Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
lederverzierten Schreibtisch und machte sich daran, eine Liste aufzustellen.
    Es dauerte nicht lange, und Peel, der Butler, kam mit einem Hausmädchen herein. Peel war der jüngste Sohn eines Bauern; sein frisches, sommersprossiges Gesicht und sein grau meliertes Haar erweckten den Eindruck, als würde er sich oft im Freien aufhalten, doch er hatte sein gesamtes Arbeitsleben als Diener auf Ty Gwyn verbracht. »Mrs. Jevons tut es nicht gut gehen, Mylord«, sagte er. Fitz hatte seine Versuche, den Dialekt der walisischen Dienerschaft zu verbessern, schon lange aufgegeben. »Der Magen«, fügte Peel kummervoll hinzu.
    »Ersparen Sie mir die Einzelheiten.« Fitz musterte das Hausmädchen, ein hübsches junges Ding um die zwanzig. Ihr Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor. »Wer ist das?«
    Das Mädchen antwortete selbst. »Ethel Williams, Mylord. Ich bin Mrs. Jevons’ rechte Hand.« Sie sprach mit dem singenden Tonfall der südwalisischen Talbewohner.
    »Offen gestanden, Williams, sehen Sie mir zu jung für die Arbeit einer Haushälterin aus.«
    »Wenn Ihre Lordschaft gestatten … Mrs. Jevons sagte, Sie würden wahrscheinlich die Haushälterin aus Mayfair herholen, aber sie hofft, dass ich in der Zwischenzeit ein Ersatz bin, der Sie befriedigen kann.«
    War da ein Funkeln in ihren Augen gewesen, als sie das Wort »befriedigen« benutzt hatte? Obwohl sie angemessen ehrerbietig klang, hatte sie etwas Freches an sich. »Also gut«, sagte Fitz.
    Williams hielt ein dickes Notizbuch in der einen Hand, zwei Bleistifte in der anderen. »Ich war bei Mrs. Jevons in ihrem Zimmer. Sie fühlte sich so gut, dass sie alles mit mir durchgehen konnte.«
    »Warum haben Sie zwei Bleistifte dabei?«
    »Falls mir einer abbricht«, sagte sie und schmunzelte.
    Hausmädchen hatten den Earl nicht anzugrinsen, doch Fitz konnte nicht anders: Er erwiderte das Lächeln. »Schön«, sagte er. »Dann erzählen Sie mir mal, was Sie in Ihr Buch geschrieben haben.«
    »Drei Dinge«, sagte sie. »Gäste, Personal und Vorräte.«
    »Ausgezeichnet.«
    »Dem Brief Ihrer Lordschaft zufolge sollen es zwanzig Gäste sein. Die meisten tun einen oder zwei Diener mitbringen, rechnen wir zwei, also müssen vierzig weitere Dienstboten untergebracht werden. Alle treffen am Samstag ein und reisen am Montag ab.«
    »Richtig.« Fitz empfand eine Mischung aus Freude und Beklemmung. Es war ein ähnliches Gefühl wie damals, ehe er seine erste Rede im Oberhaus gehalten hatte: Er freute sich darauf; gleichzeitig sorgte er sich, ob er seine Sache gut machte.
    Williams fuhr fort: »Ihre Majestäten werden natürlich im Ägyptischen Appartement wohnen.«
    Fitz nickte. Das Appartement war die größte Zimmerflucht des Hauses; die Tapeten dort zeigten Schmuckmotive aus ägyptischen Tempeln.
    »Mrs. Jevons hat vorgeschlagen, welche anderen Zimmer genutzt werden sollten. Ich habe es hier aufgeschrieben.«
    »Zeigen Sie her«, sagte Fitz.
    Williams kam um den Schreibtisch herum und legte ihr Buch offen vor ihn. Hausdiener waren verpflichtet, einmal die Woche zu baden, deshalb roch sie nicht so schlecht, wie es bei Angehörigen der Unterschicht häufig der Fall war. Tatsächlich roch ihr warmer Leib sogar nach Blumen. Vielleicht hatte sie ein Stück von Beas parfümierter Seife stibitzt.
    Fitz las ihre Liste. »Fein«, sagte er. »Die Fürstin kann die Gäste dann den Räumen zuweisen. Vielleicht hat sie ihre eigenen Vorstellungen.«
    Williams drehte die Seite um. »Hier ist eine Liste fürs nötige Zusatzpersonal: sechs Mädchen für die Küche, zum Gemüseschälen und Abwaschen, zwei Männer mit sauberen Händen, um bei Tisch zu bedienen, dann noch mal drei Zimmermädchen und drei Jungen zum Stiefelputzen und Kerzenanzünden.«
    »Wissen Sie, woher wir die Leute bekommen?«
    »Aber ja, Mylord, ich habe eine Liste von Ortsansässigen, die hier schon gearbeitet haben. Wenn das nicht reicht, werde ich sie bitten, andere zu empfehlen.«
    »Aber keine Sozialisten«, sagte Fitz besorgt. »Die könnten versuchen, mit dem König über die Übel des Kapitalismus zu reden.« Bei Walisern konnte man nie wissen.
    »Jawohl, Mylord.«
    »Was ist mit den Vorräten?«
    Williams schlug die Seite um. »Hier steht, was gebraucht wird, wenn man frühere Feste hier im Haus zugrunde legen tut.«
    Fitz sah auf die Liste: einhundert Laibe Brot, zwanzig Dutzend Eier, fünfzig Liter Sahne, einhundert Pfund Speck, sieben Zentner Kartoffeln … Fitz las nicht weiter, denn es wurde ihm langweilig.

Weitere Kostenlose Bücher