Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
erklärte er, sah sich dann um und fügte hinzu: »Zumindest ein paar Scheite. Aber Feuer müsst Ihr machen, und ich denke, dass Ihr dazu auch in der Lage seid, Erschöpfung hin oder her. Schließlich wollt Ihr Eurer angegriffenen Gesundheit nicht noch weiter schaden, oder?«
Zur Antwort knurrte Groferton nur und wedelte mit der Hand. Roxane deutete die Geste als Zustimmung und erhob sich. Ihre Beine fühlten sich an, als seien sie aus Pudding, doch sie zwang sich, diese Schwäche zu ignorieren.
»Ich helfe Ihnen.«
Jaquento nickte ihr zu und setzte das Reptil vorsichtig auf
den Boden. Er blickte es kurz an, als höre er ihm zu, dann zuckte er mit den Schultern.
Sie entfernten sich ein Stück von den Klippen und stiegen in das Hinterland hinab, um dort bei den Sträuchern nach Holz zu suchen. Im Windschatten der Felsen war es bereits kalt gewesen; jetzt offen dem Wind ausgesetzt zu sein, machte die Sache nicht besser. Roxane begann zu zittern und konnte nicht damit aufhören. Als sie einen Blick zu dem Hiscadi hinüberwarf, stellte sie fest, dass es ihm nicht besser ging. Er war ohne sein Hemd an Land gespült worden und fror nun nicht weniger erbärmlich als sie. Ebenso wie sie selbst hatte er sich die Hände an den Felsen aufgeschürft und fluchte leise, als er das Blut an den Fingern sah.
Sie wollte mit Jaquento reden, den Moment des Alleinseins nutzen, aber ihr wollten die richtigen Worte nicht einfallen, und sie suchte vergeblich nach Formulierungen, um ihre Gefühle auszudrücken. Der verfluchte Dreckskerl hat mir gegen meinen Willen das Leben gerettet. Sie wollte ihm danken, dann wieder wollte sie ihn beschimpfen, wollte ihn verspotten und dann loben. Doch statt irgendetwas von alldem zu tun, schwieg sie.
»Sobald wir uns aufgewärmt haben, müssen wir aufbrechen. Das Gefecht wird von den Leuten hier nicht unbemerkt geblieben sein«, stellte der Freibeuter fest. »Das Wetter schützt uns vielleicht eine Weile, und man wird vor allem im Süden nach Überlebenden suchen, aber allzu viel Zeit können wir uns trotzdem nicht lassen.«
Sie war geneigt, ihm zuzustimmen, doch sie wusste auch, wie gering ihre Chancen auf eine Flucht standen. »Wenn die Géronaee erfahren, dass hier eine thaynrische Fregatte gesunken ist, werden sie alles absuchen lassen. Ich sollte zu meiner Besatzung gehen, damit ich bei der Gefangennahme für sie sprechen kann. Ich …«
»Gefangennahme? Meséra, daran wird nicht gedacht. Dort befindet sich die Todsünde , mit der Ladung der Totwey an Bord, und wir werden die Jagd nicht aufgeben, bis wir sie gestellt haben!«
Beinahe hätte Roxane gelacht, aber ihre Erschöpfung war stärker als ihr Sinn für Humor.
»Sie sind ein Träumer, Jaquento. Man wird uns festsetzen, noch bevor zwei Tage verstrichen sind. Selbst wenn wir entkommen, sind wir hilflos, mittellos gestrandet in einem fremden Land, und Deguay verfügt über ein Schiff. Wie wollen Sie ihn verfolgen?« Sie schüttelte müde den Kopf. »Nein, ich muss andere Pläne schmieden. Ich muss mich um meine Leute kümmern.«
»Ihr habt nicht einmal mehr eine Uniform, Meséra«, entgegnete der Hiscadi mit mildem Spott in der Stimme. »Geschweige denn Leute, die dieser Uniform folgen könnten. Mein Plan ist besser als der Eure; wir werden einen Weg finden. Wir müssen einen Weg finden!«
Sie wollte ihm entgegnen, dass es nicht die Uniform war, die sie zu einer Offizierin machte, und dass sie Verpflichtungen hatte, auch jetzt noch, aber da sah sie seinen Blick und schwieg. Sie liefen noch hundert Fuß, bis sie die ersten Büsche erreichten. Es gab nur wenig abgestorbenes Holz, und die Äste waren nicht dick, aber für ein kleines Feuer mochte es genügen.
Als sie jeder einen Armvoll hatten, deutete Jaquento in Richtung ihres winzigen Lagers. »Wir wärmen uns kurz auf, dann brechen wir auf. Kleidung und Proviant können wir wohl unterwegs besorgen. Dann sehen wir weiter.«
»Sie wollen Kleider und Brot stehlen?«
»Nein, Meséra, requirieren oder wie immer das Eure Marine nennen würde. Von mir aus auch plündern, das ist ehrlicher. Das hier ist Hiscadi, schon vergessen? Der Feind …«
»Ich benötige Ihre Hilfe nicht, um meine Feinde zu erkennen«, erwiderte sie kühl. »Aber dennoch vielen Dank.«
Er schaute sie an, wütend, wie sie annahm. Dann blickte er über ihre Schulter und fluchte vernehmlich. Als sie sich umwandte, erkannte sie, warum. Zwei Berittene näherten sich mit wehenden Mänteln im schnellen Schritt. Sie
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