Succubus on Top
gewesen waren. Er lag schwitzend in einer post-koitalen Pose auf den Laken. Ich stand neben dem Bett und zog mich an, während er zuschaute. «Heirate mich!»
Ich lachte laut heraus und schleuderte mein Haar – damals honigblond und lockig – über eine Schulter.
Er errötete vor Ärger. Er hatte dunkle Augen und dunkles Haar und zeigte beständig einen brütenden Ausdruck. «Ist das komisch?»
«Nur, weil du mich im einen Atemzug hasst und im anderen liebst.» Ich lächelte, während ich meine Unterwäsche schnürte. «Vermutlich gibt es viele solche Ehen.»
«Nicht alles ist ein Scherz», sagte er.
«Vielleicht nicht», stimmte ich zu. «Aber deine Worte kommen einem Scherz ziemlich nahe.»
«Gibst du mir einen Korb?»
Ich zog mir das Kleid über den Kopf. «Natürlich. Du hast keine Ahnung, wovon du da sprichst. Es ist lächerlich.»
«Du behandelst mich manchmal wie ein kleines Kind», verkündete er und richtete sich etwas gerader auf. «Du bist nicht so viel älter als ich. Du hast kein Recht, so schlau zu tun… insbesondere, wo du eine…»
Ich grinste ihn an. «Hure bist?» Er besaß den Anstand, verlegen zu wirken. «Und das, mein Liebling, ist das Problem. Wir wollen von dem Skandal schweigen, den du in deiner Familie hervorrufen würdest. Selbst wenn wir es fertigbrächten, ihn zu überstehen, würdest du nie darüber hinwegkommen. Du würdest den Rest unserer Ehe – die wahrscheinlich nur von kurzer Dauer wäre – damit verbringen, dir alle Männer vorzustellen, mit denen ich schon zusammen war. Du würdest dich fragen, ob einer von denen besser gewesen ist. Dich fragen, ob ich mit einem von ihnen etwas getan habe, was du für neu und noch nie da gewesen gehalten hast.»
Wütend erhob er sich und zog sich die Hose an. «Ich hätte dich für dankbar gehalten.»
«Geschmeichelt», sagte ich kalt. «Mehr nicht.»
Was nicht ganz stimmte. In Wahrheit mochte ich Etienne, trotz seiner jugendlichen Selbstsicherheit und Stimmungsumschwünge. Vielleicht war der Grund darin zu suchen, dass diese ganze Emotionalität und dieser ganze Stolz ihren Ursprung in einer künstlerischen Ader hatten. Er war Hobbymaler. Da war sie wieder, meine unselige Leidenschaft für kreative Männer! Zum Glück hatte ich zu dieser Zeit meines Lebens genügend Verstand gehabt, tiefere Beziehungen zu Menschen zu meiden.
«Ich wünschte, du könntest dir aussuchen, wen du liebst», sagte er bitter. «Weil ich dich nicht aussuchen würde, weißt du. Aber, da! Ich muss einfach unentwegt an dich denken. Ich habe das Gefühl, dass mich etwas zu dir hinzieht, dem ich mich nicht widersetzen kann.»
«Tut mir leid», sagte ich sanft, überrascht von dem leisen Schmerz in meinem Herzen. «Warte, bis du verheiratet bist! Deine Frau wird dafür sorgen, dass du mich vergisst.»
«Nein. Sie ist nicht mal mit dir zu vergleichen.»
«Schlicht?» Egoistisch von mir, vielleicht, aber ich hörte es häufig.
«Langweilig», erwiderte er.
Da hörte ich einen Schrei, einen Schrei des Entsetzens, bei dem mir das Blut in den Adern gefror. Ich vergaß Etienne völlig und stürzte aus dem kleinen dunklen Raum. Ich rannte den Flur hinab, bis ich auf eine Versammlung von Menschen stieß und die Ursache des Entsetzens entdeckte.
Es war Dominique. Sie lag breitbeinig auf einer schmalen Pritsche in ihrem Blut. «Mein Gott!», keuchte ich und kniete neben ihr nieder. «Was ist geschehen?»
Aber ich wusste es bereits. Ich benötigte die Erklärung der anderen Tänzerinnen nicht. Befangen, wie ich im Sturm meiner eigenen Gefühle war, hatte ich ihre Bitten um Hilfe vor einigen Wochen unbeachtet gelassen. Also hatte sie selbst nach einer Lösung gesucht, wie so viele Frauen der Unterklasse es oftmals taten. Zu ihrem Unglück gab es in jenen Tagen keine Maschinen oder eine sterile Umgebung. Eine Abtreibung war eine gefährliche Sache, die häufig tödlich endete.
«Oh Gott», wiederholte ich. Niemals war mir der Drang abhanden gekommen, mich an meinen Schöpfer zu wenden, trotz meiner theoretischen Verstoßung.
Ich umklammerte ihre Hand und wusste nicht, was ich tun sollte. Ein halb bekleideter Etienne erschien in der Menge. Verzweifelt sah ich zu ihm auf.
«Du musst einen Arzt holen. Bitte.»
Wie sehr ich seinen Stolz auch gerade durch meine Zurückweisung verletzt haben mochte, in jenem Moment konnte er mir meine Bitte nicht abschlagen. Er wollte losgehen, aber Bastien packte ihn am Arm. «Nein, es spielt keine Rolle mehr.» Zu mir sagte er:
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