Sturz der Marionetten: SF-Thriller
ich könnte helfen ...«
»Aber dann ist alles außer Kontrolle geraten, richtig?«
Sie zitterte und krampfte, brachte aber ein verzweifeltes Nicken zustande.
Sie war eine Kriminelle, ein Engel und ein Opfer, alles in einer Person, eine Kreatur, die versucht hatte, das Richtige zu tun, und durch diese Tat zwei Spezies in den Abgrund gestoßen hatte. Ich wollte ihr Vorwürfe machen wegen des Kummers, den wir ihr verdankten, doch ich konnte nicht, wollte sie hassen und konnte nicht. Sie war die bedauernswerteste aller Kreaturen - eine Kreuzfahrerin, die vom eigenen Gewissen in die Hölle geführt worden war.
Das war ihr schamerfülltes kleines Geheimnis gewesen. Sie wusste, dass sie etwas Furchtbares ausgelöst hatte, aber sie hatte schon ihren Adoptivvater verloren und mit ihm die Kultur, in der sie aufgewachsen war, und ihren Platz in der Gemeinschaft der Völker. Sie hatte es einfach nicht geschafft, die nötige Courage aufzubringen, um sich noch einmal ihren Richtern zu stellen und ihnen zu sagen, wohin ihre gut gemeinte Tat geführt hatte. Und so hatte sie der Zerstörung ihrer Freunde, der Thanes, zugesehen und sich immer weiter vorgelogen, es wäre immer noch Zeit, es gäbe immer noch einen geheimnisvollen Weg, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.
Ich ging nahe an ihr Ohr heran und flüsterte: »Ich kann Ihnen nicht vergeben, Ch'tpok. Das steht mir nicht zu. Aber ich kann Sie auch nicht aburteilen. Ich weiß, wie das ist, wenn man sich in einem Phänomen verfängt, das größer ist als man selbst. Darum biete ich Ihnen eine Chance, die Dinge zum Besseren zu wenden ... indem Sie uns sagen, wie wir hier herauskommen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Sie sind die ganze Zeit gekommen und gegangen. Sie müssen einen Weg kennen.« »J-ja.«
»Dann helfen Sie uns.«
Sie benötigte drei Versuche, was insgesamt mehr als eine Minute kostete, um eine Frage zu formulieren. »A-aber wie soll ich Sie hinausbringen, so wie ich bin?«
Ich murmelte ein Versprechen, das besagte, ich käme zurück, wenn ich könnte, und krabbelte im Eiltempo von dannen, weil ich sie nicht mit weiteren Vorträgen über ihre Fehler quälen wollte.
Wir ließen die Vlhani-Eier weit hinter uns und hielten inne, als eine Reihe voll ausgewachsener Vlhani unseren Weg auf irgendeiner uns unbekannten Mission kreuzte. Ihre Köpfe zogen hoch über dem Gitter vorbei, während ihre Peitschen sich durch die Löcher bohrten, um sich bei jedem Schritt auf den Boden zu pflanzen. Ich glaube nicht, dass ich so falsch lag, als ich in ihrer Art zu gehen eine gewisse Arroganz vermutete; der Eindruck, den diese Vlhani bei jeder Bewegung vermittelten, war anders als der, den ich von jenem Vlhani gehabt hatte, der mich kurz nach meiner Ankunft auf Vlhan hochgehoben hatte, um sich mit mir zu unterhalten. Aber sie drehten auch nicht durch wie die im Amphitheater. Diese hier verströmten etwas anderes, etwas Feindseliges, etwas, das besagte, sie würden unsere Auslöschung nicht bedauern. Wenn sie uns jetzt leben ließen, dann nur, weil wir ihrer Beachtung nicht wert waren - oder weil wir nur Bauelemente waren, reif für eine Veränderung, wie Ch'tpok sie durchgemacht hatte.
»Counselor«, sagte Fox.
Schön zu wissen, dass sogar sie Ungeduld empfinden konnte. Ich hätte sie beinahe schmoren lassen, weniger aus Bösartigkeit, sondern weil für Erklärungen kaum Zeit blieb. Doch sie musste erfahren, wie beschissen die Lage war. »Es war kein Geburtsfehler.«
»Was?«
Es gab keine Worte dafür, wie müde ich war, physisch wie emotional. Aber wenn sich mein Körper auch anfühlte, als würde er am liebsten komplett abschalten, so lief doch mein verwünschenswertes Gehirn wieder auf Hochtouren und lieferte klare Erkenntnisse, die ich gar nicht haben wollte. »Es ist das blöde Wort Ei. Wir denken dabei ständig an ein Baby oder ein Kind. Aber wir haben uns geirrt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Passen Sie auf: Das Einzige, was die Jungen aller Spezies gemeinsam haben, ist, dass sie kleiner sind, zumindest zu Beginn, als die Erwachsenen, die sie hervorgebracht haben. Nichts gebiert ein Baby, das größer ist als es selbst, richtig?«
»Ja.«
»Tja, ich weiß nicht, wie groß ein neugeborenes Vlhani-Ei ist, weil ich nie eines gesehen habe, aber extrapolieren wir doch mal von dem einen Meter großen Durchmesser eines typischen Erwachsenenkopfes ausgehend und nehmen wir a priori an, dass ein Kleinkind etwa so groß ist wie eine Faust.« Ich illustrierte
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