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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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durchströmte.
    Dann rief Pertiz einen Befehl, und die Hitze der Sturmwelt kehrte zurück, die Sonne, die Rufe der Mannschaft, die sich auf den Landgang freute. Auf seiner Schulter hatte die Echse sich aufgerichtet und starrte Bihrâd an, der sich über die Kratzer auf der Hand strich und schließlich seufzte: »Ich werde in meine Kammer gehen. Dort habe ich eine Tinktur für den Biss deiner Bestie.«
    Ohne zu antworten, lief der junge Hiscadi auf das Achterdeck zu Pertiz, der ihm zuwinkte: »Komm her. Ich erkläre dir, welche Manöver wir machen, um einen guten Ankerplatz zu erreichen.«
    Obwohl Jaquento sich bemühte, auf die Worte des Kapitäns zu hören, wanderte sein Geist immer wieder zurück zu Bihrâds Worten. Seit er seine Heimat vor geraumer Zeit verlassen hatte, erkannte er erst, wie groß die Welt eigentlich war und wie wenig er bislang von ihr gewusst hatte. In seiner Vorstellung waren die Nachrichten, die er aus den fremden und manchmal exotischen Ländern gehört hatte, genug gewesen, um das Gefüge der Welt zu verstehen, doch seit er die Sturmwelt erreicht hatte, zweifelte er daran, jemals mehr gewusst zu haben als ein blasierter Adelsspross, der nur glaubt, was er glauben will.
    Erst als der Anker an seiner mächtigen Kette in das Wasser stürzte und die Kettenglieder über die Planken rasselten, schreckte er aus seinen wenig erfreulichen Gedanken hoch.
    Sie lagen in einer der beiden Buchten vor Lessan, die durch eine schmale Halbinsel getrennt waren. Um sie herum waren Schiffe und Boote jedweder Größe vertäut. Viele lagen fest, andere segelten oder ruderten vorbei. Jenseits der Landzunge konnte Jaquento die Masten einiger großer Schiffe sehen, Kriegsschiffe, unter die sich auch die Mantikor eingereiht haben würde.
    Die Stadt selbst schmiegte sich an den Hügel, der sich über der Bucht erhob. Die bunten Häuser und Hütten waren vom Grün des Dschungels eingerahmt, vor dem sie sich wie bunte Blühten ausnahmen. Zahllose Möwen kreisten über dem Hafen, schrien und balgten sich um die Essensabfälle, die im Wasser trieben.
    »Ah, Lessan«, sagte Pertiz und fügte spöttisch hinzu: »Die Krone der corbanen Zivilisation. Mal sehen, wer es zuerst zu uns schafft, um uns auszunehmen: der Hafenmeister oder die fliegenden Händler.«
    Es waren die Händler, die schon bald ihre Waren aus kleinen Booten feilboten – Früchte, Krebse, Talismane und Schildkrötenschuppen -, doch Jaquento bekam davon nichts mit, da er bereits unter Deck war, um für seinen ersten Landgang seit Wochen angemessene Kleidung anzuziehen.
     
    Wie auch immer Pertiz die Beamten des Hafenmeisters davon überzeugt hatte, dass die Papiere des Schiffes bei dem Orkan unglücklicherweise über Bord gegangen waren, es war jedenfalls geglückt.
    Jaquento hatte die deutliche Vermutung, dass dafür ein hübsches Sümmchen den Besitzer gewechselt hatte. Dennoch schien Pertiz guter Laune zu sein, und bis auf eine Rumpfmannschaft für die Wachen wurde die ganze Besatzung an Land gerudert, wo eine weitere Gruppe Händler über sie herfiel wie Geier über ein verendetes Rind. Es bedurfte einiger deutlicher Worte und Gesten, um der Besatzung einen Weg zu bahnen. Um sich herum sah Jaquento nichtsdestotrotz, dass so manch einer stehen blieb, um seinen Anteil der Beute für Essen, Alkohol oder das Versprechen angenehmer Gesellschaft auszugeben.
    »Wir müssen ein paar Leute treffen, Jaq«, erklärte Pertiz, und der junge Hiscadi folgte ihm gern, auch wenn der frische Seewind zwischen den Gebäuden einer stehenden, schwülen Hitze weichen musste. Am Hafen standen viele Lagerhäuser und Kontore, auf denen in schmucken Lettern die Namen von Besitzern, Compagnien und Handelshäusern prangten. Auch in den Straßen herrschte großes Gedränge, eine Melange von Farben, Gerüchen und Lauten, die über Jaquento wie eine Flutwelle zusammenschlug. Auf seiner Schulter richtete sich Sinosh auf und ließ den Kopf mal hierhin, mal dorthin schwenken, saugte die Luft in seine winzigen Nüstern und schien den Ritt geradezu zu genießen.
    Die Menge der Menschen hätte unterschiedlicher nicht sein können; thaynrische Soldaten schritten in Zweierreihen vorbei, Seeleute jeglicher Hautfarbe drängelten sich um Stände voller Waren, dunkelhäutige Eingeborene boten bunte Stoffe und gedörrten Fisch an. Alle wuselten durcheinander, riefen, lachten, handelten, wie es Jaquento nur aus den größten Städten seiner Heimat kannte. Aber selbst dort konnte man nicht eine solche

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