Sturmwelten 01
Schiff vorwagen und dieses im Handstreich nehmen. Wir halten uns gar nicht lange mit Geschützfeuer auf, sondern entern sobald wie möglich, solange auch die Thayns noch überrascht sein werden. Einverstanden?«
Keiner widersprach dem Kapitän, der auf Pertiz deutete: »Die Windreiter bleibt zurück und hält sich bedeckt. Sie bietet niemandem ein Ziel. Wir lassen die Thayns mit dem Begleitschutz kämpfen, müssen aber darauf vorbereitet sein, dass sie die beiden Korvetten überwältigen. Wir schneiden die Prise heraus und setzen alle Segel. Im Notfall müsst ihr unsere Flucht decken.«
»Gegen eine Fregatte wie die Mantikor bestehen? Das ist keine einfache Aufgabe mit einem Sklavenschiff«, wandte Pertiz ein. »Tatsächlich ist es ein hanebüchenes Unterfangen.«
»Keine Sorge. Die Todsünde ist ja auch noch da. Hauptsache, wir können unsere Beute erst einmal fortschaffen. Wir kommen schon davon, und wenn wir uns zwischen die Inseln schlagen müssen, wo ihr Tiefgang die Mantikor behindert. Aber die Schwarzbrunn-Fregatte kann das nicht, sie kommt nirgends durch, wo die Mantikor nicht folgen kann. Es ist also absolut notwendig, dass sie schnell davonkommt.« Deguay grinste in die Runde.
»Was ist mit den Sklaven?«, warf Jaquento ein.
»Wir bieten ihnen eine Ablenkung. Den Rest müssen sie schon selbst schaffen«, erklärte der Kapitän und wollte gerade fortfahren, da unterbrach Jaquento ihn: »Sie sollen was selbst schaffen? Ihre Flucht? Wie soll das gehen, ohne Schiffe?«
»Das ist ihr Problem«, erwiderte Deguay ungerührt und zuckte die Schultern.
»Ich habe einen Handel mit ihnen abgeschlossen. Ihnen unsere Hilfe zugesichert!«
»Dann solltest du daraus lernen, dass du das nächste Mal nicht so leichtfertig Versprechungen machst, die du nicht halten kannst. Wir haben keine Zeit für die Sklaven, und unser Plan sieht keine Möglichkeit vor, ihnen zu helfen.«
»Die Windreiter wird doch praktisch in Reserve gehalten! Wir sollen Däumchen drehen. Wir könnten stattdessen …«
»Nichts könntet ihr«, fuhr Deguay dazwischen. »Wir brauchen die Windreiter . Oder wir gefährden den Ausgang der ganzen Sache. Die Thayns zu benutzen war deine Idee, ebenso wie die, mit den Sklaven eine Abmachung zu treffen. Jetzt müssen die Paranao ohne uns zurechtkommen.«
Sinosh schien die Erregung in den Stimmen zu spüren, denn er war nun ganz aufmerksam und änderte seine Farbe von Golden zu einem hellen Orange.
»Das ist doch nicht dein Ernst! Ich dachte, du hasst die Sklaverei? Jetzt und hier haben wir die Chance …«
»Genug jetzt! Wir können nichts für sie tun, Mann! Daran wird dein Gerede auch nichts ändern. Konzentrieren wir uns lieber auf die Dinge, die vor uns liegen.«
Die beiden Männer funkelten sich an, und Jaquento verspürte nicht die geringste Lust, in diesem Punkt nachzugeben. Doch er spürte, dass er unter den Offizieren der beiden Schiffe kaum Rückhalt hatte. Nicht einmal Pertiz oder Rahel mischten sich ein.
Als er wütend den Kopf schüttelte, glaubte er den Anflug eines Lächelns auf Deguays Lippen erkennen zu können. Du Bastard! Du willst mir eine Lektion erteilen, für die andere bluten werden. Trotz dieser Erkenntnis schwieg er, denn Worte würden hier nichts erreichen. Der Plan war gut, und tatsächlich würde der Versuch, die Sklaven zu retten, das Risiko erhöhen. Doch wie konnte er sein Wort brechen? Noch während Deguay die Einzelheiten seines Vorhabens ausführte, rasten Jaquentos Gedanken. Schon Pertiz hatte ihn davor gewarnt, den Sklaven Hoffnungen zu machen.
Endlich war die Besprechung vorbei, und die Anführer der Piraten verließen das Zimmer im ersten Stock des Bordells, das sie als Hauptquartier nutzten.
Es gelang Jaquento, Rahel in einem günstigen Augenblick abzufangen, als sie gerade in den Schankraum hinabgehen wollte.
»Es ist nicht richtig«, eröffnete er das Gespräch, aber Rahel hob abwehrend die Hand. Zwischen ihnen gab es einen Graben, der Jaquento nun schmerzhaft bewusst wurde.
»Ich will es nicht hören. Der Käpt’n hat recht. Du hast dich verzettelt, aber darin bist du ja ganz groß. Diesmal wirst du dich nicht herausreden können. Diesmal wird dir dein großes Maul nichts nutzen – und deinen Sklaven auch nicht.«
Als sie sich abwandte, blieb Jaquento sprachlos zurück. Der Vorwurf traf ihn tief.
Eine Hand legte sich plötzlich schwer auf Jaquentos Schulter, und halb fürchtete er, dass Quibon hinter ihm stand, doch es war Pertiz, der ihn fragend
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