Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Exzellenz.«
»Das sind Bauern und Städter, die keine Schwielen an den Händen haben. Wenn die Kanonen donnern, fällt die
Hälfte von denen doch in Ohnmacht, und die andere nässt sich ein.«
Die raue Ausdrucksweise überraschte Franigo, auch wenn er den Worten zustimmen musste.
Sie ritten weiter, bis sie Franigos Zelt erreichten. Dort erwartete sie bereits eine kleine Delegation, in deren Mitte Alserras und Niara standen. Seine Geliebte hatte glücklicherweise noch die Zeit gefunden, sich anzukleiden, auch wenn ihre Haare nur einfach zusammengebunden waren und seinem kundigen Auge noch von den Vergnügungen der Nacht berichteten.
»Franigo«, rief sie und lief ihm freudestrahlend entgegen. »Ich wusste, dass du die Regimenter überzeugen würdest.«
»Ein Regiment«, erwiderte er bescheiden. »Nur das angesehenste von ihnen, mehr nicht.«
»Aber du musst schnell weiterreiten.«
»Weiter?« Zunächst dachte er, sie wolle ihn schicken, um mehr Regimenter zu holen, was ein derart lächerlicher Gedanke war, dass er den Kopf schütteln musste, dann aber fragte er ernst: »Wohin?«
»Ein Bote der Géronaee war hier. Sie wollen unsere Anführer sprechen.«
»Ah, die Konditionen der Schlacht werden festgelegt«, mischte sich Jiménos ein und bedachte Niara einen Augenblick zu lang mit einem freundlichen Lächeln, das dem Poeten anzüglich, wenn nicht gar lüstern erschien. »Ich sollte dem Heerführer unserer Feinde entgegentreten.« Mit einem Zwinkern fügte er, an Niara gewandt, hinzu: »Und danach hoffe ich, Eure Bekanntschaft viel ausführlicher machen zu können, mein Kind!«
»Ich komme mit Euch«, beeilte Franigo sich zu sagen. Schon ritt der Duquo weiter, führte sein Pferd geschickt an Menschen, Zelten und Gerät vorbei, und dem Dichter fiel es
schwer, ihm zu folgen. Dennoch holte er den Mann schließlich auf dem freien Feld ein und ritt direkt neben ihm. Sicherlich war dies unhöflich, wenn man den Stand des Duquo bedachte, andererseits hatte dieser Franigos Ehre auch nicht sonderlich pfleglich behandelt.
Doch je näher sie dem Lager der Géronaee kamen, desto mehr traten die Fragen von Ehre und Stolz in den Hintergrund, um einem unbestimmten Gefühl von Untergang und Katastrophe zu weichen. Erst von dieser Position aus konnte Franigo die gewaltige Größe des gegnerischen Lagers einschätzen. Auch Jiménos war sichtlich berührt von diesem Anblick, denn er zwirbelte seinen Bart und murmelte: »Bei der Einheit. Die Bastarde wollen es wirklich wissen.«
»Das müssen vier oder fünf Regimenter sein«, vermutete Franigo, aber der Duquo schüttelte den Kopf.
»Eher sechs. Und schaut dort!« Seine Stimme klang angespannt, als er zu den Geschützen der Géronaee wies. »Zwei Batterien mittlere Artillerie und mindestens eine schwere.«
»Wie viel Artillerie könnt Ihr ins Feld führen, Exzellenz?«
»Eine Batterie. Und die ist leicht, Mesér, nur leichte Geschütze, einige Mörser und eine Handvoll Haubitzen. Wir mussten viel zurücklassen, als wir losmarschiert sind.«
»Keine Deckung«, merkte Franigo an, der sich das künftige Schlachtfeld ansah. »Nur offenes Gelände.«
Schweigend ritten sie weiter. Sie beide wussten, dass ihre Chancen schlecht standen.
Ein kleiner Trupp kam ihnen entgegen, nicht zu Pferd, sondern zu Fuß, wie der Poet erstaunt bemerkte. Als sie näherkamen, entpuppten die Gestalten sich als einfache Soldaten und niedere Offiziersränge, eine Kränkung, die Franigos Stolz herausforderte und jeden seiner Gedanken an die Ratsamkeit einer Kapitulation im Keim erstickte. Hoch aufgerichtet, baute er sich auf dem Pferd auf und sah auf das Grüppchen hinab.
Wenn die Géronaee nur einfachen Pöbel als Unterhändler schickten, dann würde er sie entsprechend behandeln.
»Wir entbieten die Grüße der Regimentsräte«, erklärte ein kleiner, bebrillter Mann in der Uniform eines Sergente. »Wir bitten um die Erlaubnis, uns mitsamt unserer Feldzeichen vom Schlachtfeld zurückziehen zu dürfen.«
»Räte?«, stammelte Franigo verwirrt, ein einziges Mal um Worte verlegen. »Rückzug?«
»Ja. Die freien Géronaee entsenden brüderliche Grüße an das stolze hiscadische Volk. Auch wir haben uns vom Joch des ungerechten Despotismus befreit und sehen voller Freude den Zeiten entgegen, da wir gemeinsam mit unseren Brüdern in eine neue Zeit marschieren werden, wider die Tyrannen dieser Welt!«
Franigo wusste, was die Worte bedeuteten, die an seine Ohren drangen, allein, er konnte ihnen nicht
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