Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Einverständnis missmutig an die Mütze.
»Sie warten hier beim Dingi, wenn es recht ist«, wies er die beiden Seesoldaten und die Matrosen an, die sie hierher gerudert hatten. Dann bedeutete er Manoel und Sinao, ihren Führern zu folgen, die bereits begonnen hatten, durch den Sand davonzustapfen.
Der Weg zum Fort war nicht weit, und schon bald wich der Strand einem gepflasterten Vorplatz, von dem flache Treppen zur eigentlichen Festung hinaufführten. Der Admiral registrierte, dass das Fort gut besetzt war; auf den Türmen und auf
dem Wehrgang konnte er sicher zwei Dutzend gut bewaffneter Södner entdecken. Manchmal sahen sie auch Paranao durch Türspalten lugen, die vor allem Sinao neugierige Blicke zuwarfen. Einige Male glaubte Thyrane, die junge Frau würde stehen bleiben, um die Eingeborenen anzusprechen, aber dann folgte sie ihnen doch immer weiter, die Treppen hinauf und in ein quadratisches, graues Gebäude, das den inneren Wohnkomplex des Forts bildete.
Schließlich standen sie vor einer Tür aus geschwärztem Balsaholz, und einer ihrer Begleiter klopfte an.
»Herein«, beschied ihnen eine tiefe Frauenstimme, und der Söldner öffnete die Tür und ließ sie eintreten, ehe er zusammen mit dem zweiten Bewaffneten links und rechts der Tür Aufstellung bezog, ohne ihnen in den Raum zu folgen.
Das Zimmer, das sie betraten, war geräumig, aber nicht sehr hell, da sich nur in der Rückwand eine kleine Öffnung im Mauerwerk befand. Das fehlende Licht wurde durch einige Öllampen ausgeglichen, die den ohnehin schon warmen Raum noch weiter aufheizten. Beherrscht wurde der Raum von einem massiven Schreibtisch, an dem eine Frau saß. Sie war sehr schlank und hatte eisgraues, kurzes Haar, das ihren Kopf wie ein Helm umgab. Ihr Gesicht war von scharfen Falten geprägt, und sie musterte die Neuankömmlinge aus aufmerksamen, hellen Augen. »Ich bin Bailiff Malster«, stellte sie sich vor. »Und Sie sind Admiral …?«
»Thyrane«, erwiderte er knapp. »Und das sind meine Begleiter, Sinao und Manoel«, stellte er vor, obwohl die Bailiff nicht danach gefragt hatte.
Die Frau stand auf, und Thyrane konnte sehen, dass sie mager, fast ausgezehrt wirkte, so als litte sie an einer schweren Krankheit. Sie trug einen schlichten schwarzen Rock und einen ebenso dunklen Überwurf. Mit der Rechten wies sie auf eine Holzbank, die in eine Mauernische eingelassen war:
»Nehmen Sie doch Platz. Wie kann ich der Königlichen Marine zu Diensten sein?«
In ihrer Stimme schien ein leicht spöttischer Unterton mitzuschwingen. Während er sich auf der Bank zwischen seinen Begleitern niederließ, fragte sich Thyrane, warum ihre Gastgeberin so unhöflich war. Sie bietet uns nichts zu trinken an und lässt uns auf der Armesünderbank sitzen. Sie macht kein Geheimnis daraus, dass wir nicht willkommen sind .
Sinao saß so steif wie eine Statue auf der Bank, während der junge Maestre jede Einzelheit in sich aufzusaugen schien.
Thyrane räusperte sich und drehte seinen Gehstock zwischen den Knien hin und her. »Wir sind hier, weil ich eine Angelegenheit untersuche, in der möglicherweise die Interessen der Krone und die Interessen der Compagnie interferieren. Es geht um eine gewisse Schwarzbrunn-Fregatte, die in jüngerer Zeit in allerlei unerfreuliche Vorkommnisse verwickelt war, darunter auch in ein Seegefecht vor der Insel Hequia. Nun ist die Fregatte verschwunden, und wir wissen nicht, wohin. Nach allem, was ich gehört habe, hat diese Fregatte hier auf Rosarias Ladung aufgenommen, und ich wüsste nur zu gern, worum es sich dabei handelt. Zumal möglicherweise fremde, ja sogar feindselige Mächte involviert sind. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass dies eine überaus ernste Angelegenheit ist.«
Bailiff Malsters helle Augen durchbohrten den Admiral nun geradezu.
»Ich verstehe«, sagte sie langsam. »Und ich hoffe sehr, dass man Sie nicht den ganzen weiten Weg von Thaynric bis hierher geschickt hat, um einem Phantom nachzujagen. Ein schwarzes Schiff mit einer mysteriösen Ladung, von dem keiner weiß, wohin es fährt? Admiral, ich bitte Sie – in meinen Ohren klingt das nicht allzu überzeugend. Und was
bringt Sie zu der Annahme, ich wüsste, was Ihr Geisterschiff geladen hat?«
Bei den letzten Worten hatte sie die Stimme erhoben, so dass sie klang, als ob sie mit einem schwerfälligen Kind sprechen würde. Thyrane spürte, wie der Zorn in ihm emporstieg. Auf seiner Stirn hatten sich Schweißtropfen gebildet, und die stickige, zu
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