Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
folgten der Linie der Küste auf dem parallel verlaufenden Weg. Die hohen Tschakos mit den Federbüschen ließen nur einen Schluss zu.
»Soldaten der géronaischen Kavallerie«, bestätigte Jaquento ihren Verdacht, dann ließ er das Holz fallen. »Tut genau, was ich sage, und handelt, wenn ich handle.«
Anstatt vor den Reitern davonzulaufen oder sich zu verstecken, trat er ihnen breit lächelnd entgegen, als sie ihre Tiere kurz darauf einige Fuß von ihnen entfernt zum Stehen brachten. Das Misstrauen in ihren Mienen war unverkennbar, und jetzt zeigte sich auch, dass hinter dem Rücken des zweiten Kavalleristen noch ein weiterer Mann saß. Er trug die pompöse Uniform eines Offiziers der géronaischen Marine.
Unvermittelt war Roxane froh, dass sie alle identifizierbaren Bestandteile ihrer Uniform im Wasser abgestreift hatte.
»Erklärt Euch«, forderte der vorderste Reiter auf Géronaisch und zog seinen Säbel. Seine Koteletten rahmten ein schmales, längliches Gesicht ein, und seine hellen Augen lagen unter dichten Brauen. Er funkelte sie an, und es war offensichtlich, dass er nicht zögern würde, sie niederzureiten, wenn ihm die gewünschte Erklärung nicht passte.
»Ah, Mesér, wir sind so froh, dass Ihr uns gefunden habt. Wir hatten schon befürchtet, dass uns ein unseliges Ende in kalter Nacht ereilen würde.«
»Wer seid Ihr?«
»Ich bin Jaquento, vom ehemals stolzen Schiff … Totwey «,
erklärte er, und Roxane war einen Moment in Sorge, dass sein kurzes Zögern womöglich nicht unbemerkt geblieben war. »Wir haben Schiffbruch erlitten.«
Ungewollt wanderte ihr Blick zu dem Seeoffizier, der sie eindringlich musterte. Ich habe dein Schiff versenkt , schoss es ihr durch den Kopf, aber sie schlug die Augen nieder und schwieg. Jaquento hingegen redete wie ein Wasserfall: »Die verfluchten Thayns haben uns angegriffen. Bei diesem Wetter! Ihre Kapitänin muss eine Wahnsinnige sein!« Noch während er das sagte, fiel ihm wohl sein Fehler auf, denn er fuhr noch schneller fort: »Ich meine, vielleicht war es eine Kapitänin; die Thayns haben ja keine Hemmungen, Weibern den Oberbefehl anzuvertrauen, kein Wunder also, wenn sie wie Furien über uns herfallen.«
Noch immer misstrauisch, trieb der Kavallerist sein Pferd ein wenig an und näherte sich, aber wenigstens hatte er den Säbel gesenkt. »Kapitänin?«, fragte er und schüttelte den Kopf. »Woher …«
Weiter kam er nicht, denn Jaquento sprang vor, packte ihn am Arm, ließ sich einfach fallen, zwischen die Beine des Pferdes, und riss den Mann mit sich zu Boden.
Der andere Kavallerist fluchte laut und zog seine Waffe. Roxane schleuderte ihm Äste entgegen, als er seinem Pferd die Sporen gab. Sie sah, wie Steine unter den Hufen davonspritzten, sah die geweiteten Augen des Pferdes, die geblähten Nüstern, hörte den Wind über die Klippen streichen. Im dämmrigen Licht wirkte die Klinge dunkel, selbst das goldene Heft glänzte nicht. Sie wollte sich zur Seite werfen, doch ihr kältestarrer Leib reagierte zu langsam. Der Säbel schoss durch die Luft auf sie zu.
Und prallte auf einen anderen, mit dem er zur Seite geschlagen wurde. Jaquento sprang neben sie und hieb mit der Waffe, die er erbeutet hatte, in die Seite der beiden Reitenden.
Ein Schrei ertönte, und die zwei Männer stürzten vom Pferd und rollten über den Boden.
Jetzt endlich gehorchte Roxanes Körper wieder ihren Befehlen, und sie rannte vor, zu dem Seeoffizier, der sich gerade wieder aufrappelte. Ihr Tritt traf ihn an der Schulter und warf ihn herum. Er hob die Arme zur Verteidigung, aber schon setzte sie nach, und der Spann ihres Fußes erwischte ihn genau an der Schläfe. Sie spürte eine Bewegung hinter sich und wirbelte herum, doch es war nur Jaquento, der ihr einen Säbel zuwarf.
»Ergeben Sie sich«, forderte Roxane auf Géronaisch und richtete die Waffe auf den Liegenden. Blut rann aus einer Wunde über seinem Auge. »Ich bin Kapitänin Roxane Hedyn von Ihrer Majestät Schiff Mantikor . Ergeben Sie sich, Thay, und Sie haben mein Wort darauf, dass Ihnen nichts geschieht.«
Er zögerte einen Moment, dann hob er die Hände und zeigte ihr die Innenflächen zum Zeichen seines Einverständnisses. »Ich bin Capitane LeSorre von der Unerschrocken . Ich nehme Euch beim Wort.«
»Das können Sie, Thay, das können Sie.« Sie nickte, um zu bestätigen, dass der Kampf hier zu Ende war.
Gerade wollte sie sich zu Jaquento umdrehen, da sagte LeSorre: »Ihr habt tapfer gekämpft, Capitane.
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