Sturmwelten 01
Seite. – Nur was, zur Hölle, ist mit dem Signal los? Wozu haben wir einen Posten gegenüber, wenn diese Trottel dort keine Warnung geben?«
»Thay, schauen Sie«, erwiderte eine Soldatin statt zu antworten und wies hinab zu den drei fremden Schiffen. Dort war hektische Aktivität ausgebrochen. Selbst auf die Distanz sah Sinao, wie Menschen über das Deck liefen, dann wurden erste Segel gesetzt.
Erneut fluchte Tangye. »Was machen diese Affen da?«
»Sie greifen an«, antwortete die Soldatin mit Entsetzen in der Stimme.
»Das sehe ich selbst, du dämliches Stück! Holt den Leutnant, verflucht noch mal. Der soll endlich von den Sklavenweibern heruntersteigen, seinen Schwanz in die Hose packen und herkommen. Gebt Alarm. Geschütze klarmachen!«
»Thay, das ist eines von unseren Schiffen. Wir können doch nicht …«
»Schnauze! Hab ich dich nach deiner Meinung gefragt? Wir müssen. Sie hängen uns alle vom höchsten Turm des Forts, wenn die Marine das in die Finger kriegt, was sich auf dem Schwarzbrunn-Schiff befindet. Gebt Alarm!«
Hastig rannten einige Soldaten davon, und schon bald ertönte eine Glocke. Als Tangyes Blick auf Sinao fiel, wedelte er mit der Hand.
»Geh nach unten, Sin. Du und die anderen, ihr bleibt da. Keiner von euch verlässt die Küche. Ist das klar?«
»Ja.«
Ohne ein weiteres Wort nahm Sinao das Tablett und rannte die Treppe hinab. Unten im Hof musste sie erst einmal durchatmen, so sehr hatte sie das Gesehene erschüttert. Sie hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, doch jetzt kamen die Fremden und würden das Fort angreifen. Die Paranao würden auch kämpfen. Die Gedanken und Pläne rasten in ihrem Kopf. Ruhig stellte sie das Tablett auf den Boden und betrachtete ihre Hände. Sie zitterten nicht, nicht einmal ein wenig. Sie ging erst einen Schritt, dann einen zweiten besonnen in Richtung Tor, wo zwei Soldaten standen, die unruhig nach oben spähten. Als sie sich näherte, hob einer sein Gewehr und zielte auf sie.
»Keinen Schritt weiter! Was ist da drinnen los?«
»Mister Tangye schickt mich. Ein fremdes Schiff ist gekommen«, erklärte Sinao, ohne aufzublicken. »Ihr sollt auf die Mauer gehen.«
»Es hat einen Alarm gegeben. Unsere Position ist hier.«
Unsicherheit schwang in seiner Stimme mit.
»Mister Tangye sagt, er braucht jeden Mann und jede Frau. Es ist ein großes Schiff, und sie haben Kanonen. Das Tor ist doch zu.«
Das stimmte. Ein dicker Balken war vorgelegt worden, und von außen würde niemand ohne größere Anstrengungen in das Fort kommen. Ich bin es nur, Sinao. Die gute Sinao. Die treue Sinao. Eine brave Sklavin. Ich lüge nicht, ich bin eine gute Sklavin ,
dachte Sinao verzweifelt. Sie spürte das Dilemma, in dem sich die beiden befanden, und sie versuchte, das Ebenbild einer gehorsamen Sklavin zu sein.
»Wir können nicht …« Weiter kam er nicht, denn von der Bucht her ertönte ein dumpfes Grollen, wie ferner Donner, doch Sinao kannte das Geräusch: Kanonen.
»Verdammt«, zischte der andere Soldat. Er war kaum älter als Sinao, und sein Haar war braun und sein Gesicht weich. Sinao indes wusste, wie grausam er trotz seiner weichen Züge zu den Sklaven sein konnte.
»Geh du hoch, ich bleibe hier.«
Dankbar nickte der andere und nahm die Beine in die Hand. Unschlüssig blieb Sinao stehen, die Hand in der Schürzentasche um das Messer gelegt.
»Was für ein Schiff?«, fragte der Soldat. Erleichtert ging Sinao auf ihn zu.
»Ein großes. Ein Kriegsschiff, glaube ich. Ich kenne mich mit Schiffen nicht so aus. Es hatte vier Segel und drei Masten und Kanonen«, erklärte sie, während sie zu ihm trat. Sie sprach immer weiter, und ihre Worte klangen in ihren Ohren sinnlos: »Mister Tangye sagte, es sei eine Fregatte und dass die Marine hier sei.«
Der junge Soldat blickte sie ungläubig an. Sein Mund stand offen, und seine Überraschung wirkte irgendwie lustig. Ansatzlos zog Sinao ihr Messer und stieß zu, die Klinge nach oben gerichtet, in seinen Bauch. Noch immer sah er erstaunt aus, keuchte nach Luft. Er blickte sie an, als seine Beine nachgaben. Er sah aus, als wolle er sie etwas fragen, als würde er die Welt nicht mehr verstehen. Die Sklavin, die nun keine mehr war, zog das Messer heraus, als er zu stürzen drohte. Er klammerte sich an ihr fest, hob die andere Hand wie zur Abwehr, doch sie stach wieder zu, diesmal von oben in die Seite seines Halses.
In seinen Augen sah sie den Schmerz und die Angst, doch sie machte ihr Herz hart. Du hast uns geschlagen und
Weitere Kostenlose Bücher