Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
an ihm. »Das war ein bisschen übertrieben.«
»Ein bisschen gelogen?«
»Nein. Ein bisschen übertrieben.«
»Das ist dasselbe.«
»Nein, ist es nicht.«
Ich ließ die Semantik beiseite. »Warum haben Sie es dann nicht zugegeben?«
Er schüttelte reumütig den Kopf. »Zum Teil, weil ich Sie einfach wiedersehen wollte. Und was den Rest betrifft … Ich weiß es nicht. Vermutlich lautet die Antwort kurz und bündig, dass Sie gesagt haben, Sie hätten etwas Schwieriges zu erledigen. Also wollte ich helfen.«
»Ich bin eine Jungfrau in Nöten?«, neckte ich ihn.
Er musterte mich ernsthaft. »Kaum. Aber Sie sind jemand, den ich gern besser kennen lernen möchte, und Sie sollen begreifen, dass ich mehr im Sinn habe, als Sie bloß ins Bett zu bekommen.«
»Mit anderen Worten, wenn ich Ihnen hier in diesem Gang Sex anbieten würde, würden Sie mir einen Korb geben?« Die flapsige Bemerkung war mir herausgerutscht, bevor ich sie hätte zurückhalten können. Es war ein Verteidigungsmechanismus, ein Witz, der verbergen sollte, wie sehr mich seine ernsthafte Erklärung durcheinandergebracht hatte. Die meisten Typen wollten mich bloß ins Bett kriegen. Ich war mir nicht ganz sicher, was ich mit einem anfangen sollte, bei dem das nicht so war.
Meine Schlagfertigkeit überspielte erfolgreich den nachdenklichen Augenblick. Roman wurde wieder sein altes zuversichtliches und charmantes Selbst, und ich bedauerte fast die Veränderung, die ich herbeigeführt hatte, und fragte mich, was darauf gefolgt wäre.
»Ich müsste Ihnen einen Korb geben. Wir haben jetzt bloß noch sechs Minuten. Sie würden uns an die Luft setzen, bevor wir fertig wären.« Er richtete seine Aufmerksamkeit mit frischem Eifer auf die Bohrer. »Und was meine so genannten handwerklichen Fähigkeiten angeht«, fügte er hinzu, »so lerne ich bemerkenswert rasch, also habe ich nicht so ganz übertrieben. Am Ende des Abends werde ich richtig glänzen.«
Stimmte nicht.
Nachdem wir irgendeinen Bohrer ausgewählt und damit heimgekehrt waren, machte sich Roman daran, die Teile des Regals anzuordnen und zusammenzufügen. Er setzte eines der Regalbretter an die Rückwand, legte die Schraube an und bohrte.
Der Bohrer ging schief hinein und verfehlte das Brett gänzlich.
»Verflixt und zugenäht!«, fluchte er.
Ich trat heran und schrie auf, als ich sah, dass die Schraube aus der Rückwand herausragte. Wir drehten sie heraus und starrten trübsinnig das verräterische Loch an, das sie hinterlassen hatte.
»Vielleicht sieht man es hinter den Büchern nicht«, schlug ich vor.
Er presste grimmig die Lippen aufeinander und setzte zu einem neuen Versuch an. Diesmal berührte die Schraube das Brett, stand jedoch immer noch in einem falschen Winkel. Wieder holte er sie heraus und hatte bei seinem dritten Versuch dann endlich Erfolg.
Unglücklicherweise wiederholte sich dieser Vorgang bei seinen weiteren Versuchen. Nachdem ich Loch auf Loch auftauchen sah, fragte ich schließlich, ob ich es versuchen könnte. Er wedelte defätistisch mit der Hand und reichte mir den Bohrer. Ich setzte eine Schraube ein, beugte mich vor und trieb sie beim ersten Versuch perfekt hinein.
»Mein Gott«, sagte er. »Ich bin völlig überflüssig. Ich bin die Jungfrau in Nöten.«
»Überhaupt nicht. Sie haben die Cornflakes mitgebracht.«
Ich brachte die Bretter an. Als Nächstes kamen die Seitenteile. Auf der Rückwand waren kleine Markierungen angebracht, damit sie gerade blieben. Ich versuchte, sie sauber an den Kanten auszurichten.
Es erwies sich als unmöglich, und bald wurde mir der Grund dafür klar. Trotz meiner perfekten Bohrlöcher waren sämtliche Regalbretter krumm und schief angebracht, einige zu weit nach links, andere zu weit nach rechts. Die Seitenteile ließen sich nicht genau auf die Kanten der Rückwand setzen.
Roman lehnte sich gegen mein Sofa und fuhr sich mit einer Hand über die Augen. »Ach je!«
Ich kaute eine Handvoll Lucky Charms und überlegte. »Nun gut. Richten wir sie so gut wie möglich aus.«
»Das Ding wird niemals Bücher halten.«
»Doch. Wir tun, was wir können.«
Wir versuchten es mit dem ersten Seitenteil, und obwohl es eine Weile benötigte und schrecklich aussah, erwies es sich als brauchbar. Wir gingen zum nächsten über.
»Ich muss wohl schließlich doch zugeben, dass ich dabei nicht so gut bin«, bemerkte er. »Aber Sie haben anscheinend ein Händchen dafür. Eine echte Handwerkerin.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Ich
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