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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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er sich näherte, grüßten ihn respektvoll, und er wechselte einige Worte mit fast jedem. Dennoch war er allein; um ihn herum befand sich ein Kreis, in den niemand schritt. Alle hielten Abstand, selbst während er mit ihnen sprach. Er ist wie wir , dachte die junge Paranao. Wie ein Fremder auf seinem eigenen Schiff .
    Der Admiral baute sich am Ende des Achterdecks auf und streckte sich. Jetzt wirkte er größer, unnahbarer, weniger wie ein Mensch als wie ein leibhaftiger Ahne, der zurückgekehrt war, um ihnen den Weg zu weisen. Auch wenn Sinao nur wenig Kontakt zu ihrem Volk gehabt hatte, wusste sie, dass man die Alten ehren musste, für ihre Erfahrung und ihre Weisheit.
    Als der Admiral ihren Blick bemerkte, nickte er ihr zu. Einen Moment später winkte er sie zu sich heran. Neben Sinao lag Manoel auf dem Rücken, den linken Arm hinter dem Kopf verschränkt, die rauchende Pfeife in der Rechten und die Augen geschlossen. Unsicher erhob sie sich, aber der junge Maestre gab nicht zu erkennen, ob er es bemerkte. Sie lief über das große Deck nach hinten, zum Aufgang; unter ihren nackten Fußsohlen spürte sie das alte Holz, das so oft geputzt und poliert worden war, dass es sich nun ganz glatt anfühlte.
    Als sie die Treppe erklomm, trat ihr ein junger Soldat entgegen, der oben etwas abseits gestanden hatte. Seine helle Haut war gerötet, und ihm lief Schweiß über die Stirn. Acht
Tropfen funkelten in seinen rötlich blonden Augenbrauen, aber der Blick darunter war kalt.
    »Ist gut, Soldat«, rief Thyrane und kam Sinao einen Schritt entgegen. »Lassen Sie sie zu mir.«
    Der junge Mann salutierte und machte einen Schritt zur Seite, obwohl er sie immer noch misstrauisch musterte. Vorsichtig schritt Sinao an ihm vorbei, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Zu sehr erinnerte er sie an die Soldaten auf Hequia, auch wenn seine Uniform rot war. Doch die Farbe machte einen Menschen nicht anders, die Uniform schon, wie Sinao vermutete.
    Der Admiral lächelte, als sie zu ihm trat, und wies auf eine Stelle, die im Schatten lag.
    »Dort ist es kühler.«
    Gemeinsam stellten sie sich in den Schatten und beobachteten das Treiben an Deck. Sicherlich wusste er viel besser, was all die Menschen dort taten, aber die zugrundeliegende Ordnung, das reibungslose Zusammenspiel so vieler Hände und Füße faszinierte Sinao, auch ohne dass sie verstand.
    »Warst du schon einmal auf einem Vollschiff?«
    »Voll?«
    »So nennt man große Schiffe mit drei Masten. Wie dieses hier zum Beispiel. Die Segel sind an Rahen befestigt und viereckig, siehst du?«
    Natürlich sah Sinao das. Sie blickte ihn fragend an, und er lachte. »Verzeih mir, ich gerate schnell ins Schwätzen und erkläre zu viel. Selbstverständlich siehst du das. Du kannst zählen, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete sie misstrauisch, unsicher, wohin die Frage führte, aber er nickte nur befriedigt.
    »Warst du schon einmal auf so einem Schiff?«
    »Nur auf der Windreiter . Aber die war viel kleiner.«

    »Vermutlich«, pflichtete Thyrane ihr bei. »Kriegsschiffe sind oft groß, damit all die Waffen daraufpassen. Aber die Imperial ist eins der kleineren Vollschiffe. Die großen Linienschiffe sind noch viel größer.«
    »Und eure Cacique hat viele von diesen Schiffen?«, erkundigte sich Sinao neugierig.
    Jetzt war es an dem Admiral, nachzufragen: »Cacike?
    »Die Anführerin deines Stammes. Eure Herrin.«
    »Ah, die Königin. Ja, sie hat viele dieser Schiffe. Viele hundert, überall auf der Welt.«
    »Viele hundert«, staunte Sinao. »Wie viele?«
    »Oh, so genau weiß ich das nicht, aber das letzte Mal, als ich eine Liste gesehen habe, waren es über dreihundert vom ersten bis zum sechsten Rang und dann noch einmal so viele kleinere Schiffe. Aber da hatten wir gerade Frieden. Derzeit sind es bestimmt, nun ja, fünfhundert Vollschiffe.«
    Sinao versuchte, sich all diese Schiffe vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Sie waren riesig und höher als die höchsten Häuser in Lessan, und auf jedem waren Hunderte von Menschen. Mehr Menschen, als sie jemals gesehen hatte. Mehr, als es von einem Stamm geben sollte.
    »Du willst wirklich mit uns fahren?«
    Die Frage riss sie aus ihren Überlegungen, und sie nickte heftig.
    »Ein Kriegsschiff ist nicht unbedingt der richtige Platz für dich. Du bist jung …«
    »Hier gibt es Jüngere«, erwiderte Sinao schnell, »ich habe sie gesehen.«
    Thyrane brummte leise. »Das stimmt. Aber du bist nicht wie sie.«
    »Weil ich ein Halbherz bin?«
    »Ich

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