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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Ketzerproduktion bringen konnte.
    Leider hatte ich den Jungen vergessen.
 
    Ich weiß nicht, aus welcher Entfernung er gesprungen war, aber das war kein Sprung, den ein Mensch ohne Modifikationen hätte durchführen können. Er traf mich mit einer Kraft in der Leibesmitte, die mir die Luft aus der Lunge trieb. Keuchend stürzte ich auf den Metallboden, und wieder musste mein armer, misshandelter Schädel die Hauptlast des Aufpralls tragen. Helle Lichter vermischten sich mit tiefer Finsternis, als mein Hirn versuchte, sich zu entscheiden, ob es abschalten oder bei Bewusstsein bleiben sollte. Ich blinzelte, konnte aber dem verschwommenen Flickwerk aus Grün und Schwarz keinen Sinn abringen, da meine Augen sich weigerten, es zu einem verständlichen Bild zusammenzusetzen. Da war etwas, das aussah wie ein nackter Junge, ein Jugendlicher, mit schlaffen Zügen und Schlitzaugen, umgeben von etwas, das aussah wie ein Flickenteppich aus Schlangen.
    »Annnnnn-dreeeee-aaaa« , kicherte er.
    Im Großen und Ganzen sah er auch nicht schlimmer aus als einige der Pilger, die Hammersmith mir gezeigt hatte, soweit es die fehlenden Beine und den einen verbliebenen Arm betraf. Sein Torso schien zu gleichen Teilen aus bleichem, menschlichem Fleisch und implantiertem, künstlichem Chitin zu bestehen. Der einzige Arm, der rechte Arm, war dürr und knochig, der Ellbogen ein Knubbel, der ein Glied, das auf Streichholzstärke abgemagert war, in zwei Abschnitte teilte. Und das war auch das Glied, mit dem er wieder einmal nach meiner Brust grabschte, während sich in dem dümmlichen Gesicht etwas zeigte, was man als Lächeln hätte bezeichnen können. Die Peitschen, die aus seinen Rippen wuchsen, wedelten sinnlos durch die Luft, während die an seinen Hüften ihn näher herantrugen, damit er von oben auf mich herabblicken konnte. Eine Peitsche, so zart wie ein Stück Schnur, schlängelte sich zwischen seinen Beinstümpfen hervor und liebkoste seinen Penis, der sogleich größer wurde.
    Er hatte Dunkelheit und Verlassenheit und Juje weiß was noch erlitten, während seine Eltern ihre fremdgesteuerten Ziele verfolgt hatten, aber das Mitgefühl, das ich für das Kind hätte empfinden können, erstreckte sich nicht auf das unausgewogene Ding, zu dem er geworden war. Ich trat nach ihm. »Geh ... verdammt noch mal ... runter von mir!«
    Er legte den Kopf schief. Vielleicht war das gar kein Vergewaltigungsversuch. Vielleicht war es nur ein Ausdruck entfesselter Teenagerhormone in Diensten eines so oder so schon arg beschädigten Geistes, der möglicherweise gar nicht in der Lage war, etwas zu tun, das so viel Planung erforderte.
    Und vielleicht gehörte die Brutalität zu seiner neuen Zusammensetzung. Sein Gesicht verzerrte sich, als er - zahnlos, wie ich nun erkannte - zu grinsen versuchte und zugleich erneut nach mir griff. »Annn-dreee-aaa.«
    Die meisten Leute, die einen Feind angreifen, schreien vor Furcht oder Verzweiflung oder auch nur, um ihren Mut mit lautem Gebrüll zu stärken. Tara Fox gab nicht einen Laut von sich, nicht einmal ein Grunzen, als sie sich mit allem, was sie hatte, auf Cori stürzte.
    Offenbar sah er es nicht kommen. Seine Idiotenaugen weiteten sich in einem drolligen Ausdruck der Verwunderung.
    Und er rührte sich nicht. Seine Peitschenprothesen hatten schneller reagiert als menschliche Glieder und den größten Teil des wuchtigen Angriffs aufgefangen. Als ich endlich begriff, was los war, hatte er Fox bereits mitten im Sprung abgefangen und hielt sie über uns in der Luft, eine Peitsche um ihre Taille, eine andere um ihren Hals gewickelt. Sein Würgegriff schnitt ihr die Luft ab, und sie kämpfte gegen die Peitsche an ihrer Kehle. Ihre Fingernägel bearbeiteten die glatte, metallische Haut, ohne etwas greifen zu können.
    Nun wurden wir beide in gewissermaßen komplementärer Position festgehalten, eine unter dem veränderten Jungen auf den Boden genagelt, die andere hoch über ihm in der Luft. Was jedoch den Rang hinsichtlich der Dinge betraf, die ihn interessierten, so hätten wir kaum weiter voneinander entfernt sein können. Sie war nur irgendeine Störung, um die er sich kümmern musste, wollte er nicht weiter belästigt werden. Ich dagegen war diejenige, deren Namen er kannte, diejenige, deren Gegenwart ihn zu entzücken schien. Und so griff er wieder mit der verbliebenen menschlichen Hand nach mir, berührte meine Unterlippe mit der Spitze eines schmierigen Zeigefingers und sah wahrhaft fasziniert aus, als das

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