenen Frauen befanden, kam es, wie Anyan mir erklärte, auf Schnelligkeit, den Überraschungsmoment und Schlagkraft an.
Ich war es gewohnt, die Dinge langsam und vorsichtig anzugehen. Für mich, die ich Gewalt um jeden Preis mied, waren Anyans nüchterne Erläuterungen nicht gerade beruhigend.
Nicht dass ich viel Zeit gehabt hätte, lang über meine Situation nachzugrübeln, denn in der einen Minute stand ich noch mit Anyan vor dem Lieferwagen, und in der nächsten fand ich mich schon in einer Reihe mit Leuten wieder, die bis an die Zähne bewaffnet waren. Jedes Mal wenn ich eines dieser Sturmgewehre ansah, zuckte ich buchstäblich zusammen. Und wie um mir einzuhämmern, wie wenig ich hierherpasste, rutschte mir mein Schutzhelm immer wieder über die Augen, und ich musste wirklich, wirklich dringend pinkeln. Ich wusste zwar, dass das bloß meine Nerven waren, aber das half auch nicht.
Wenn ich mir jetzt in die Hose mache, würde mich das echt anpissen , dachte ich in dem Moment, als die Zeit stehen blieb.
Im Ernst, die Zeit blieb einfach – stehen. Es war so, als wäre alles, was geschehen war, bevor wir diese Linienformation angenommen hatten, dreimal so schnell verlaufen, aber sobald wir dort standen, fühlte es sich so an, als wäre irgendein großer Daumen à la Martin Amis aus dem Nichts erschienen und hätte die Zeit abgestellt.
Die uns umgebende Stille trug ihren Teil dazu bei, dieses Gefühl zu verstärken.
Die Fenster des früheren Ladengeschäfts, jetzt Labors, waren alle zugemauert und die Glaseingänge durch große Stahltüren ersetzt worden. Anders als die anderen Labors, auf die wir schon in Boston oder Borealis gestoßen waren, lag dieses so weit ab vom Schuss, dass die Wesen, die es betrieben, sich gar nicht erst die Mühe gemacht hatten, es als Klinik zu tarnen. Mit anderen Worten, wir mussten uns keine Sorgen darüber machen, gesehen zu werden, sondern nur, dass wir gehört würden. Also kommunizierten wir auf dem Weg vom endgültigen Ausgangsposten der Operation zu den Eingängen des Labors alle nur noch mit Hand- und Augensignalen, während wir uns so leise wie möglich heranschlichen.
Noch gespenstischer wurde die Situation jedoch dadurch, dass wir auch alle unsere Magie schweigen ließen. Ich hatte mich bereits so an den ständigen surrenden Unterton der Elementkraft gewöhnt, die durch mich, meine Freunde und alle Übernatürlichen, die mich umgaben, floss, dass die plötzliche Stille irritierend war. Es war wie ein leichter Tinnitus, der sich plötzlich wundersamerweise
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