Sturz der Titanen
stieg die steinernen Stufen hinauf.
Fitz schaute Williams an. Er wusste, dass er nahe daran war, etwas Dummes zu tun, konnte sich aber nicht beherrschen. »Was für ein schönes Mädchen Sie sind«, säuselte er.
»Danke, Mylord.«
Sie hatte dunkle Locken, die unter dem weißen Häubchen hervorlugten. Fitz berührte ihr Haar und wusste im selben Augenblick, dass er es bereuen würde. »Haben Sie je vom droit de seigneur gehört?« Fitz erschrak beinahe vor dem kehligen Beiklang in seiner Stimme.
»Ich bin Waliserin, keine Französin«, entgegnete die Kleine und hob keck das Kinn, wie Fitz voller Entzücken beobachtete.
Er schob die Hand von ihrem Haar an ihren zarten Hals und schaute ihr in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick mit kühnem Selbstbewusstsein. Aber was bedeutete ihre Miene? Dass er weitermachen sollte? Oder würde sie ihm gleich eine demütigende Abfuhr erteilen?
Fitz hörte schwere Schritte auf der Kellertreppe. Peel kam zurück! Rasch löste Fitz sich von dem Hausmädchen.
Sie überraschte ihn, indem sie kicherte: »Wie sehen Sie denn aus, Mylord? Wie ein Schuljunge!«
Peel erschien im schwachen Kerzenschein. Auf einem silbernen Tablett brachte er ein Vergrößerungsglas mit Elfenbeingriff.
Fitz versuchte, normal zu atmen. Er nahm das Glas und setzte seine Weinflaschenbegutachtung fort, wobei er darauf achtete, Williams’ Blick nicht zu begegnen.
Mein Gott, dachte er, was für ein außergewöhnliches kleines Ding!
Ethel, von Enthusiasmus getragen, hatte das Gefühl, die endlosen Gänge von Ty Gwyn entlangzuschweben. An jedem Tag füllte sie mehr Seiten in ihrem Notizbuch mit Einkaufslisten, Stundenplänen für das Personal, Zeitabläufen für das Abräumen und erneute Decken der Tische sowie mit Berechnungen: Stückzahlen von Kissenbezügen, Vasen, Servietten, Kerzen, Löffeln …
Es war ihre große Chance. Trotz ihrer Jugend fungierte Ethel nun als Haushälterin, und das während eines königlichen Besuchs! Mrs. Jevons schien sich so bald nicht vom Krankenbett erheben zu wollen; daher trug Ethel die ganze Verantwortung, Ty Gwyn auf die Ankunft des Königspaars vorzubereiten. Sie hatte immer gewusst, dass sie brillieren konnte, wenn man ihr die Möglichkeit gab; aber in der starren Hierarchie des Gesindes erhielt man kaum einmal Gelegenheiten zu zeigen, dass man besser war als die anderen. Nun hatte sich ihr eine solche Chance geboten, und Ethel war entschlossen, sie zu nutzen. Immerhin lag es im Rahmen des Möglichen, dass der kränklichen Mrs. Jevons nach dem Besuch des Königs eine weniger anstrengende Aufgabe übertragen wurde und Ethel ihre Nachfolge als Haushälterin antrat. Dann würde ihr Lohn sich verdoppeln, und sie bekäme auf dem Dienstbotengeschoss eine Schlafkammer ganz für sich allein und eine eigene Wohnstube.
Aber so weit war sie noch nicht. Offenbar stellte es den Earl zufrieden, wie sie ihre Arbeit tat, denn er hatte beschlossen, die Haushälterin aus London gar nicht erst kommen zu lassen, was Ethel als großes Kompliment betrachtete. Aber noch war Zeit für die eine kleine Unachtsamkeit, die tödliche Panne, die ihr alles verderben würde: der schmutzige Essteller, der überlaufende Abfluss, die tote Maus in der Badewanne. Und dann würde der Zorn des Earls auf sie herniederfahren.
An Morgen des Samstags, an dem die Majestäten eintreffen sollten, überprüfte Ethel noch einmal jedes Gästezimmer und vergewisserte sich, dass die Kaminfeuer brannten und die Kissen aufgeschüttelt waren. In jedem Zimmer stand wenigstens eine Vase mit Blumen, die am Morgen frisch aus dem Treibhaus gebracht worden waren. Auf jedem Schreibtisch lag Briefpapier, bedruckt mit dem Schriftzug von Ty Gwyn. Handtücher, Seife und Wasser zum Waschen standen bereit. Der alte Earl hatte moderne Wasseranschlüsse nicht gemocht, und Fitz war noch nicht dazu gekommen, jedes Zimmer mit den Rohrleitungen verbinden zu lassen. Im ganzen Haus mit seinen hundert Schlafzimmern gab es nur drei Wasserklosetts; daher standen in den meisten Zimmern Nachttöpfe. Um den Geruch zu überdecken, waren Dufttöpfe aufgestellt worden, von Mrs. Jevons nach eigenem Rezept befüllt.
Das Königspaar sollte zum Tee eintreffen. Der Earl würde die Majestäten am Bahnhof von Aberowen empfangen. Zweifellos würde sich dort eine Menschenmenge einfinden, in der Hoffnung, einen Blick auf die hohen Herrschaften zu erhaschen, doch König und Königin würden sich am Bahnhof noch nicht ihren Untertanen zeigen: Fitz würde sie
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