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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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war zum Ufer zu laufen, damit Charon ihre Abwesenheit nicht doch noch bemerkte. Ihre Eltern ließ sie nur ungern zurück. Sie wollte ihnen mitteilen was mit der Münze geschehen war, aber das musste warten. Wenn sie nicht rechtzeitig zurückkehrte, wäre der Obolus hinfällig, da sie vom Fährmann in den Styx getrieben werden würde.
    So schnell ihre Füße sie trugen, rannte sie zum Ufer. Der Styx tobte bereits und Charon erschien am Horizont. Rasch sprang Helena hinter einen Baum. Sie hoffte, dass es so aussah, als würde sie sich vor dem kommenden Tumult in Sicherheit bringen wollen.
    Ihr Plan ging auf. Am Flussufer kam es zum üblichen Handgemenge und abermals stürzten neue und verdammte Seelen in den Styx. Und wie zuvor ergatterten verlorene Seelen einen Platz auf dem Schiff.
    Helena begann sich dafür zu hassen, dass sie unfähig war, genauso herzlos und egoistisch zu sein, wie die anderen Verdammten. Andererseits hatte sie zu kämpfen gelernt, auch wenn sie ihren letzten großen Kampf, gegen die Leukämie, verloren hatte. Oft ging es ihr monatelang gut, doch dann kamen Rückfälle und immer fand sie sich im Krankenhaus wieder. Sie bemerkte, dass ihre Eltern immer trauriger wurden, ihr bald von Hades, Styx und Charon erzählten. Niemand sprach direkt vom Tod, aber Helena spürte, dass es darauf hinauslief. Ihre Eltern verloren allmählich die Hoffnung, was auch unweigerlich Helenas Hoffnung zerstörte. Einzig und allein die Aussicht, im Hades ewige Ruhe zu finden, half ihr über die schwere Zeit.
    Nun war sie tot und doch nicht frei, Gefangene einer Zwischenwelt; verdammt, in dieser tristen Einöde zu verrotten, bis ihre Hoffnungslosigkeit sie von selbst in den Styx trieb. Aber nach den Geschehnissen am Grabstein wusste Helena, dass sie weiterkämpfen würde. Sie mochte gegen die Krankheit verloren haben, aber gegen die Verdammnis würde sie nicht verlieren.
    Nachdem Charon abgelegt hatte und in kürzester Zeit am Horizont verschwunden war, rannte sie zurück zu ihrem Grab. Doch die Eltern waren fort. Nur die Flamme der Kerze tanzte sanft im Wind.
*
    Eine gefühlte Ewigkeit harrte Helena am Grabstein aus. Nach und nach kamen neue Seelen an und der Friedhof ähnelte mehr einem Wallfahrtsort als einer Ruhestätte. Je mehr Tote sich versammelten, umso sicherer war Helena, nicht mehr viel Zeit zu haben, bis Charon das nächste Mal ankommen würde.
    Aber endlich kam ihre Mutter, jedoch ohne den Vater. Helena freute sich dennoch sehr. Sofort versuchte sie Kontakt aufzunehmen und Kassandra bemerkte ihre Hinweise.
    »Helena, bist du das?«, flüsterte sie in die Totenstille des Friedhofs.
    »Ja Mama, ich bin hier«, wisperte Helena. Sie lehnte sich ganz nah ans Ohr ihrer Mutter und ein eisiger Schauer überkam Kassandra.
    »Weshalb bist du noch hier mein Kind. Wieso fährst du nicht mit Charon in den Hades?«, klagte Kassandra. Sie ahnte, dass Helena sie hören konnte.
    »Mama, ich kann nicht. Ich brauche einen neuen Obolus«, schluchzte Helena und sah sich verzweifelt um. Sie wusste, dass die Mutter zwar ihre Anwesenheit spüren, sie aber unmöglich hören konnte.
    Kassandra indes musterte das Grab. Sie hoffte auf ein Zeichen ihrer Tochter. Doch es blieb still.
    Wie ein aufgescheuchtes Huhn hetzte Helena um die Grabstelle. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihrer Mutter einen Hinweis zu geben, aber es fiel ihr nichts ein.
    »Mein Kind, bist du noch hier?«, murmelte Kassandra und entflammte erneut die Kerze.
    Helena kniete neben ihrer Mutter und weinte. So sehr sie sich über den Besuch freute, so traurig war sie, ihre Not nicht mitteilen zu können. Mit verheulten Augen lehnte sie sich vor und pustete die Kerze aus. Dabei stieß sie ans Glas und warf es um. Das Wachs sickerte träge über den Rand und färbte den grauen Stein rot. Da kam ihr eine Idee. Mit dem Finger zeichnete sie eine Münze in das härter werdende Wachs. Ihre Mutter starrte gebannt auf den roten Fleck, welcher nach und nach Kerben und Formen erhielt und nach kurzer Zeit erkannte sie, was ihre Tochter zeichnete.
    »Der Obolus? Helena, wir haben dir eine Münze mitgegeben«, rief Kassandra. Andere Trauernde, die über den Friedhof liefen, musterten die kniende Frau erstaunt, doch Kassandra achtete nicht auf sie.
    Helena fixierte den Wachsabdruck. Offenbar verstand ihre Mutter, was sie ihr zu sagen versuchte, aber woher sollte sie wissen, dass man ihr die Münze gestohlen hatte?
    Der Himmel am Horizont verdunkelte sich. Erschrocken

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