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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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von den Toten aufwachte, waren Finger, die in seinem Mund herumwühlten.
    »Wo ist sie? Verdammt ... wo ist sie?« Ein fremder Mann hatte Jeans Mund geöffnet und grub wild mit seinen Fingern darin herum, als würde er nach Gold graben.
    Jean wollte etwas sagen, bekam jedoch nur gurgelnde Geräusche heraus. Als der Mann merkte, dass er aufwachte, wühlte er noch schneller und hastiger. »Komm schon ...«
    Jean griff nach der Hand und es begann ein kurzer, aber wilder Kampf, wo der eine versuchte, die fremde Hand aus seinem Mund, und der andere, sie noch tiefer in dessen Rachen zu bekommen.
    Jean stieß den Mann weg und fuhr hoch. Dabei verschluckte er versehentlich etwas: etwas Kleines, Metallisches. Es blieb in seinem Hals stecken und ging weder hoch noch runter. Jean würgte mehrmals, bis das Ding endlich seinen Weg nach unten fand. Schnaufend klopfte er sich gegen die Brust und sah den Mann an, der sofort abzog.
    »Ja, verschwinde besser!«, schrie er ihm hinterher.
    Jean glitt sich durch die Haare und sah sich um.
    Er befand sich mit unzähligen Anderen an einem nächtlichen Strand aus aschfahlem Sand. Der wolkenlose Himmel schien näher als gewöhnlich, dadurch wirkten die Sterne größer, wie auch der Mond selbst, der einen Großteil des Himmels in Anspruch nahm.
    Sah man zu ihm hinauf, war er eben noch rund, eingehüllt in einem silbrigen Nebel, und im nächsten Augenblick nur noch eine weiße Sichel. Es hatte den Anschein, dass er sich ständig veränderte: Er nahm ab, nahm zu, wurde voll oder verschwand völlig. Weil er so nah war, erhellte er den gesamten Strand, die erhöhten Klippen am Rand und den dichten Nebel, der über dem Meer schwebte. In diesem Nebel schwangen gelbe Lichtkugeln hin und her und näherten sich dem Strand.
    Jean sah an sich herab. Er trug einen teuren Anzug und alle anderen waren ebenfalls in guter Kleidung. Er musste nicht lange überlegen, um zu wissen was geschehen war und wo er sich befand. Er war gestorben und stand nun am letzten Ufer. Die sich nähernden Lichter waren die Fährmänner, die sie abholen sollten.
    Hätte Jean noch weinen können wären ihm jetzt ein paar Freudetränen aus den Augen gequollen, denn endlich würde er alle wiedersehen: seine Eltern, seine Freunde und natürlich Olivia, seine geliebte Frau.
    Der Herr hatte sie vor sieben Jahren zu sich geholt und nun könnte er wieder bei ihr sein. Er hatte ihr so vieles zu sagen. Ach, das konnte warten. Zuerst wollte Jean ihr einfach in die Augen sehen, sie in die Arme nehmen und halten, egal wie lang. Sie hatten den Rest der Ewigkeit Zeit.
    Er vermisste alles an ihr, selbst die Streitereien, die sie in der Vergangenheit gehabt hatten.
    Die Boote kamen näher. Jean konnte sie immer besser erkennen. Ungeduldig wippte er von einem Bein auf das andere. Sie brauchten sehr lange und er fragte sich, wie das Ganze wohl ablaufen würde. Er wusste nur, dass man dem Verstorbenen eine Münze unter die Zunge legte, damit er die Fahrt bezahlen konnte. Nur wie ging es dann weiter? Suchte sich der Fährmann einen Verstorbenen aus? Gingen mehrere Seelen auf ein Boot oder nur eine? Stellte man sich in eine Reihe oder hieß es: Wer zuerst kommt, malt zuerst?
    Bloß nicht , dachte Jean. Wenn die für die Rückfahrt genauso lange brauchten wie für die Hinfahrt, könnte das eine Ewigkeit dauern.
    Er konnte aber nicht mehr warten. Es musste sofort sein!
    Jean bewegte die Zunge ein wenig hin und her. Sicher hatten seine Kinder ihm die Münze beigegeben, damit er ... doch er fühlte nichts in seinem Mund. Nichts war unter seiner Zunge. Wie vom Blitz getroffen fuhr seine Hand in den Rachen. Er streckte die Zunge so weit hinaus wie er nur konnte und seine Finger tasteten alles ab. Nichts: kein Obolus, keine einzige Münze!
    Der Typ musste sie ihm gestohlen haben. Er hatte ihm nicht nur die Münze, sondern auch die Überfahrt und die Wiedervereinigung mit seiner Frau, seiner Familie genommen. Einfach gestohlen! An sich gerissen, was ihm nicht gehörte, was ihm überhaupt nicht zustand.
    Wo war der Typ?
    Hektisch sah sich Jean um. Er drehte sich um die eigene Achse, sprang mehrmals in die Luft, bis er den Mann endlich hinter einer Menschengruppe erblickte. Der suchte weiterhin den Strand nach Verstorbenen ab, die im Sand lagen und noch nicht erwacht waren. Soeben hatte er bei einer Frau den Mund geöffnet und sah hinein.
    »Hey!«, schrie Jean und lief auf ihn zu. Der Fremde blickte auf. Und als er Jean auf sich zukommen sah, rannte er sofort

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