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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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bisschen.«
    Bei der Antwort musste Maurice lachen und begann zu husten. Er prustete gelblichen Staub aus seinen Lungen und hielt sich die knorrige, mit Flecken überzogene Hand vor den Mund. Die abgebrochenen Nägel seiner Finger waren so dreckig, dass sie fast durchgehend schwarz erschienen, ganz im Kontrast zu seiner aschfahlen Hautfarbe.
    »Ich erinnere mich noch an meinen ersten Arbeitstag. Hätte beinahe das Boot umgekippt.«
    »Hm.«
    Eduardo sah zu den anderen Fähren hinüber. Ein schummriger Nebel, ähnlich wie Dämmerlicht, schwebte über dem Wasser. Nur anhand der Laternen, die am Bug der Boote befestigt waren, konnte er diese überhaupt ausmachen. Hunderte von Lichtkugeln glitten durch die Dunkelheit.
    »Sag mir ... was ist die Aufgabe eines Fährmanns?«
    Eduardo musste auf die Antwort warten, bis der nächste Hustenanfall von Maurice beendet war.
    »Er geleitet die Seelen über den Fluss. Führt sie zu ihrer ewigen Ruhe.«
    »Und wofür tut er das?«
    »Damit die Verstorbenen wieder mit ihren Liebsten, ihrer Familie und Freunden vereint werden.«
    Maurice schlug mit dem Ruder ins Wasser und ein kalter Schauer spritzte ins Boot hinein, welches zu schaukeln begann. Eduardo musste sich festhalten. Er drehte sich zu Maurice um. Seine Dienstkleidung, ein schmutziger, schwarzer Schifferkittel, flatterte um seinen dürren Leib. Die Tränensäcke unter seinen farblosen Augen hingen ihm fast bis zu den Mundwinkeln hinunter.
    »Falsch, falsch, falsch! Hier zählt nur Eines«, zischte er und begann in seinem Kittel zu kramen, bis er einen Beutel hervorholte. Er schüttete ihn über seine freie Hand aus und es regnete Münzen. Einige fing er auf, aber die meisten fielen ins Boot. »Du tust es nur hierfür. Nur für deinen Lohn.«
    Die Münzen klackerten aufs Holz und einige rollten umher. Sie waren nicht sehr groß und recht unförmig. Früher mochten sie vielleicht neu und glänzend gewesen sein, doch nun waren sie völlig verdreckt. Man konnte kaum das Abbild des Demetrius erkennen.
    »So sehr sie auch betteln, flehen und versprechen ... traue niemals einem Toten! Sie werden dir die unmöglichsten Geschichten erzählen, warum sie nicht zahlen können, und an dein Gewissen appellieren. Doch wenn sie erst am anderen Ufer angekommen sind, werden sie dich niemals bezahlen.«
    Maurice hob eine Münze auf und hielt sie dicht vor Eduardos Gesicht. »Will eine Seele in das Totenreich, muss sie zahlen. Und wenn sie nicht zahlen kann, bleibt sie am Ufer. Ganz einfach.«
    Er ließ die Münze wieder fallen. Eduardo wollte sie aufheben, um sie näher zu betrachten, aber Maurice schlug mit dem Paddel nach seiner Hand. Fast hätte er ihn getroffen, doch nur das Wasser schlug gegen seinen Arm. Rasch sammelte Maurice die Münze wieder ein.
    »Es sind deine Münzen. Verschenke oder verleihe sie nie. Ein Obolus für eine Seele. Nicht mehr und nicht weniger. So sind die Regeln«, sagte er und ließ jede einzelne Münze behutsam zurück in seinen Beutel fallen. Das Geräusch des klirrenden Metalls ließ ihn lächeln. Nachdem er fertig war, hielt er den Beutel in die Höhe. »Halt dich an die Regeln und bald hast du hundert von diesen hübschen Säckchen, alle bis zum Rand voll.«
    »Wenn du so viele hast, wieso bist du dann so gierig auf diese paar Münzen?«
    »Weil dies ... ein besonderer Beutel mit besonderen Münzen ist. Jede mit einer besonderen Geschichte.«
    »Ja? Erzähl mal ...«
    »Nein!«, erwiderte Maurice rasch und umfing wieder das Ruder.
    Mit jedem leichten Wellenschlag schaukelte das Boot sanft auf und ab. Eduardo beobachtete, wie die Laterne am Bug hin und her schaukelte. Sie fuhren noch eine Weile, bis sich langsam Umrisse des Ufers aus dem Nebel hervorhoben. Schon konnte man die ersten, wartenden Seelen sehen. Zu Hunderten standen sie im grauen Sand und warteten auf einen Fährmann der sie mitnahm.
    Je näher sie dem Ufer kamen, desto mulmiger wurde es Eduardo. Sein Magen fühlte sich an, als krabbelten Spinnen in ihm. Er hatte unzählige Geschichten von den Toten gehört, die alles taten, um mitfahren zu dürfen. Es hieß, dass einige sogar handgreiflich wurden und den Fährmann attackierten.
    »Du sagtest, wenn eine Seele nicht zahlen will, soll ich sie nicht mitnehmen. Was ist aber, wenn sie nicht zahlen kann ?«
    Maurice lachte aus den tiefsten Winkeln seiner Kehle. Er beugte sich leicht vornüber und kniff die Augen zusammen. » Nichts ist umsonst! Auch nicht der Tod!«
2
    Das Erste, was Jean fühlte, als er

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