Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
natürlich. Nach wie vor verschlug es mir gelegentlich den Atem, wenn wir einander berührten.
Nein, das war dumm. Meine Faszination reichte nicht tief. Ich verehrte ihn wegen seiner Bücher, und unsere Freundschaft sollte mir nur über den Verlust Romans hinweghelfen. Wie sehr er auch für mich geschwärmt haben mochte, damit wäre es jetzt rasch vorbei. Er hatte keine weiteren Gefühlen gezeigt, die über eine bloße Freundschaft hinausgingen, und dass ich ihn auf Distanz gehalten hatte, musste wohl Eindruck gemacht haben. Abgesehen davon verschwand er nach wie vor zu rätselhaften Treffen, wahrscheinlich mit einem Mädchen, und er scheute sich, sie mir gegenüber zu erwähnen. Es wäre vermessen von mir, ihn in die Kategorie „Geliebter“ einzusortieren.
Dennoch … wüsste der Nephilim irgendetwas hiervon? Wer wusste, was dieser Bastard dachte? Wenn er Seth und mich bei unserem Kaffeeklatsch beobachtet hatte, könnte er alles Mögliche denken. Die Furcht packte mich, und ich wollte sofort hinaufrennen und nachsehen, wie es Seth ging. Aber nein. Das wäre überflüssig, im Moment jedenfalls. Er schrieb in aller Öffentlichkeit, umgeben von Menschen. Unter solchen Umständen würde ihn der Nephilim nicht überfallen.
Wer sonst dann? Vielleicht Warren? Dieser Voyeur-Nephilim hatte uns beim Sex beobachtet. Wenn das nicht als eine Art Beziehung zählte, dann wusste ich nicht, was sonst. Natürlich wäre dem Nephilim ebenfalls aufgefallen, dass Warren und ich fast nie auf irgendeine andere intime Weise miteinander verkehrten. Armer Warren. Sex mit mir hatte ihn bereits erschöpft; es wäre mehr als grausam, wenn er Ziel für den bizarr fehlgeleiteten Humor des Nephilim würde. Zum Glück hatte ich Warren heute bereits hereinkommen sehen. Er war in seinem Büro beschäftigt, aber das zählte vielleicht nach wie vor als sicher. Allein mochte er sein, aber jegliche Schreie bei einem Überfall durch den Nephilim würden sofort Aufmerksamkeit erregen.
Doug? Er und ich hatte stets heftig miteinander geflirtet. Gewiss konnte man seine sporadische Verfolgung meiner Person als etwas deuten, das über eine Freundschaft hinausging. Dennoch hatten er und ich in den letzten Wochen wenig miteinander gesprochen. Ich war zu sehr von den Überfällen des Nephilim abgelenkt gewesen. Davon und von Roman.
Ah, ja, Roman. Da war sie, die Möglichkeit, die mir stets im Hinterkopf geschwirrt hatte. Die Realität, die ich gemieden hatte, weil es bedeutete, Kontakt mit ihm aufzunehmen, ein Schweigen zu brechen, das aufrechtzuerhalten mir so schwer gefallen war. Ich wusste nicht, was zwischen uns gewesen war, außer einer wahnsinnigen Attraktivität und einem gelegentlichen Kampf um ein Treffen. Ich wusste nicht, ob das Liebe oder der Anfang von Liebe war oder was sonst. Aber ich wusste, dass er mir etwas bedeutete. Viel bedeutete. Ich vermisste ihn. Die Verbindung völlig abzubrechen, war die sicherste Methode gewesen, sich wieder zu erholen, über mein Verlangen hinwegzukommen und weiterzumachen. Ich fürchtete mich vor dem, was eine Wiederaufnahme des Kontakts anrichten würde.
Und dennoch … weil er mir etwas bedeutete, konnte ich nicht zulassen, dass dieser Nephilim Jagd auf ihn machte. Ich konnte Romans Leben bei dieser Sache nicht aufs Spiel setzen, wirklich nicht, weil er der wahrscheinlichste Kandidat war. Die halbe Buchhandlung betrachtete uns als Paar; warum nicht auch der Nephilim? Insbesondere im Lichte dessen, wie eng wir bei einer Anzahl Unternehmungen gewesen waren. Jeder spionierende Nephilim hätte völlig Recht, wenn er darin eine romantische Beziehung sähe.
Ich nahm mein Handy und wählte mit angehaltenem Atem. Keine Antwort.
»Scheiße!«, fluchte ich, während ich seiner Stimme von der Mailbox zuhörte. »Hallo Roman, ich bin’s. Ich weiß, ich wollte dich, äh, nicht mehr anrufen, aber da ist was passiert … und ich muss wirklich mit dir sprechen. So bald wie möglich. Es ist wirklich verrückt, aber es ist auch wirklich wichtig. Ruf mich bitte zurück!« Ich hinterließ sowohl meine Handynummer als auch die Nummer der Buchhandlung.
Ich schaltete ab, saß daraufhin da und überlegte. Was sollte ich jetzt tun? Aus einem Impuls heraus warf ich einen Blick auf die Telefonliste des Personals und wählte Dougs Nummer zu Hause. Er hatte heute frei.
Keine Antwort, wie bei Roman. Wo waren sie alle?
Ich konzentrierte mich wieder auf Roman und überlegte, wo er wäre. Am wahrscheinlichsten bei der Arbeit.
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