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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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welches Thema soll ich mich mit Ihnen streiten?«, erkundigte sie sich nun auf Deutsch, wobei sich ihr leichter niederländischer Akzent nicht verbergen ließ.
    »Was verleitet Sie und Ihre Schwester, sich in diesen unruhigen Zeiten in Frankreich aufzuhalten? Sie gelten als Deutsche! Ich nehme nicht an, dass Sie in den vergangenen Jahren Ihren Scharfsinn eingebüßt haben und nicht wissen, wie angespannt die politische Situation zwischen Deutschland und Frankreich derzeit ist.«
    »Muss ich mir jetzt erst einmal Gedanken darüber machen, ob Sie mich gerade beleidigt haben?«
    »Demy, Sie machen sich jetzt besser Gedanken darüber, wie Sie und die junge Frau Meindorff diesem Land schnellstmöglich den Rücken kehren.«
    Demy rümpfte erneut die Nase. Philippes Tonfall klang für ihren Geschmack zu herrisch. Außerdem ärgerte es sie, dass er sie noch immer beim Vornamen nannte, wenngleich er sie nun zumindest mit »Sie« ansprach.
    »Erstens, Herr Meindorff, bin ich nach wie vor Niederländerin und zweitens befindet sich meine Schwester seit drei Tagen in Berlin. Ich war wegen einer Erkrankung gezwungen, länger zu bleiben, doch meine Rückkehr ist für den vierten August geplant.«
    »Bis dahin könnte zwischen Deutschland und Frankreich Krieg herrschen. Was glauben Sie, wie es dann an den Grenzen zugeht? Und soweit ich mich erinnere, haben Sie seit dem Tod von Erik van Campen keinerlei Besitztümer mehr in den Niederlanden.«
    Bei dem grimmigen Tonfall, mit dem Philippe den Namen ihres Vaters aussprach, zuckte Demy zusammen. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf sah sie zu ihm auf. Seine Gesichtszüge spiegelten die Härte wider, mit der er den Satz ausgestoßen hatte. Ihre Irritation darüber zeigte sie durch neuerliche Falten auf ihrer Nase. Philippe kannte ihren Vater doch gar nicht. Oder etwa doch? Immerhin hatte sich Erik van Campen für einige Wochen in Deutsch-Südwestafrika aufgehalten, bevor er in die Niederlande zurückgekehrt und in der Gracht hinter ihrem Haus in Koudekerke ertrunken war. Waren Philippe und ihr Vater sich in Afrika begegnet? Hatten sie gar eine Auseinandersetzung ausgefochten?
    Demy wollte an einen solchen Zufall nicht glauben und erwiderte schnippisch: »Ich besitze trotzdem noch immer meinen niederländischen Pass.«
    Ihr Gesprächspartner wandte sich ab und ging über die sandfarbenen Steinplatten an die verschnörkelte schmiedeeiserne Brüstung, an der sich eine Glyzinie mit zartlila Blüten entlangrankte. Er legte die Hände fest um das Brüstungsgeländer und beugte den Oberkörper leicht nach vorn, als suche er etwas unterhalb der Terrasse.
    Demy betrachtete abwartend seinen breiten Rücken, doch als er längere Zeit reglos verharrte, entschied sie, zu Yvette, der Freundin ihrer älteren Schwester, zurückzukehren. Sie schrak zusammen, als er ihr mit flinken Schritten nacheilte und sie am Oberarm ergriff.
    »Wie alt sind Sie jetzt, Demy? Neunzehn, zwanzig?«
    Ihre Antwort bestand aus einem herausfordernden Blick. Bei ihrer Ankunft in Berlin war Philippe tatsächlich die einzige Person gewesen, die Tillas falsche Altersangabe für Demy zu Recht angezweifelt hatte. In den vergangenen Jahren war ihr Alter nie wieder thematisiert worden, was vermutlich daran lag, dass sie sich in das Leben und die Regeln der Familie Meindorff eingefügt hatte. Zumindest hielt sie den Anschein aufrecht, eine wohlerzogene Dame zu sein, denn die Freiheiten, die sie sich nahm, waren weitaus größer, als die Mitglieder der in Berlin anerkannten Industriellenfamilie ahnten.
    Auf ihr Schweigen hin lachte Philippe freudlos auf und ließ sie endlich los. »Sie schummeln demnach noch immer mit Ihrem Alter? Betrügereien liegen der Familie van Campen wohl im Blut.« Noch ehe Demy erbost einen Einwand anbringen konnte, fuhr Philippe fort: »Ich wundere mich in Anbetracht der falschen Altersangabe allerdings, dass Sie nicht längst gewinnbringend verheiratet wurden.«
    »Ich bin eine van Campen, keine Meindorff. Vergessen Sie das nicht! Eine Eheschließung ist weder für den Familienpatriarchen noch für dessen ältesten Sohn von Nutzen.«
    Philippe vollführte eine abweisende Handbewegung und deutete anschließend einladend in den überhitzten Saal, aus dem weiterhin aufgeregte Diskussionsfetzen zu ihnen drangen.
    »Sie sind noch nicht volljährig, waren aber damals – und sind es heute erst recht – intelligent genug, um selbst über Ihr Leben zu bestimmen. Ich rate Ihnen, reisen Sie unverzüglich nach Berlin

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