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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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mehr als genug Platz für alle, die in ihren Freiwachen an den Gelagen teilhaben konnten, und noch hatten sie es trotz aller Bemühungen nicht geschafft, die Vorräte des Admirals aufzubrauchen. Vor allem die exzellenten Spirituosen, die Thyrane mit an Bord gebracht hatte, verfehlten ihre Wirkung nicht. So bin ich weniger eine Belastung, als vielmehr eine gern gesehene Person , dachte Thyrane insgeheim, wenn er die gelöste Stimmung in seinem oft bis zum Bersten gefüllten Quartier betrachtete. Die Mannschaft mit Rum, Branntwein, Bier und Wein bei Laune zu halten war einer der ältesten Tricks der Seefahrt; Gleiches bei den Offizieren zu erreichen, erforderte ein wenig mehr Fingerspitzengefühl.
    »Auf die Königin«, prostete in diesem Augenblick Leutnant Fallton, dessen Wangen bereits gerötet und dadurch fast von der gleichen Farbe wie sein widerspenstiges, lockiges Haar waren, den anderen zu. Heute fiel die Ehre ihm zu, und alle hoben ihre Gläser und erwiderten den Toast.
    »Auf uns selbst«, hub Thyrane an. »Da wohl wenig wahrscheinlich
ist, dass jemand sonst sich um unser Wohlergehen schert!«
    Das Gelächter der anderen wurde von gemurmelten Erwiderungen unterbrochen. Belustigt sah der Admiral in die Runde. Die Stimmung an Bord war gut, die Offiziere mochten und vertrauten einander. Die Wahl der Imperial war offensichtlich richtig gewesen.
    Der Junge, der ihnen gemeinsam mit dem Steward des Kapitäns aufwartete, musste grinsen, obwohl er sichtlich bemüht war, seine Züge regungslos zu halten. Thyrane zwinkerte ihm zu. Der Dienst an seinem Tisch bedeutete weniger freie Zeit für die jüngsten Mitglieder der Bordgesellschaft. Und Freizeit war bei diesen ohnehin spärlich gesät. Der einzige Grund, warum der Posten des Stewards dennoch halbwegs begehrt war, lag darin, dass er nicht nur mit Prestige verbunden war, sondern gleichzeitig für die Fähnriche mancher Essensrest abfiel, der die gewöhnliche Verpflegung an Bord bei Weitem übertraf.
    »Thay, haben Sie wirklich einmal einen Offiziellen als Geisel genommen?«, fragte Leutnant Tarren eben, die dritte Offizierin der Fregatte. Die Frau war bereits älter, als auf diesem Posten zu erwarten, sicherlich Ende dreißig, und die Tatsache, dass sie im Dienstalter hinter den anderen beiden Leutnants stand, warf ein düsteres Licht auf ihre Karriere. Ihr Gesicht war von Linien durchzogen, die vom rauen Leben an Bord von Kriegsschiffen noch markanter geschliffen worden waren.
    »Nun, so ganz stimmt das nicht«, entgegnete Thyrane jovial. »Eigentlich wurde ich verhaftet und musste aus dem Gefängnis fliehen.«
    Gejohle beantwortete seine Erklärung, und einige Offiziere ließen sich schon mehr Portwein nachschenken, in Erwartung einer Geschichte. Selbstverständlich enttäuschte der Admiral sie nicht: »Die Sache ist eigentlich kaum der Erwähnung
wert. Das muss jetzt bald zwanzig Jahre her sein. Wir hatten im Kanal einen fetten Fisch geangelt, einen Händler voll mit Stoffen und Gewürzen aus dem Osten. Ein schmuckes Schiff noch dazu, Vollschiff, gerade frisch kalfatert und noch kein Jahr alt. Die Hübsche fuhr unter falscher Flagge, aber wir haben den Braten gerochen und sie aufgebracht. Leider waren auch noch andere aufgebracht, namentlich ein kleines Geschwader géronaischer Fregatten, die uns auf die offene See jagten. Wir spielten zwei Tage lang mit ihnen Katz und Maus, bis wir sie in der Nacht abhängten. Der nächste Hafen zu diesem Zeitpunkt war Marcuda.« Hier machte der Admiral eine dramatische Pause, die sich bei früheren Erzählungen der Geschichte als höchst wirkungsvoll erwiesen hatte.
    »Meine Damen und Herren, Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie es damals dort aussah. Kein schmucker, ausgebauter Hafen, sondern ein sandiges Rattenloch, das so oft in andere Hände gewechselt hatte, dass vom Fort kaum mehr als Ruinen übrig waren.
    Wie dem auch sei, wir gingen also vor Anker, ich setzte über an Land und meldete dem Prisenmeister unseren Fang. Und der Kerl besaß doch glatt die Frechheit, uns das Prisengeld streitig zu machen. Angeblich weil der Händler kein Géronay gewesen sei, sondern neutral.«
    Der Admiral sah in die Runde. Die Blicke der Offiziere hingen an seinen Lippen. Er sah Abscheu in ihren Augen: Ehrlichen Seeleuten ihre hart erkämpfte Beute vorzuenthalten war für sie ein Kapitalverbrechen. Und natürlich schimpften sie über die Landbewohner, die Dockarbeiter, die Offiziellen, die Magistraten und Gouverneure, die ein

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