Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
antust.«
Er musterte mich eine lange Zeit, bevor er das Wort ergriff. »Letzte Nacht, als du mich gefragt hast, glaubte ich mich dazu außerstande. Ich habe geglaubt, ich könnte nicht davon lassen. Jetzt … nachdem ich mit dir zusammen bin … so zusammen bin. Es erscheint einfach geringfügig. Na ja, vielleicht ist „geringfügig“ nicht das richtige Wort. Ich meine, was sie uns angetan haben, war entsetzlich … aber vielleicht gewinnen sie tatsächlich, wenn ich sie weiter jage. Ich werde zu dem, was sie von mir behaupten. Ich lasse mir die Parameter meines Lebens von ihnen diktieren. Ich gehe konform mit der Nonkonformität, und mir entgeht, was wirklich wichtig ist. Wie lieben und geliebt werden.«
»W-was sagst du da?«
Er nahm mein Kinn in die Hand. »Ich sage, ich tu’s, Liebes. Die Vergangenheit wird meine Gegenwart nicht beherrschen. Für dich gehe ich weg. Du und ich. Wir gehen heute und lassen alles zurück. Suchen uns irgendwo ein Heim und fangen ein gemeinsames Leben an. Wir können nach Vegas gehen.«
Ich erstarrte in seinen Armen. Meine Augen wurden groß. Oh, mein Gott!
An der Tür klopfte es, und ich wäre fast bis an die Decke gesprungen. Nur etwa vierzig Minuten waren verstrichen. Nein, nein, dachte ich. Das war zu schnell. Insbesondere im Lichte dieser jähen Wendung. Hugh hätte nicht so schnell handeln können. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.
Roman hob eine Braue, eher neugierig als sonst etwas. »Erwartest du jemanden?«
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, das Rasen meines Herzens zu verbergen. »Doug hat stets gedroht, mich holen zu kommen«, witzelte ich. »Hoffentlich hat er sich nicht endlich dazu durchgerungen!«
Ich verließ das Bett, ging zu meinem Kleiderschrank und drängte jeden Nerv meines Körpers dazu, ungezwungen zu wirken. Ich streifte einen tiefroten Kimono über, fuhr mir verlegen mit der Hand durch mein zerzaustes Haar und ging hinaus ins Wohnzimmer, wobei ich versuchte, nicht zu hyperventilieren, sobald ich außer Romans Blickfeld war. Mein Gott, dachte ich, als ich auf die Tür zuging. Was werde ich tun? Was werde ich …
»Seth?«
Draußen stand der Schriftsteller, eine Schachtel mit Gebäck in der Hand, und sein Ausdruck war ebenso schockiert wie zweifelsohne der meine auch. Er musterte mich rasch mit dem Blick von oben bis unten, und ich merkte plötzlich, wie kurz mein Gewand war und wie viel die Seide enthüllte. Sein Blick ruckte zu meinem Gesicht hoch, und er schluckte.
»Hallo! Ich … das heißt …«
Einer meiner Nachbarn kam vorüber, blieb stehen und starrte mich in meinem Gewand an. »Kommen Sie rein«, drängte ich Seth mit einer Grimasse und schloss die Tür hinter ihm. Nachdem ich eine Horde Unsterblicher erwartet hatte, war ich verwirrter denn je.
»Tut mir leid«, brachte er schließlich heraus, während er sich alle Mühe gab, den Blick von meinem Körper fernzuhalten. »Hoffentlich habe ich Sie nicht geweckt …«
»Nein … nein … kein Problem …«
Natürlich wählte Roman genau diesen Augenblick, um durch den Flur von meinem Schlafzimmer zu gehen, bekleidet nur mit seinen Boxershorts. »Also, was … oh, hallo, wie geht’s? Seth, stimmt’s?«
»Genau«, erwiderte Seth ausdruckslos, sah von mir zu Roman und dann wieder zu mir. Im Anschluss an diesen Blick waren mir Nephilim, Unsterbliche oder Carters Rettung völlig gleichgültig. Ich konnte lediglich daran denken, wie die Sache in Seths Augen erscheinen musste. Armer Seth, der seit unserer ersten Begegnung nichts anderes getan hatte, als nett zu mir zu sein, der es dennoch fertiggebracht hatte, immer und immer wieder durch meine mangelnde Feinfühligkeit verletzt zu werden – ganz zu schweigen von einem unglückseligen Zusammentreffen von Umständen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte; ich fühlte mich so gedemütigt wie er anscheinend auch. Ich wollte nicht, dass er mich so zu sehen bekäme und alle meine Lügen und widersprüchlichen Signale ans Licht kämen.
»Ist das ein Frühstück?«, fragte der Nephilim fröhlich. Er war der Einzige von uns, der sich wohlfühlte.
»Hm?« Seth wirkte nach wie vor völlig benommen. »Oh, ja.« Er setzte die Schachtel auf meinen Beistelltisch. »Behalten Sie es. Es ist bloß Coffee Cake. Und ich … ich werde gehen … ich werde jetzt einfach gehen. Tut mir leid, Sie belästigt zu haben. Tut mir wirklich leid. Ich wusste, dass Sie heute frei hatten, und habe mir nur gedacht, wir könnten … ich weiß nicht. Sie haben
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