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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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dem Poeten, dass er mit seiner Vermutung recht behalten hatte – sie standen im Hof des königlichen Palasts. Sie hatten unterwegs nicht angehalten, waren nicht angerufen worden, hatten sich nicht erklären müssen. Das ist wahre Macht. In den Palast kommen und gehen, wie es beliebt. Wie der Oberste der Hofmaler. Oder der Erste der Poeten.
    Während der Princiess würdevoll an der Spitze seiner Gefolgsleute die Stufen zum Palast emporstieg, genoss Franigo allein schon die Nähe zum Zentrum der Welt. Seine Sinne waren von der wunderbaren Architektur des Schlosses geradezu benebelt, von den akkurat gestutzten Büschen und Hecken, dem berühmten Springbrunnen mit den Delphinen und Nymphen und den beiden letzten belebten Statuen. Einst hatten diese – nackten Kriegern der Vorzeit mit Helm, Speer und Schild nachempfundenen – Kolosse die Paläste der Nigromantenkaiser bewacht, bis Corban ihnen, als sie ihn zerquetschen sollten, mit einer Handbewegung die Vigoris und damit das Leben nahm. Nur wenige Figuren waren den Wirren des Bürgerkrieges nach Corbans Tod entgangen, und sie waren unschätzbar wertvoll.
    Überall wurden die Trümmer der alten Wächter feilgeboten, denn angeblich hatte Corban sie selbst berührt und sie so zu heiligen Reliquien werden lassen. Man sagte ihnen Heilkräfte nach und dass sie angeblich Schutz vor Daemonen und finsterer Magie boten.
    Im Laufe seiner Reisen und seines Diensts in der Armee hatte Franigo wohl genug Steinsplitter und Brocken gesehen, um daraus ein ganzes Heer von Standbildern errichten zu können. Auch Imerol hatte einen kleinen Splitter an einer Lederschnur um den Hals getragen. Immerhin, krank ist er nie geworden, dachte Franigo, nur die Daemonen der Spielsucht haben ihre Fänge in seinen Leib geschlagen.
    Diese beiden Statuen hier waren jedenfalls echt, Überbleibsel einer legendären Zeit, als das Arsanum alles beherrschte und die Ersten seiner Anwender Götter auf Erden waren. Hin und wieder bewegten sie sich, blickten umher, wechselten das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, als gälte es, ihre steinernen Muskeln zu entlasten.
    Dann wurde die Tür geschlossen, und die Kutsche fuhr wieder los. Trunken vor Glück, lehnte sich der Poet zurück, genoss die weichen Polster der Bank, den Funken Macht und Einfluss, der auf ihn übergesprungen war.
    Und natürlich würden seine neuen Aufträge Geld mit sich bringen, vermutlich Gold, mit dem er endlich einen angemessenen Lebensstil pflegen konnte. Und wenn der einzige Preis dafür der Zorn eines alten Kämpen ist, der vermutlich niemals ein Theater aufsucht, dann will ich ihn willig entrichten. Ruhm und Ehre waren nun aus ihren himmlischen Sphären auf die schnöde Welt herabgestiegen und saßen zu seiner Linken und Rechten.
    Derart beschwingt und von kommenden glanzvollen Tagen fabulierend, musste Franigo kurz an die Worte der kranken Frau im Bettlerpalast denken. Hat sie womöglich tatsächlich wahr gesprochen, angeregt durch den Traumstaub und mein günstiges Schicksal?
    Seine Gedanken verweilten nicht lange in der Vergangenheit, sondern rasten in die Zukunft, die um so vieles besser zu werden schien.

JAQUENTO

    An einem der unzähligen, namenlosen Eilande gingen die Wyrdem und die Todsünde vor Anker, vor Wind und Strömung geschützt. Die beiden Schiffe lagen in Rufweite voneinander, und Jaquento konnte die Aufregung, die in der Luft lag, beinahe mit Händen greifen.
    Die bevorstehenden Ereignisse beschäftigten die Mannschaft; es bildeten sich Grüppchen, in denen heftig gestikuliert und debattiert wurde, und einige der Seeleute hatten offensichtlich ihre besten Sachen inklusive aller Waffen angelegt, auch wenn das bei manchen eher eine kuriose Wirkung hatte.
    Mit einem Becher verdünntem Wein lehnte Jaquento an der Schanz und sah hinüber zur Wyrdem , wo die Besatzung fast vollständig an Deck war und die Boote klarmachte. Hellwach und aufmerksam saß die Echse auf seiner Schulter.
    »Ich sollte dir wirklich einen Namen geben. Aber das wird kein Kosename«, murmelte der junge Hiscadi und hob drohend den Zeigefinger. »Vor allem nach den Scherereien, die du mir gestern Nacht gemacht hast!«
    Die Echse starrte den Finger unbekümmert an und leckte dann blitzschnell mit ihrer langen Zunge darüber, als erwarte sie eine Leckerei. Als sie jedoch nichts schmeckte, legte sie den Kopf enttäuscht auf Jaquentos Brust.
    »Du hast dir nichts verdient. Rahel hätte dir beinahe den Kopf abgerissen!«, erklärte der junge Hiscadi

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