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Sturz der Tage in die Nacht

Sturz der Tage in die Nacht

Titel: Sturz der Tage in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Rávic Strubel
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schnappte mir zwei Bier und verschwand wieder nach draußen.
    Inez hatte den Journalisten über die Praktikantin mitteilen lassen, dass sie nicht für ihre Unterbringung sorgen würde. Sie hatten sich im Museum einquartiert, das geheizt war. Inez hatte ihnen auch mitgeteilt, dass sie ihnen weder Interviews noch eine Dreh-Genehmigung für die Insel geben würde. Für eine Beschwerde sollten sie sich an den Vereinsvorsitzenden wenden.
    Mich wies sie an, nach Hause zu fahren. Sie wollte mich
aus dem Schussfeld
haben, wie sie sagte. Sie benutzte jetzt, da wir zwei Parteien auf der Insel hatten, kriegerisches Vokabular. Es gab die Journalisten mit Feldberg als Hintermann, die das Museum besetzt hielten, und Inez und mich. Die Praktikantin war unser Bollwerk. Aber sie war schwach. Der baumlange Fotograf ließ sich von ihr nicht abwimmeln. Inez hatte sich mit mir in der Hütte verschanzt. Als sie sich auf die Suche nach der Praktikantin machte, setzte sie Kapuze und Sonnenbrille auf, was ich übertrieben fand. Ich machte einen Witz, aber sie reagierte nicht. Sie war angespannt. Sie wollte nicht, dass ich noch einmal rausging. Die schweren Holzläden rechts und links der Fenster, die nie geschlossen gewesen waren, hatte sie zugemacht. Sie bedrängte mich, abzureisen. Sie holte den Lammwollpullover, den ich in ihren Schrank gelegt hatte. Sie kramte in einer Kiste und legte mir wortlos einen Farbring in die Hand. Er trägt das Datum unserer Arbeit auf den Felsen. Dann rief sie im Fährbüro von Klintehamn an.
    Ich hätte ihr versichern können, dass ich sie nicht im Stich lassen würde. Dass uns niemand etwas anhaben konnte. Dass ich die Insel nur gemeinsam mit ihr verlassen würde. Ich hätte sagen können, dass unser Versteckspiel erbärmlich war, dass ich es lächerlich fand, sich von einem Häufchen Lokalreporter in die Enge treiben zu lassen, ich hätte sagen können, dass das nicht der letzte Eindruck sein durfte, den ich von hier mitnahm.
    »Ich muss meine Mutter anrufen«, sagte ich ins Halbdunkel hinein und öffnete ein Bier. »Ich meine Annegret. Ich muss sie anrufen. Ich muss ihr sagen, dass ich komme.«
    »Tu das«, sagte Inez. Ruhig legte sie den Pullover auf den Tisch. »Die nächste Fähre fährt übermorgen.« Sie sah mich an und lächelte, und jetzt denke ich, dass es nur dieser Eindruck von Erbärmlichkeit war, der in mir das Verlangen auslöste, weg zu sein. Ich wollte, dass die Fähre sofort käme. Ich wollte mich unbemerkt davonmachen können. Ich wünschte mir, nichts als eine schlichte Affäre gehabt zu haben, wenn es sein musste, mit einer Frau, die auf exotische sexuelle Phantasien stand, aber doch nur eine Affäre, ein erotisches Abenteuer, das die Abenteuer meiner Kumpel ausstechen würde.
    »Weißt du schon, was du ihr sagen wirst?«
    »Keine Ahnung. Ich hoffe, dass sie die ganze Scheiße nicht aus der Zeitung erfährt.«
    Inez sagte nichts.
    »Mit Scheiße meine ich die verdrehte Wahrheit der Zeitungstypen.«
    »Schick ihr eine Nachricht«, sagte sie. »Beruhige sie. Sag ihr, dass alles in Ordnung ist. Es ist alles in Ordnung, Erik.« Sie kam zu mir und nahm mein Gesicht in die Hände. »Verstehst du. Es ist alles gut. Du fährst und kümmerst dich um sie.«
    Ich fing an, eine sms zu formulieren. Dann legte ich das Handy weg.
    »Und was ist mit dir?«
    »Keine Sorge«, sagte Inez. »Ich habe hier noch was zu erledigen.«
    »Und dann?«
    »Dann werden wir sehen.«
    »Du kommst nach.«
    »Ja«, sagte sie, und ihr Lächeln blieb unverändert. »Ich komme nach.«
    Normalerweise wäre mir der Schweiß ausgebrochen. Das Zittern wäre gekommen. Aber ich zitterte nicht. Mir war sogar ein bisschen kühl.
    »Meine Panikattacken sind weg.«
    »Siehst du. Alles ist gut.«
    »Auch die Sache mit uns?«
    »Ja«, sagte Inez. »Auch diese Sache mit uns.«
     
    Feldberg hatte sich in der Fischerkate einquartiert, mit einer vom Koch geliehenen Filzdecke, wie ich von der Praktikantin wusste. Es war eisig dort. Er hatte auf dem Steinboden der Kate ein Feuer gemacht, um die Nacht zu überstehen. Die Journalisten schienen ihn für Tons Pressereferenten zu halten. Sie berieten sich mit ihm, legten aber keinen Wert auf seine Gesellschaft. Auch von Inez konnte er keine Hilfe erwarten. Sie wusste, dass er da war. Sie war ganz steif geworden, als sie es erfuhr. Aber sie erwähnte ihn nicht. Sie tat so, als ginge die Bedrängnis allein von den Journalisten aus.
    Und dennoch sah ich sie am nächsten Morgen mit Feldberg in die

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