Sturz in die Vergangenheit
tomm.'
Verdammt, wie schaffte er es, auf der laut klappernden Schreibmaschine zu schreiben, ohne dass er das mitbekam? War er etwa so müde, dass er halb im Traum schrieb? Er nahm einen großen Schluck Kaffee und wechselte das Papier aus.
Nur Minuten später standen die gleichen Worte wie zuvor darauf. 'Papa, tomm.'
Mit einem entnervten Aufschrei riss Matthias das Blatt aus der Maschine, knüllte es zusammen und warf es grob in Richtung Holzkorb. Dass es prompt daneben fiel, machte ihn urplötzlich rasend.
„VERDAMMT“, musste alles schiefgehen? Konnte nicht wenigstens irgendwas klappen und ein lächerliches Papierknäuel dort landen, wo es sollte?
Die vermaledeite Schreibmaschine zu packen und sie mit Schwung zu ihren zerknüllten Blättern zu befördern, war ihm in diesem Moment eine tiefe Befriedigung. Der hatte er es gegeben!
Entschlossen schob er sich aus der Bank, ging zum Spülbecken und öffnete den Kasten darunter. Bier, das konnte er jetzt brauchen. Zur Beruhigung.
Mit dem Sinken des Bierpegels in der Dose sank auch seine Wut. Die Schreibmaschine. War sie nun kaputt?
Er beeilte sich, sie wieder auf den Tisch zu stellen. Nichts war abgebrochen, die Abdeckung lediglich ein wenig verbeult. Probehalber drehte er an der Walze, drückte ein paar Tasten. Klappte. Diese alten mechanischen Teile waren wirklich unverwüstlich.
Aber für jetzt hatte er erst mal die Lust verloren, sich weiter damit zu quälen. Deswegen packte er die Schreibmaschine in ihren Koffer und schob den ins Regal zurück. Keine geheimnisvollen Worte mehr!
Noch während er in Erwägung zog, sich wieder ins Bett zu legen, kam ihm eine andere Idee. Er würde tun, was er bisher vermieden hatte, woran er nicht einmal hatte denken wollen. Jetzt sofort würde er zur Höhle gehen, an den Ort zurückkehren, wo alles geschehen war, und damit erfüllen, was Elias so eindringlich verlangte. Danach ... hätte er Ruhe. Sicher.
Energisch stand er auf und sah um sich. Was sollte er mitnehmen? Er würde so lange dort bleiben, bis es ihm besser ging. Das konnte schon eine Weile dauern.
Also Proviant. Die Packung Schokoriegel, zwei Äpfel. Ein Messer, Streichhölzer, Taschenlampe, Seil und ein Erste-Hilfe-Etui stopfte er in seinen Rucksack. Kurz entschlossen packte er eine Flasche Mineralwasser dazu, seine Jacke darüber und legte noch einen Bund Bananen obendrauf. Dann verschloss er den Rucksack sorgfältig und stellte ihn am Boden ab. Schnell noch aufs Klo.
Dabei fiel ihm ein, dass sein hier völlig nutzloses Handy irgendwo ganz unten im Rucksack vergraben sein musste. Und der Fotoapparat samt Ersatzbatterien. Sollte er das mitschleppen? Ach, wozu sich die Mühe machen alles wieder auszupacken? Es war schließlich nicht weit und der Rucksack nicht allzu schwer.
Zum Abschluss fuhr seine Hand zur Hosentasche und klopfte prüfend darauf. Wie so oft. Um sich ebenso oft beruhigt wieder zu senken. Alles war in bester Ordnung. Also ab in die Turnschuhe – und los.
Er schwang den Rucksack auf den Rücken, zog die Türe auf und trat hinaus. In seinem Bauch krampfte sich augenblicklich etwas zusammen. Jetzt ging es also ...
Nein, daran würde er jetzt nicht denken! Hastig sperrte er ab und schob den Schlüssel unter die Dachrinne in die kleine Mulde im Holz. Wie immer, wenn er die Hütte nur kurzfristig verließ. Alles war schließlich wie immer.
Ehe er in den Wald eintauchte, drehte er sich noch einmal um. Es musste gegen acht Uhr sein, die Sonne schob sich gerade über den Rist der Gartnerwand. Erste goldene Strahlen fielen über den Hang nach unten und tauchten die Hütte in ihr warmes Licht. Es war völlig windstill und bereits so warm, dass sich Matthias auf die Kühle des Waldes freute. Heute würde es wieder heiß werden.
Seine Stimmung sank deutlich, als er, diesmal von der anderen Seite, das Steinrutschfeld erreichte, das als solches gar nicht mehr zu erkennen war. Überall sprossen Gräser, Büsche und mitten darauf sah er sogar einige junge Kiefern, die sich auf dem unregelmäßigen Untergrund angesiedelt hatten. Ein junger, ganz natürlich gewachsener Wald war hier entstanden. Auch die Straucherle, die ihm damals wie eine Boje entgegengeleuchtet hatte, war von hier aus nicht mehr zu sehen. Er entdeckte sie erst, als er schon nah heran war. Beklommenheit wuchs in ihm und er wurde schneller.
Dann hatte er die Stelle erreicht, wo er damals vergeblich um Elias gekämpft hatte. Wo er ihn in seiner Verzweiflung Mund zu Mund beatmet, nach
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