Sturz in die Vergangenheit
Na, toll, das half ihr bestimmt!
„Ich weiß es doch nicht“, rief sie dann auch vorwurfsvoll aus.
„Was wirst du jetzt tun?“, nahm er die nächste Frage, die er zu fassen bekam. Und die war doch wirklich gar nicht schlecht.
„Auch das ist nicht so einfach.“ Diesmal klang sie schon kooperativer. „Irgendwo ganz neu anzufangen? Als alleinstehende Frau? Mit Kind? Wo sollte ich arbeiten? Wer passt auf Ilya auf?“
Matthias durchforstete sein spärliches Wissen über das Mittelalter. Ritter, Lehnswesen, Leibeigenschaft ... Der Ritter bekam Steuern, die einfachen Leute dafür Schutz. „Vielleicht könntest du auf die Burg?“, schlug er vor.
„Ausgeschlossen. Von dort musste ich verschwinden, weil der Graf der größte aller Dämonenjäger ist.“
„Oh.“
„Es gibt schon jemanden, der uns ... helfen könnte“, sagte Mila. Zögernd.
„Aber?“, hakte Matthias nach.
„Ich will keinen Umgang mit ihm“, war die knappe Antwort. „Und er ...“ Sie brach ab.
„Was?“
„Er hat ...“ Wieder zauderte sie einen Moment, doch dann brach es aus ihr heraus: „Er will mich erpressen, dass ich zu ihm zurückkomme. Indem er droht, mir Ilya wegzunehmen.“
Du liebe Güte, die hatte Probleme!
„Er war gerade heute bei mir, bevor ...“
„Heute?“, horchte Matthias auf. „Das kann doch kein Zufall sein. Dein Till wird ermordet, dir wird gedroht – am selben Tag. Das muss doch zusammenhängen.“
„Nein, Johann hat mit dem Mord nichts zu tun“, schüttelte Mila entschlossen den Kopf.
Matthias wunderte sich selbst darüber, wie sehr ihn ihr vorschneller Schluss aufbrachte. „Wer ist dieser Johann?“ Hast du was mit dem?, konnte er zum Glück noch hinunterschlucken.
„Das führt jetzt zu weit“, behauptete Mila prompt.
„Ich muss ohne seine Unterstützung von hier weg, darum geht es.“ In neuer Hilflosigkeit hob sie die Schultern.
„Ich helfe dir“, hörte Matthias sich leidenschaftlich beteuern. Hustete dann. „Irgendwann muss ich natürlich zurück, aber ...“ Er verstummte, als ihm bewusst wurde, was er gerade im Begriff war zu sagen. Lag es daran, dass sie aussah wie die Frau, die er nie aufgehört hatte zu lieben? Naja, es war seine Geschichte, die hier ablief – daher wahrscheinlich sogar logisch, dass er daran teilnehmen wollte. „Ich werde in nächster Zeit nicht zu Hause erwartet. Ich könnte also auf dich und Ilya aufpassen. Vorerst.“
Lidas Lächeln ließ ihm erst im darauffolgenden Moment wieder einfallen, dass es Mila war, die ihn anstrahlte. „Ein Glück für dich und ich danke dir für dein Angebot.“
„Dann könnten wir doch erst einmal in dein Haus zurück, oder nicht?“ Es war schon skurril – wie sich dieses eifrige Bedürfnis in ihm breitmachte, in das Haus einer wildfremden Frau einzuziehen. Deren Lächeln er liebte. Deren sanfte Augen. Deren Art, wie sie nun fast mitleidig den Kopf schüttelte, weil sie ihm ungern widersprechen mochte.
„Ich habe Angst. Nein, ich will weg. Zu meiner Tante, über den Berg. Sie wohnt ganz allein im Wald. Dort sind wir zwar auch nur begrenzt sicher, aber zumindest kann ich da in Ruhe überlegen, wie es weitergehen soll.“
Der Mittelalterschreck
M ila wirbelte durch die Hütte, raffte die notwendigen Sachen zusammen und warf sie in die Mitte des auf dem Tisch ausgebreiteten Tuches. Was brauchte sie noch? Die Hühner mussten freigelassen werden, und für die Ziegen ...
Oh nein. Ihr Herz machte einen Satz. Reiter!
Mindestens drei waren es, die den Weg vom Dorf heraufkamen. Und sie hielten auf die Hütte zu, kein Zweifel. Verdammt. Kam Johann, um Ilya zu rauben? Oder gar Schlimmeres?
Sie wirbelte herum. Sollte sie hinten durchs Fenster? Den Berg hinauf?
Johann würde ihr per Pferd nachjagen.
Aber hierbleiben und ihn mit dem Küchenmesser empfangen? Er würde sie auslachen. Genauso wie für die Kamera, mit der Mattis am Zaunpfosten postiert war. Was sie dem verschwiegen hatte.
Sie sprang zur Tür. „Mattis?“
„Mattich?“, echote Ilya.
„Ruhig, Ilya, ganz ruhig, bitte“, kauerte sie sich neben ihn und legte ihm ihre Hand über den Mund.
Die Pferde waren langsamer geworden, hielten schließlich an.
„Nichts sagen, Ilya-Schatz, hörst du?“, raunte sie.
„Tritt beiseite, Fremder.“ Das war Simon, einer von Johanns Männern. Wenn er selbst dabei gewesen wäre, hätte er gesprochen. Das war gut, denn im Gegensatz zu ihm waren seine Gesandten sehr wohl empfänglich für ihre Waffe aus der
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