Sturmwelten 01
einem akkuraten Salut.
»Willkommen an Bord der Mantikor , Thay. Mein Name ist Cearl Frewelling. Ich bin der Erste Offizier des Schiffes.«
»Hoch… erfreut«, erwiderte Roxane und unterdrückte das Bedürfnis, sich zu räuspern oder gar zu würgen. »Leutnant Roxane Hedyn meldet sich wie befohlen zum Dienst, Thay.«
Die Worte kamen keinesfalls so zackig heraus, wie sie es sich gewünscht hätte. Vorsichtig griff Roxanne nach einem Tau der Wanten und hielt sich fest, den Blick starr auf den Horizont gerichtet. Sie konnte den Schweiß spüren, der ihr auf die Stirn trat, die feuchten Innenflächen ihrer Hände. Zum Glück würde der Regen jegliche Spur ihres Unwohlseins verwischen, wenn sie sich nur beherrschen konnte.
»Roxane«, erwiderte Leutnant Frewelling aufgeräumt, »das ist aber ein ungewöhnlicher Name, nicht wahr? Aus dem Süden?«
»Mein … mein Vater hat die südlichen Kolonien und die Mauresken Städte bereist. Er ist Arzt und hat eine Vorliebe für die dortige Kultur.«
»Der Name stammt von dort?«
Misstrauisch blickte Roxane den Offizier an, doch sie sah nur ehrliches Interesse in seinen Augen.
»Ja. Eine mythische Königin, die unter einem der gewaltigen Bauwerke dort schlafen soll, nur um in Zeiten der Not wiederaufzuerstehen und dem Land zu helfen. Mein Vater war von der Geschichte sehr angetan«, erläuterte sie und fügte etwas zu spät ein »Thay« hinzu. Lächelnd nickte ihr Frewelling zu und wandte sich dann an die Seeleute, die gerade eben Roxanes Gepäck an Bord gehievt hatten.
»Schafft das in die zweite Kammer. Vorsichtig, Mann!«, herrschte er einen der Seemänner an, der sich allzu ungeschickt anstellte und die Kiste über die Reling schaben ließ.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zum Niedergang, und der Kapitän betrat das Deck. Sofort nahm jede Frau und jeder Mann in Sichtweite Haltung an, und auch Roxane straffte die Schultern. Kapitän Harfell war eine Legende unter den ohnehin berühmten Fregattenkapitänen. Seine Reputation war tadellos, seine Erfolge mit der Mantikor allein während ihrer letzten Reise bereits Legende. Roxane schluckte, als sie den Blick des grauhaarigen Mannes auf sich spürte. Seine hellen Augen musterten sie, doch sein Antlitz gab nicht preis, zu welchem Ergebnis er gekommen war.
»Leutnant Hedyn? Das wurde aber auch verdammt noch einmal Zeit«, polterte der Kapitän.
»Ich bin sofort nach Erhalt meiner Order abgereist, Thay«, protestierte Roxane schwach.
»Ach, Sie meine ich nicht. Diese verfluchten Affen von der Verwaltung haben mir schnellen Ersatz für Leutnant Porde zugesagt, und wie lange musste ich warten? Drei Wochen!«
»Tut mir leid, Thay.«
Doch der Kapitän schien sie gar nicht zu beachten, sondern warf einen Blick über die Reling, dann verfinsterte sich sein Gesicht: »Schafft dieses Boot von meinem Schiff weg! Dieses Pack, das einem ehrlichen Seefahrer noch den letzten Sechsling aus der Tasche zieht!«
Mit einer Zornesfalte zwischen den Brauen beobachtete der Kapitän, wie die Ruderinnen ablegten und sich vom Schiff entfernten. Verwirrt blickte Roxane zu Leutnant Frewelling, der seinerseits mit unbeteiligter Miene in die Ferne blickte.
»Das nächste Mal signalisieren Sie vom Ufer, Leutnant, dann senden wir Ihnen die Pinasse. Diese Blutegel dulde ich nicht in der Nähe meines Schiffes!«
»Aye, aye, Thay!«, erwiderte Roxane pflichtbewusst. Unvermittelt löste sich der Zorn aus Harfells Zügen, und er verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
»Sie haben in der Schlacht vom Delta des Tarnt auf der Königin Leofwyn gedient, nicht wahr?«
»Korrekt, Thay.« »Ein großer Sieg. Ich habe gehört, dass Sie verwundet wurden, ebenso wie der Admiral. Er soll Sie selbst für das Offizierspatent vorgeschlagen haben.«
»Mir wurde diese Ehre zuteil, Thay«, bestätigte Roxane.
»Dann schweigen Sie nicht, Leutnant, erstatten Sie uns Bericht!«
»Thay?« Roxane sah ihren Kapitän fragend an, der auffordernd mit dem Kopf nickte: »Die Details der Schlacht. Wir alten Kanalheringe sind an solch prestigeträchtigen Kämpfen gewöhnlich nicht beteiligt.«
»Nun, Thay, der Admiral hatte Bericht erhalten, dass die vereinte géronaische und hiscadische Flotte im Delta vor Anker lag. Sie fühlten sich anscheinend im flachen Wasser unter dem Schutz der Festungen von Sengier sicher. Wir sind mit der Dämmerung in die Bucht eingelaufen; zehn Linienschiffe und zwei Briggs gegen vierzehn Linienschiffe und drei der großen
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