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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eine oder andere Boot nie wieder gesehen worden sein.
    »Mein letzter Rat für heute ... nimm nicht den Erstbesten. Lass dir Zeit, such dir in Ruhe einen aus.«
    »Und wie kommst du zurück?«
    »Ein anderer wird mich mitnehmen.«
    Maurice sprang ins Wasser als sie das Ufer erreichten. Er nahm direkt das nächste Boot und sprang hinein, da kamen bereits die ersten Verstorbenen auf Eduardo zu gerannt.
    »Nimm mich mit!«
    »Nein mich!«
    »Ich warte schon seit zwei Generationen.«
    Sie alle versuchten, Eduardos Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie riefen durcheinander, sprangen in die Luft und winkten. Einige standen schon mit ihrer Münze in der Hand am Boot und wollten sie Eduardo zustecken. Hilfesuchend sah er zu Maurice hinüber, der nur grinsend zusah.
    Eduardo überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Er war jetzt der Fährmann und hatte das Sagen, er bestimmte, wer mitkam und wer nicht. Er schlug mit dem Ruder in das Boot. Die Verstorbenen verstummten sofort.
    »Schweigt! Ihr sprecht nur, wenn ich es euch erlaube!«
    Als er zu Maurice hinüberschielte, gab der ihm ein unauffälliges Zeichen, dass er es richtig machte. Ermutigt legte Eduardo eine äußerst dramatische Pause ein, neigte den Kopf und funkelte die Verstorbenen an. Auch wenn sein Mienenspiel äußerst ernst, bedrückend und sogar bedrohlich wirkte, war in seinem Inneren ein buntes Feuerwerk entfacht.
    Wen sollte er nehmen?
    Den großen Kerl mit dem Bart? Die hübsche Frau ganz hinten? Sie alle sahen ihn hoffnungsvoll an.
    Am liebsten hätte er jeden mitgenommen, doch das konnte er nicht. Während Eduardo überlegte, fiel ihm der alte, untersetzte Mann mit dem dünnen, weißen Haar auf. Er war der Einzige der nicht versucht hatte, auf sich aufmerksam zu machen. Ruhig, fast schon unscheinbar, stand er da und sah dem Gedränge lediglich zu. Alleine deswegen weckte er Eduardos Neugier.
    »Du! Komm her«, nickte er zu dem Mann hinüber.
    Ein Raunen ging durch die Menge.
    »Wie ist dein Name?«
    »Jean Wagner.«
    »Bist du bereit für den Übergang in das Totenreich?“«
    »Mehr als alles andere. Auf der anderen Seite wartet meine geliebte Frau Olivia auf mich.«
    Eduardo nickte, beugte sich vor und streckte seinen linken Arm aus. Er rieb den Daumen an Zeige- und Mittelfinger.
    Jean klatschte in die Hände. »Tja ... da gibt nur es ein kleines Problem.«
    »Und welches?«
    Einige Boote legten bereits ab und verschwanden im Nebel.
    »Ich kann zahlen, aber auch nicht, denn ich bin im ewigen Besitz meiner Münze.«
    »Du bist im ewigen ... was?«
    In Eduardo stieg wieder die Nervosität hoch und seine Hände fingen an zu zittern. Unzählige Gedanken schossen ihm durch den Kopf und plötzlich hörte er die Stimme von Maurice: So sehr sie auch betteln, flehen und versprechen ...
    »Ich bitte dich, du musst mich mitnehmen. Ich werde dich ganz bestimmt bezahlen!«
    ... traue niemals einem Toten ...
    »Ich habe die Münze, aber ich kann sie dir im Moment nicht geben ...«
    ... sie werden dir die unmöglichsten Geschichten erzählen ...
    »Jemand wollte mir die Münze stehlen und im Kampf habe ich sie leider verschluckt ...«
    ... wenn sie einmal am anderen Ufer angekommen sind, werden sie dich niemals bezahlen ...
    »Ich werde dich entlohnen sobald –«
    »Schweig!«, brüllte Eduardo und schlug mit dem Ruder nach Jean. Er wollte ihn nicht treffen, doch es hatte den nötigen Effekt. Der Verstorbene verstummte und stolperte nach hinten in den Sand. Jetzt mussten die anderen Verstorbenen einsehen, dass der Fährmann zwar ein Anfänger war, aber nicht leichtgläubig und dumm. Eduardo konnte diese Dreistigkeit nicht glauben. Gleich der Erste wollte ihn betrügen. Und auch noch mit einer völlig überzogenen und wenig glaubhaften Geschichte. Aber nicht mit ihm! Er deutete mit dem Finger auf den Toten. »Du kannst nicht zahlen? Dann kommst du auch nicht mit.«
    »Aber ...«
    »Kein aber! Verschwinde besser, sonst merke ich mir dein Gesicht und dann kannst du selbst mit hundert Münzen nicht mitfahren.«
    Zögernd stand der Alte auf und entfernte sich. Die anderen Verstorbenen kamen sofort wieder auf das Boot zu und boten sich an.
    Eduardo sah dem Mann nicht mehr nach. Wozu auch? Er war viel zu sehr damit beschäftigt, stolz auf sich zu sein.
4
    Jean sah dem Fährmann und seinem Passagier solange hinterher, bis selbst das Licht seiner Laterne im Nebel nicht mehr zu erkennen war. Alle Fähren mit ihren Lichtern verschwanden nach und nach, bis der Sand nur noch

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