Sturmwelten 01
es so, unter ihm zu fahren?«
»Fast so beschissen, wie du aussiehst«, erwiderte Manoel grinsend. Er griff in den Tabakbeutel, den er um den Hals trug, und begann umständlich, eine Pfeife zu stopfen. »Er war noch nie ein besonders angenehmer Schiffskamerad, aber in letzter Zeit scheint ihm sein neuer Titel zu Kopf gestiegen zu sein. Und der ist nicht sehr groß, also musste der Verstand weichen.«
»Er ist hart«, warf Bihrâd ein. »Er treibt die Leute an, obwohl es nichts zu tun gibt, außer zu segeln. Und davon hat er nicht viel Ahnung.«
»Ihr tut mir richtig leid«, verkündete Jaquento aufgeräumt. »Ich dagegen habe ein gemütliches Plätzchen und kann mich ausruhen. Großartig, oder?«
»Was ist mit Pertiz geschehen?«, fragte Manoel, der die fertige Pfeife anzündete. Der aromatische Duft verbreitete sich in dem winzigen Raum und überlagerte den Gestank.
Lange blickte Jaquento die beiden an, bevor er antwortete: »Er ist tot. Deguay hat ihn umgebracht.«
Das war nur eine halbe Lüge. Gefangene können nicht wählerisch sein, wenn es um feine Nuancen der Wahrheit geht, beruhigte sich Jaquento. Moral ist etwas für jene, die sie sich leisten können.
»Warum?«
»Weil Pertiz an Deguays Führung gezweifelt hat. Der Käpt’n hat entschieden, den Sklaven nicht zu helfen. Das hat Pertiz nicht gepasst. Und mir auch nicht«, fügte Jaquento grimmig hinzu.
»Und warum bist du hier? Quibon macht ein Geheimnis daraus, als wärst du der König von Géronay, und er wolle dich für ein fettes Lösegeld verkaufen!«
»Ich denke nicht, dass Deguay wollte, dass ich als Gefangener ende. Er wollte mich am liebsten umlegen, nur sollte Quibon den dreckigen Teil der Arbeit erledigen. Als kleine Wiedergutmachung für unser Duell. Aber Deguay hat nicht mit Quibons Dummheit gerechnet. Oder mit seiner sadistischen Ader.«
Seine beiden Gesprächspartner wechselten einen Blick. Manoel zog nachdenklich an der Pfeife.
»Das ist übler Dreck, Mann«, murmelte er vor sich hin.
»Hört zu«, erklärte Jaquento und richtete sich wieder auf. Er sah sie eindringlich an. »Dieses ganze Unternehmen stinkt zum Himmel, und ihr wisst das. Pertiz war der Kapitän der Windreiter . Das hat Deguay nicht in den Kram gepasst, also hat er ihn abserviert. Freie Männer und Frauen? Dass ich nicht lache!«
»Mir gefällt es auch nicht«, entgegnete Manoel, und Bihrâd nickte stumm. »Aber was sollen wir machen? Quibon hat jetzt hier das Sagen, und Deguay unterstützt ihn. Du und Pertiz, ihr habt den falschen Leuten auf die Schuhe gepinkelt.«
»Hat Quibon neue Leute an Bord gebracht?«, wechselte Jaquento das Thema. Er konnte sehen, wie es in den beiden arbeitete, doch noch würden sie nichts unternehmen. Zu tief saß der Respekt vor Deguay und vielleicht die Angst vor Quibon.
»Eine Handvoll. Ansonsten wurde nicht viel verändert. Keine Zeit, denke ich. Wir sind ja gleich ausgelaufen.«
»Dann sind noch viele von der Wyrdem an Bord.«
Manoel streckte Jaquento die Pfeife entgegen. »Hier, das gibt gutes Mojo. Und Haare auf der Brust.«
Zweifelnd besah sich Jaquento die glatte Brust des jungen Maestre. Vorsichtig nahm er einen Zug. Einen Augenblick später brannten seine Lungen, und seine Augen tränten, als er Manoel die Pfeife zurückreichte.
»Es schmeckt eher, als ob die Haare an anderen Stellen wachsen würden«, erwiderte er.
Manoel lachte und zwinkerte ihm zu. »Gut möglich.«
»Jaq, wir werden dir helfen«, meinte Bihrâd plötzlich. »Wenn wir einen Hafen erreichen, lassen wir dich frei. Du kannst verschwinden und …«
»Und ihr«, unterbrach Jaquento ihn. »Bleibt ihr hier? Fahrt mit Quibon? Vergesst Pertiz und seine Ideen?«
»Wir sind keine Meuterer.« Manoels Stimme klang belegt, und er sah Jaquento nicht in die Augen.
»Für eine Meuterei bräuchte es einen Kapitän, der Anspruch auf den Titel hat. Quibon ist nur ein Schläger und Deguays Lakai. Pertiz ist Kapitän dieses Schiffs, und wenn er tot ist, muss neu gewählt werden.«
»Vielleicht«, erklärte Bihrâd.
»Ich will nicht nur aus diesem Dreckloch entkommen, ich will den Verrat, den Deguay und Quibon an Pertiz begangen haben, rächen. Ich will eine freie und ehrliche Wahl. Und ich will den Sklaven auf der Insel helfen!«
Während alle schwiegen, erkannte Jaquento, dass dies wirklich seine Ziele waren. Er würde eine Gelegenheit zur sicheren Flucht verstreichen lassen, um später vielleicht gegen Quibon vorgehen zu können. Er würde Himmel und Hölle in
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