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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Bewegung setzen, Leib und Leben riskieren, um Pertiz zu rächen. Vor allem jedoch, um unsere Vision zu retten.
    »Und wie willst du das erreichen? Du sitzt hier fest, Quibon ist Kapitän. Du kannst nicht mal über die Flöhe bestimmen, die auf dir rumkrabbeln.«
    »Redet mit den ehemaligen Sklaven. Fragt sie, wie es ihnen schmeckt, dass wir ihren Leuten auf der Insel nicht helfen. Verdammt, redet mit allen. Erzählt ihnen von Quibons Verrat, und dann lasst sie entscheiden.«
    Unsicher sah Manoel ihn an. Dann fluchte der junge Maestre aus vollem Herzen.
    »Werdet ihr Pertiz also rächen?«
    »Wir denken darüber nach«, erklärte Bihrâd in seiner typischen ruhigen Art.
    »Gut. Und bringt mir bitte das nächste Mal etwas Wasser mit. Ich verdurste nämlich fast.«
    »Meuterei und Wasser. Aye, aye«, erwiderte Manoel, der ungeschickt salutierte, während der Maureske bereits den Raum verließ.
    In der Dunkelheit lehnte sich Jaquento mit einem zufriedenen Seufzen zurück. Er hatte das Gefühl, einen Stein ins Rollen gebracht zu haben. Vielleicht war es nur ein kleiner Kiesel, doch er mochte größere Wellen schlagen, als Quibon ahnen würde. Eine Handvoll Tage hatte er Zeit, mehr nicht, dann würde alles entschieden werden. Nicht viel Zeit, aber er hatte den Eindruck, dass seine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Vielleicht würde etwas aus ihnen erwachsen.

ROXANE

    Noch niemals zuvor hatte Roxane sich auf See so eingeengt gefühlt. Die bedrückende Enge an Bord erinnerte sie an ein Gefängnis oder einen Sarg. Das Bild passte, denn seit der Bestattung des Kapitäns war Totenstille eingekehrt, eine wahrhaft tödliche Ruhe, die nur in eine Katastrophe münden konnte. Waren die Matrosen vorher aufsässig gewesen, schwiegen sie nun. Mit mürrischen Mienen liefen sie auf Deck umher, und ihre stechenden Blicke machten Roxane selbst in der steten Wärme der Sturmwelt frösteln.
    Weit vor ihnen ging die Sonne auf, tauchte den Horizont in ein goldenes Glühen und färbte die Unterseiten der Wolkenbänder gelb ein. Dort, unter den Wolken, befand sich ihr Ziel. Die Insel der Handelscompagnie, gebadet in Sonnenlicht, und dennoch ein Ort der Dunkelheit für Roxane. Weniger wegen der Verbrechen, die dort angeblich begangen wurden, sondern vielmehr, weil sie alle dort das schicksalhafte Ende ihrer Fahrt erwartete. Wenn das schwarze Schiff nicht dort ist, wird Cearl zusammenbrechen. Unsere Fahrt wird ein unrühmliches Ende finden. Und wenn es dort ist, müssen wir es in Besitz nehmen, gegen den Willen der mächtigsten Organisation Thaynrics. Es ist, als ob wir die Wahl zwischen einem Brand an Bord und einem Leck hätten.
    »Dort ist sie«, murmelte Aella. Der schmale Streifen war nicht mehr zu übersehen, und der Ausguck hatte bereits vor Minuten verkündet, dass Land voraus lag.
    »Lassen Sie das Schiff zum Gefecht klarmachen. Doppelte Ladung der Kanonen, aber noch nicht ausfahren. Und sorgen Sie dafür, dass die Mannschaft vorher noch tüchtig isst. Mit vollem Bauch kämpft es sich besser«, befahl Cearl, dessen bleiches Gesicht im Morgenlicht ungesund glänzte. Roxane konnte nicht sagen, ob es die Spiegelung der Sonne in seinen Augen war, die so funkelte, oder die Sehnsucht nach ihrem Ziel.
    »Aye, aye, Thay. Ich schlage vor, dass wir die Handwaffen so spät wie möglich ausgeben.«
    Der diensthabende Kapitän sah sie kurz an, dann nickte er. Je später, desto besser. Am besten erst, wenn wir alle dieses verfluchte Schiff bereits verlassen haben.
    Die Mahlzeit wurde größtenteils schweigend eingenommen. Es gab doppele Rationen für jeden an Bord, unverdünntes Bier und das beste Pökelfleisch, das sie noch hatten. Dazu weich gekochtes Gemüse und einen dicken, sämigen Pudding mit zähen Rosinen. Das reichliche Mahl erinnerte Roxane an eine Henkersmahlzeit, doch ein gutes Essen vor der Schlacht war Tradition in der Flotte. Die Männer und Frauen wussten dies zu schätzen und verschlangen riesige Portionen, während Roxane nur an wenigen Bissen ihres Zwiebacks kaute. Ihr war flau im Magen; seit Tagen schon bekam sie kaum etwas hinunter.
    Als die Mannschaft fertig war, brachte die junge Offizierin mit wenigen Befehlen Leben in die Versammlung. Das schrille Sirren der Bootsmannspfeifen rief alle an Deck. Jetzt zeigte sich, dass die Männer und Frauen doch für den Ernstfall gerüstet waren. Geschickt gingen sie an die Arbeit. Auf dem Geschützdeck wurden die Tische und Bänke an die Decke gezogen und fest verzurrt. Alles, was

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