Sturmwelten 01
staunte sie über die schnittigen Linien der beiden Schiffe und ihre starke Armierung. Händler!
»Hmm?«, murmelte sie abgelenkt, was Cearl die Stirn runzeln ließ.
»Das Motto!«
»Oh. Verzeihung. Allzeit bereit. Das ist natürlich das Motto, nicht wahr?«
»Im Moment trifft das auf Sie jedenfalls nicht zu, Leutnant«, entgegnete der Kapitän gereizt. »Ich hoffe, Sie haben nicht nach dem hiscadischen Laffen Ausschau gehalten?«
Beschämt schwieg Roxane. Sie versuchte sich einzureden, dass sie alle unter hohem Druck standen. Ich habe nicht nach ihm Ausschau gehalten, versicherte sie sich selbst. Nicht direkt zumindest. Und wie sollte ich Cearl jemals sagen, was auf Lessan passiert ist, wenn er so … eifersüchtig reagiert?
Bevor sie diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, nahmen andere Probleme allen Platz in ihrem Geist ein. Der Wind stand ungünstig für sie, und die Mantikor musste sich regelrecht um die Landzunge quälen.
Doch dann kam die Bucht in ihr Blickfeld, und sofort war deutlich, dass ihre Verbündeten nicht gelogen hatten. Im Schutz der Klippen lagen drei Schiffe, und die Flagge der Compagnie wehte über dem Fort, das bedrohlich über allem thronte.
»Ruhe bewahren«, rief Cearl, als die Mannschaft angesichts ihrer möglichen Beute unruhig wurde. »Ich will keinen Mucks hören!«
Geradezu schmerzhaft langsam glitt die Fregatte in die Bucht. Alle Augen waren auf die Festung gerichtet, obwohl sie noch weit außerhalb der Reichweite der Kanonen dort waren. Auch Roxane beobachtete das Fort. Was mögen sie sein? Zweiunddreißigpfünder? Die aus erhöhter Position schießen, möglicherweise glühende Munition. Wir sollten uns besser beeilen, sonst schießen sie sich auf uns ein, und ich bezweifle, dass die Mantikor dem lange standhalten könnte.
Doch es waren nicht die Geschütze der Festung, die das Feuer eröffneten. Unvermittelt setzte eine der beiden Korvetten Segel. Wie unglaublich schnell aufblühende Blumen entfalteten sich die hellen Leinentücher. Dann klappten die Stückpforten auf. Diese Schiffe hatten nicht die Absicht, sich zu ergeben.
»Also beginnt es«, murmelte Cearl, ehe er brüllte: »Geschütze ausfahren! Feuer auf mein Kommando!«
Auf beiden Seiten der Fregatte wurden die Luken geöffnet, dann rumpelten die Kanonen vor, wie Bären, die nach langem Winterschlaf aus ihren Höhlen krochen. Noch hielten sich ihre Verbündeten bedeckt, waren jenseits der Landzunge außer Sicht. Doch schon bald würden sie in die Bucht einlaufen.
»Wie sieht es aus, Maestre Groferton?«, erkundigte sich Cearl bei dem Maestre, der mit angestrengter Miene neben ihnen stand.
»Es ist … wie ein Sog. Ich kann es nicht in Worte fassen. Als ob jeder Funken Vigoris aus mir herausgesaugt würde.«
»Geben Sie Ihr Bestes.«
»Ich werde mich bemühen«, entgegnete Groferton steif. »Aber ich befürchte, dass dieser äußerst erstaunliche Effekt meine ansonsten beträchtlichen Fähigkeiten stark einschränken wird. Das Zentrum, Thay, falls es Sie interessiert, befindet sich übrigens dort.«
Der kleine Mann wies mit verkniffener Miene auf das schwarze Schiff, das bislang keine Anstalten machte, seine Position zu verändern oder gar Segel zu setzen.
»Ich kann nicht wahrnehmen, dass Arsanum angewandt wird«, ließ sich Sellisher vernehmen. Der Caserdote wirkte nicht weniger verärgert als der Maestre.
Cearl nahm die Meldung mit einem Nicken entgegen. »Achten Sie vor allem auf unseren Schutz, wenn es recht ist«, wies er Sellisher an, dann wandte er sich nach vorn: »Segel reffen! Zwei Grad backbord!«
Beunruhigt blickte Roxane zur Küste hinüber. Der neue Kurs würde sie nahe an die Insel heranbringen.
»So nah?«, fragte sie Cearl leise, der jedoch nur eine wegwerfende Handbewegung machte: »Wir nutzen die Schwarzbrunn-Fregatte als Deckung. Die Mantikor hat niedrigen Tiefgang. So unterlaufen wir ihr Feuer. Sie können nicht lange auf uns feuern, ohne ihr eigenes Schiff zu gefährden.«
Tatsächlich hatte der Gedanke, sich nur so kurz wie möglich den großen Geschützen des Forts auszusetzen, einiges für sich. Dennoch hatte Roxane Bedenken: »Wir haben hier keine Karten des Gewässers. Soll ich jemanden mit einem Lot zum Bug schicken?«
»Keine Zeit. Leutnant Hedyn, ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie meine Befehle einfach weitergäben. Wir befinden uns im Gefecht, und ich hoffe doch, dass ich absoluten Gehorsam erwarten kann.«
»Natürlich, Thay«, entgegnete Roxane steif.
»Gut. Die
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