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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Stimmen der Besatzung wurden erst gedämpft, dann erstarben sie nach und nach, als Furcht die Männer und Frauen ergriff. Die Macht der Maestre rief immer Angst und Aberglauben hervor. Manchmal konnte dies störend sein, doch jetzt kam es ihrem Vorhaben sehr entgegen.
    »Noch machen wir gute Fahrt«, erklärte Deguay mit leiser Stimme.
    Der Drang zu flüstern, wenn man vom Nichts umgeben war, erfasste auch die Maestra, doch sie widerstand ihm. »Die Thayns werden uns suchen. Ihre Maestre und Caserdote sind bereits aufmerksam.«
    »Das ist Eure Aufgabe, werte Dame. Ich kümmere mich darum, den weltlicheren Augen und Ohren zu entgehen.« Tareisa lächelte, als sich Deguay vor ihr verneigte und seinen Hut zog. »Eure Kunst ist jedoch ganz unabhängig vom Ausgang dieser Sache außerordentlich beeindruckend.«
    Dann wandte Deguay sich ab. Nun war seine Stimme lauter, und sie durchdrang den Schleier des Nebels: »Wir sind ein Schatten, der durch ihre Reihen gleiten wird, ungesehen
und ungehört. Dennoch machen wir das Schiff klar zum Gefecht, meine Tapferen!«
    Nackte Füße liefen über Planken, Schemen bewegten sich im Nebel, aber Tareisa beachtete die leise Geschäftigkeit kaum. Das Schiff war die Sache des Capitane. Und die Vigoris die ihre, wie er so treffend bemerkt hatte.
    So stand sie an der Reling und ließ ihren Geist vorsichtig in die Wand aus Vigoris fließen, die sie gewoben hatte. Was den Nebel aus dem Wasser hob, gab ihr nun neue Sinne, deren Reichweite sich bis zur Küste erstreckte. Die Eindrücke drängten auf sie ein, drohten ihren Geist zu überwältigen, doch sie stemmte sich dagegen, konzentrierte sich auf einzelne Aspekte. Sie spürte die kühle See, die Brise, die an ihrem Nebel zerrte. Fische, die unter der Oberfläche schwammen, im Dunkel des Meeres. Und Schiffe, deren hölzerne Rümpfe wie Eindringlinge wirkten. Diese Kolosse aus Holz zogen Tareisas Aufmerksamkeit an. Sie bewegten sich scheinbar langsam, doch zielsicher.
    Wie die Perlen einer Kette lagen sie vor der Todsünde und der Küste. Sie folgten den Anweisungen ihrer Befehlshaber, die ihr Wissen aus der Erfahrung sogen, und segelten in Richtung Land, zogen das Netz so enger, um jedes Durchdringen ihrer Kette zu verhindern. Vielleicht sorgten sie sich um die Segel am Horizont, doch ihre Wachsamkeit würde vor allem dem Hafen gelten. Dort lag ein Dutzend Linienschiffe der Hiscadi vor Anker, gefangen im Schutz der eigenen Befestigungsanlagen. Voll bemannt und unter Segeln, stellten diese Schiffe eine Gefahr für die Thayns dar. Nichts fürchteten diese mehr als den Ausbruch einer Flotte: Die hiscadischen Schiffe wären stark genug, um die Blockadegeschwader vor anderen Häfen anzugreifen und zu vertreiben, und so könnte ein einzelner Ausbruch mehr und mehr nach sich ziehen, bis sich die géronaisch-hiscadische Flotte schließlich wieder
vereint hätte. Und während die Thayns ihre Kolonien überall auf der Welt schützen mussten, ihre Seewege und Handelsschiffe, die Lebensadern ihres gewaltigen Reiches, konnte eine solche Flotte dort zuschlagen, wo die Verteidigung schwach war – oder den Landungsbooten der géronaischen Regimenter eine Passage über den Kanal erkämpfen. Einen Durchbruch zu verhindern war das oberste Ziel der Blockade, genau wie Deguay es vorhergesagt hatte.
    Aber noch waren die Sinne einiger Maestre und Caserdote auf den Schiffen der Thayns auf die offene See gerichtet. Sie mussten wissen, dass die Magie von dort gewirkt wurde. Sie würden aufmerksam in den Nebel starren, doch es waren nicht ihre Augen, die sie angestrengt benutzten.
    Mit einem Schrei löste Tareisa einen Strahl von Vigoris aus, der in die graue Wand fuhr, unsichtbar für gewöhnliche Augen. Die Vigoris war roh und ungeformt, mehr animalisch freigesetzt, als vom Intellekt gesteuert, doch die Maestra wusste, welche Gewalt sie entfesselt hatte. Ihre Sinne kehrten zu ihr zurück, als die Entladung entlang des Gewebes durch den Nebel schlug. Tareisa schloss sich für alle Empfindungen und für die Vigoris. Doch jene, die auf anderen Schiffen nach ihnen suchten, ahnten noch nichts. Sie würden keine Warnung erhalten, bevor dieser gewaltige Schwall von Vigoris über sie hereinbrach.

THYRANE

    Im Laufe der Überfahrt hatten sich die Offiziere anscheinend an ihren außergewöhnlichen Gast gewöhnt. Thyranes Angewohnheit, sie häufig zum Essen in seine Kajüte einzuladen, hatte daran sicher einen großen Anteil gehabt. Da er selbst allein reiste, bot der Tisch

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